Love's Direction. Isabella Kniest

Love's Direction - Isabella Kniest


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hängte seine schwarze Lederjacke – ein selbstgekauftes, verfrühtes Weihnachtsgeschenk, welches er während der European-Bike-Week erstanden hatte – auf die großzügig-klobige Garderobe und blickte kurz in den schmalen Wandspiegel daneben.

      Durch die erhöhte Luftfeuchtigkeit begann sich sein naturblondes Haar leicht zu wellen.

      Er musste sich eingestehen: Es gefiel ihm.

      Normalerweise war er mit sich selbst nicht sonderlich zufrieden. Irgendetwas störte ihn andauernd: ob es nun seine blasse Gesichtsfarbe, das für seinen Geschmack weicheimäßig anmutende Zartgrün seiner Augen, seine schmalen Hände proportional zu seiner großgewachsenen Statur oder sein verschissener, ewig flach anmutender Hintern war. Lediglich sein dichtes Haar tat meistens das, was er wollte, und hübschte ihn etwas auf.

      Wahrscheinlich bekomme ich deshalb durchwegs Kratzbürsten ab, dachte er und schritt durch die dunkelbraune Schwenktür. Mir fehlt es schlichtweg an stereotypischem Sex-Appeal.

      Wildbratenduft und charakteristischer Umgebungslärm verstärkten sich, und sein Hunger nahm kräftig an Fahrt auf.

      Alles kostenlos, erinnerte er sich. Das kann ein Festmahl werden!

      »Da bist du ja endlich!«, vernahm er die vorwurfsvolle Stimmlage seiner besten Freundin.

      Kaum eine Sekunde später trat Steffi in sein Blickfeld. Ein zartgrüner Bleistiftrock, ein flauschiger schneeweißer Wollpulli sowie farblich dazu abgestimmte Overknees zierten ihren kurvigen Körper.

      »Es ist schon zehn nach sieben. Hast du dich verfahren?«

      Er verzog das Gesicht.

      Nein, er hatte lediglich einem fahrunfähigen Opa nachkriechen dürfen. Von der Klagenfurter Innenstadt bis kurz vor der Einfahrt zum Gasthof war er mit diesem für die Gesellschaft längst entbehrlichen Individuum bestraft worden, dessen durchschnittliche Höchstgeschwindigkeit dreißig Kilometer pro Stunde betragen hatte.

      Dreißig!

      Herrgott noch einmal! Dreißig!!!

      »Ein verschissener Rentner in seinem nagelneuen 7er BMW hielt mich bedauerlicherweise etwas auf.«

      Steffis Augen, für die sie höchstwahrscheinlich eine komplette Tube Mascara aufgebraucht hatte, weiteten sich. »Wie willst du wissen, wer gefahren ist? Es ist stockdunkel draußen.«

      »Die Silhouette seines verfickten Huts war von Weitem zu erkennen gewesen.«

      Steffi grinste. »Nun, jetzt bist du ja da.« Sie gestikulierte nach links. »Geh schon mal vor. Auf Tisch Nummer sechzehn wartet die Süße. Ich muss nur schnell einmal für kleine Mädchen.« Damit verschwand sie in die gegengesetzte Richtung.

      Sein Herzschlag beschleunigte sich kurzfristig. Er mäßigte diesen, indem er einmal tief durchatmete, die Hände in die Taschen seiner dunkelblauen, knackig sitzenden Jeans steckte und durch den rundgemauerten Einlass in den Speisesaal trat.

      Seit jeher trug er ausschließlich eng geschnittenes, seine Statur vorteilhaft in Szene setzendes Gewand. Schlaksige Cargo-Jeans, durch welche seine Kehrseite erstens ungleich flacher aussah – und Männer im Allgemeinen inkontinent anmuteten –, solche Outfits konnten ihm gestohlen bleiben. Kleidung sollte die Schönheit eines jeden Einzelnen unterstreichen, und nicht sie untergraben …

      Er beendete seine Überlegungen und nahm die Tische in Augenschein.

      Ein Jeder davon war belegt.

