3 Makabre KURZGESCHICHTEN. Daniela Christine Geissler

3 Makabre KURZGESCHICHTEN - Daniela Christine Geissler


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jedoch mit den Worten „Ich weiß nicht, ob ich dich wieder besuchen werde..... ich habe nur langsam genug davon.“

      Und wieder umfing Jeremy das Gefühl Claire von Neuem verloren zu haben. Er begriff, dass ihre Liebe für ihn gestorben war. Tot wie Claire, war nun auch Denise für ihn. Doch sie war immer noch am Leben. Durfte sie das? Durfte Denise immer noch am Leben sein, wenn Claire tot war, wenn die Liebe für ihn aus beiden gewichen war? Ein Strudel aus Verlustangst, vermengt mit Machtgefühlen, schüttelte ihn. Wenn sie schon für ihn verloren war, dann ganz. Er kannte ihren Weg nach Hause – sie musste ungefähr eine halbe Stunde mit dem Rad fahren, doch heute fuhr sie nicht mit dem Rad, sondern ging wegen der nassen Fahrbahn zu Fuß. Deshalb kam sie auch eine halbe Stunde später bei ihm an. Er hetzte ihr mit dem Auto nach.

      „Los, steig ein! Ich fahr dich heim!“

      Denise wehrte ab „Das geht nicht, meine Eltern glauben ich bin bei einer Freundin und dann würden sie ein Auto sehen.......“ Wieder forderte er sie auf „Du wirst sonst krank......los, steig endlich ein!“

      Widerwillig stieg sie ein. Er sah anders aus, stellte sie fest. Nach fünf Minuten sagte Denise „Das ist der falsche Weg, hier wohne ich ja gar nicht!“ Jeremy stammelte „Wir gehen noch in ein Café.“

      „Ich will nicht in ein Café......ich will nach Hause!“

      „Ich muss das hier richtig abschließen! Verstehst du das nicht? Es muss ein Ende haben mit uns.“ Denise wurde sanfter

      „Gut, wenn du meinst, aber reden hätten wir auch bei dir können.“

      Wieder tauchte das Bild von ihrem leblosen Körper vor ihm auf.

      Es war so einfach gewesen, so einfach. Sie hatte sich nicht gewehrt, war biegsam wie eine Puppe. Selbst als sie tot war, schien sie ihn noch anzusehen. Ein anderer – sie meinte, sie würde nun einen anderen Kerl lieben, erinnerte sich Jeremy schaudernd daran und wieder wurde er wütend, so wütend.

      „Keine Liebe dauert ewig, mein Schatz!“, gurrte Claire und graulte ihm das Kinn, als wäre er ein Trottel und genauso fühlte er sich auch heute. Hatte auch Claire ihn verlassen, auf die eine oder andere Weise - Denise wird es nicht tun. Das stand für ihn fest.

      Die Liebe gehört der Ewigkeit und ewig ist der Tod. Jener stille, zeitlose Ort des Vergessens und des Festhaltens.

      Er lenkte den Wagen in einen Waldweg. Sie war sanft und versuchte ihn zu trösten „Aber, du liebst doch diese Claire. Mir tut das weh, wenn du stets ihren Namen aussprichst!“

      Mit einem starren Blick betrachtete er sie „Ja, ich weiß, was wirklich weh tut und du wirst mir nie mehr weh tun, Claire, das sage ich dir!“

      Ein mulmiges Gefühl stieg in Denise hoch „Mein Name ist Denise, nicht Claire, ......D e n i s e !“, schrie sie ihn an. Doch Jeremy führte seinen irren Monolog weiter und weiter.

      Denise bekam wieder Mitleid mit ihm. Sein wirres dunkles Haar hing ihm in die Stirn, seine Hände verkrampften sich am Steuer.

      „Es ist wirklich besser, wenn du dich ein wenig ausruhst und außerdem hat der Regen nachgelassen. Ein wenig Waldluft tut uns sicher beiden gut.“, versuchte sie ihn zur Vernunft zu bringen und stieg aus dem Wagen.

      Hier war der Boden noch trocken. Durch den dichten Laubwald hatte sich der Regen noch nicht durchkämpfen können. Bernsteinfarben lagen die Laubblätter vor ihr, sie fand das märchenhaft schön und sog die Herbstluft tief in ihre Lungen. Sie fühlte sich befreit, befreit von der Fessel einen Menschen zu lieben, der doch nie zu ihr gehören würde, nie wirklich Anteil an ihrem Leben haben könnte, wie auch sie nie Teil seines Lebens werden konnte. Sie dachte an den nächsten Tag und an Ashley. Sie betrachtete den vom Regen tränenverhangenen Himmel, der sich über sie wölbte und genoss es, jung zu sein. Sie fühlte sich leicht und frei von jeder Schuld. Umso mehr spürte sie die Last dieses Mannes.