      Leute lachten, tratschten, witzelten, aßen …

      Er konzentrierte sich auf die von Steffi erwähnten Nummern – und wurde fündig. Etwa zehn mal zehn Zentimeter große Holzschildchen waren in der Mitte eines jeden rechteckigen Tisch positioniert worden. Darauf prangten in liebevoller Schwungschrift die eingeschnitzten Zahlen und Ziffern.

      Zehn … Dreizehn … Fünfzehn … Zwölf … Elf … Sechzehn.

      …

      …

      Rotes Haar.

      …

      Enzianblaue Augen.

      …

      Ein unsicherer Blick, welcher jäh Unglauben, dann Schock und schlussendlich abgrundtiefen Hass widerspiegelte.

      …

      Entsetzen seinerseits, welches von brodelnder Wut verdrängt wurde.

      …

      Die Pussywagon-Fahrerin!

      Ruckartig erhob sich letztgenannte Schreckschraube. »Ich fasse es nicht! Sie?!«

      Drei Schritte, und sie stand vor ihm – die Hände in die Hüften gestemmt, ihre fein geschwungenen Augenbrauen durch Aggression und ungestümen Zorn tief nach unten gezogen.

      Ich muss es mir eingestehen: Du siehst außerordentlich niedlich aus, wenn du wütend bist.

      Noch ehe dieser fürwahr stumpfsinnige Geistesblitz sich gänzlich in ihm manifestieren konnte, wurde dieser durch ein gebrülltes »Sie verfluchter Hurensohn!« vonseiten der rothaarigen Zicke vernichtet.

      Derart gebrüllt, eine jede einzelne Person – Servicepersonal eingeschlossen – drehte sich simultan zu ihm um.

      Plötzlich holte sie aus –

      Adrenalin flutete seine Magengegend.

      Er blockte ab und wich einen Schritt zurück.

      Nein, du mauerverbeißendes Miststück!

      Dieses Mal ließ er sich zu nichts mehr hinreißen! Geschissen auf sein Ego, geschissen auf seine Würde! Er wollte seine Zukunft nicht noch mehr verbauen. Außerdem: Nun hatte er einen Grund, sie anzuzeigen!

      Womöglich verhälfe ihm dieser momentane Umstand sogar zu einem milderen Strafausgang seinerseits …

      Eine Gewichtsverlagerung ihrerseits beendete sein Grübeln.

      Sie schlug zu – solcherweise kraftvoll, für die nächsten Sekunden wurde es ihm reichlich anders zumute. Im Detail kämpfe er gegen ein hartnäckiges Schwindelgefühl sowie rauschende Ohren und eine schmerzende rechte Wange, aber vor allem gegen den Drang, diese verfluchte Beißzange zu packen und aufs Kreuz zu legen.

      »Waschlappen!«, drang es matt durch seine sich zunehmend verstärkenden Ohrengeräusche, welche an einen hochtourigen Waschmaschinenschleudergang erinnerten.

      Er schluckte, er blinzelte – und sein Hirn schaltete.

      Waschlappen?!

      Niemand nannte ihn einen Waschlappen!

      Niemand!

      Verdammt noch einmal!

      Und sein zäher Schalter klappte um. Er spürte es in seinen Nerven und Muskeln, die sich in Bereitschaft versetzten.

      Tracey machte einen Schritt nach links, wog ab – und schlug zurück.

      Sie blockte, vollführte einen Schritt nach rechts.

      Falsche Reaktion, Hausdrachen!

      Er setzte an, nach ihren Unterarmen zu packen, um sie auf den Boden zu bringen – da sah er ihre Faust erneut auf sich zurasen.

      Scheiße, scheiße, scheiße!

      Ein Uppercut …

      Im letzten Augenblick biss er die Zähne aufeinander und ließ sich weitestgehend nach hinten kippen. Das Ergebnis: Sie streifte ihn.

      Weh tat es trotzdem.

      Unsanft landete er auf seinem Hintern.

      »Sie elendiger Sack!« Die Furie näherte sich ihm bedrohlich. »Wie können Sie es wagen, mich von der Straße zu drängen?! Und darüber hinaus handgreiflich zu werden?!«

      »Beruhig dich, du verdammte Kampfemanze!«

      »Was?!« Ihre Stimme überschlug sich. Ihr Augenausdruck nahm


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