      Es war so einfach. Sie stand wie damals im Wald mit dem Rücken zu ihm und er brauchte sie nur von hinten zu nehmen. Die Angel seines Onkels hatte er immer noch im Wagen, zur Erinnerung. Claire durfte keinem anderen gehören, niemals. Sie hörte das leise Rascheln des Laubes, als er sich ihr näherte. Immerfort starrte sie in diese graue Masse des bleiernen Himmels, der sich über sie wölbte.

      Sie freute sich auf Ashley und nahm sich vor, ihn zu fragen, ob er mit ihr nächste Woche ins Kino geht. Genau das werde ich tun, dachte sie erfreut und spürte sogleich einen sanften Druck an ihrem Hals, als ob sich ein dünner Faden um ihre Kehle legt.

      Eine Angelschnur war besonders hart und sehr strapazierbar. Wie seidig ihr blondes Haar war, ihre schlanke kindliche Gestalt. Er berührte sanft ihre Schulter. Es würde nicht weh tun, nur ein kurzer Ruck, dachte er und schon zog er die Schnur fest um ihren Hals. Sie rang nach Luft. Der bleierne Himmel schien auf sie zu stürzen, sie zu erdrücken. Es gab kein Entrinnen vor diesem Dunkel, das sie eisern umklammert hielt und mit sich riss.

      Denise röchelte nach Luft und fiel wenig später leblos in die Arme ihres Mörders.

Alles Kulisse

      1. Kapitel

      

      Die feuchte Luft ließ die Umgebung diesig wirken. Die Schwüle am Morgen konnte die Hitze des Tages bereits erahnen lassen. Wie ein guter Schauspieler, jedoch auf einer mittelmäßigen Bühne, kam er sich vor, als er sein Spiegelbild betrachtete. Sein dichtes blondes Haar saß wie immer perfekt. Seine Kleidung, auch wenn schon völlig vom Schweiß durchtränkt, wirkte selbst jetzt noch korrekt. In seinem Leben schien äußerlich alles besonders ordentlich abzulaufen. Und gerade dies ließ ihn heute verzweifeln. Sein Dasein widerte ihn an und diesen Zustand wollte er doch stets vermeiden – den Zustand einer Lebenslüge, der ihn von Kindheit an begleitete. Heute wurde sein bester Freund zu Grabe getragen und er fragte sich, ob ihm die Rolle des Priesters schmecken würde. Einige unter den Trauernden warfen ihm hilfesuchende Blicke zu, gerade so, als ob er dazu ermächtigt wäre, dem Toten die Himmelspforte öffnen zu können. Das jugendliche Gesicht des Toten tauchte in seiner Fantasie vor ihm auf und es schien, als ob er ihm zuwinken würde. Apathisch stand Bridget neben ihren Schwiegereltern. Sie sah an Jonathan vorbei, als er auf dem Weg zur Kanzel an ihr vorüberschritt. Der Sarg stand rechts von Blumenkränzen umsäumt. Dahinter ein Foto - das lächelnde Gesicht von Alex.

      Einige persönliche Sätze unterbrachen die üblichen Floskeln der Beerdigungsrede. Die Rede schien für Alexanders Frau kein Ende zu nehmen. Es ist vorbei, endlich vorbei, dachte Bridget, als Jonathan den letzten Satz sprach. Die vier Träger nahmen den Sarg auf ihre Schulter und der Trauerzug marschierte aus der Kirche.

      Das Familiengrab der Plummer`s befand sich in der Mitte des Friedhofs. Ein schön gearbeiteter Engel aus Travertin kniete vor dem erdigen Loch, in das man den Sarg hinabließ. Die erstarrten Gesichter der Trauernden wirkten maskenhaft unecht zu diesem sonnig strahlenden Vormittag. Noch einmal sprach Jonathan ein paar Worte, bevor Alexanders Vater die erste Hand voll Erde auf den Sarg warf. Die Stille machte Jonathan ganz verrückt. Das passte nicht zu Alexander. Sein Freund war immer ausgelassen, heiter und von einer hinreißenden Lebendigkeit gewesen, die kaum zu überbieten war. Wo er war, schien die Sonne, wie eben jetzt, grotesker Weise. Als ob er dieses Wetter selbst bestellt hätte, zu seinem eigenen Vergnügen, dachte auch Bridget und betrachtete den blauen Himmel, der sich über diese Szene wölbte. Die Beerdigung war vorbei. Am Leichenschmaus nahm Jonathan nicht teil. Zu tief saß der Stachel und so verabschiedete er sich schnell von den Trauernden. Selbst zwei Tage danach versuchte Jonathan die Erinnerung zu verscheuchen, indem er das zweiflügelige, hohe Fenster öffnete, doch anstatt des erwünschten frischen Hauchs, kam dem Priester der Teergeruch des glühenden Asphalts entgegen. Die Vergangenheit nahm wieder Formen an.

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