Love's Direction. Isabella Kniest

Love's Direction - Isabella Kniest


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durch seinen aufgebrachten Sinn. Beobachte, lausche, fühle – erst dann fälle dein Urteil.

      …

      Das sich aufgelöst an ihn klammernde rothaarige Mädchen sowie die eben aufgekommene Erinnerung verscheuchten selbst den allerletzten Groll und weckten seine Neugier. Ihre allzeit auftretende Gehemmtheit, ihre Stutenbissigkeit, ihr überschäumender Zorn, ihre gegenwärtige Melancholie und die vorhin getätigte Äußerung … irgendetwas lag hier im Verborgenen!

      Ein traumatisches Erlebnis? Eine schwere Kindheit? Familiäre Probleme? Schwierigkeiten in der Arbeit?

      Würde er es vermögen, ihr den Grund für ihre eigenartigen Reaktionen zu entlocken?

      »Ist schon gut.« Zärtlich streichelte er über ihren bebenden Rücken. »Willst du mir sagen, warum du derart heftig reagierst? Ich verstehe zurzeit nämlich gar nichts mehr.«

      »Ich –« Ein Schluchzen unterbrach ihren Versuch einer Erklärung. »Ich wollte ausschließlich gemocht werden … Ich wollte verstanden werden … bloß einmal.«

      »Ich kenne dich nicht«, erwiderte er sachlich. »Demzufolge kann dich nicht einfach verstehen. Erst recht nicht, wenn du plötzlich auf mich losgehst.«

      »Sie haben mich von der Straße gedrängt«, hielt sie trotzig dagegen.

      Oh, Mann! Erst flennen, dann flugs zurück in die Starrsinnigkeit rutschen … typisch Weib!

      Er seufzte. »Ja … das war nicht richtig. Das habe ich selbst schon eingesehen, okay?«

      Darum hielt er sich zurück! Darum gab er ihr nun eine Chance, diese irre Situation aufzuklären! War das nicht genug, um vernünftig und wie ein erwachsener Mensch zu reagieren?

      »Und warum wollten Sie mich niederschlagen?« Sie lehnte sich zurück – und er musste stark schlucken.

      Ihr Gesichtsausdruck spiegelte solcherweise viele Emotionen wider, er wusste wahrhaftig nicht, wo er beginnen und aufhören sollte, diese zu bestimmen. Auf jeden Fall entdeckte er neben Verzweiflung, Verwirrung, Unsicherheit und Stursinn minimalistisches Vertrauen.

      Diese pikante Entdeckung kurbelte seine Männerfantasie gehörig an …

      Ein verlorenes wunderschönes junges Mädchen, das verzweifelt Vertrauen und bedingungslose Liebe suchte, sich an jemanden zu lehnen wünschte – war dies ihre Bürde?

      Oder ging seine Vorstellungskraft ein wenig zu sehr mit ihm durch?

      »Sagen Sie mir«, zerrte der Rotschopf ihn aus seinen Tagträumereien. »Weswegen wollten Sie mich zusammenschlagen?«

      Scham befiel ihn, kletterte in seine Wangen, wodurch diese sich leicht erwärmten.

      Und er verfluchte sich tausendmal im Geiste.

      Er konnte ihr den Grund seines Ausrasters unmöglich anvertrauen. Was hätte sie von ihm gehalten, wenn er ihr offenbarte, dass allein ihre äußerliche Ähnlichkeit mit seiner Ex und die vielen kleinen Katastrophen des damaligen Tages ihn hatten ausflippen lassen?

      Unsicherheit veranlasste ihn, sich zu räuspern. »Ich hatte einen schlechten Tag. Einen richtigen Scheißtag, um ehrlich zu sein.«

      Abrupt änderte sich ihr interessantes Mienenspiel.

      Entdeckte er da etwa Verständnis?

      Tracey wurde es beträchtlich wärmer zumute.

      …

      Eine junge Frau, die ihn dankbar, wissbegierig, liebeshungrig und devot anblickte, ehe er sie dazu aufforderte, sich umzudrehen und an die Mauer seines Vorraumes zu lehnen, damit er ihren knielangen nachtschwarzen Rock hochziehen und langsam in sie gleiten konnte …

      Eine Jungfrau … ängstlich, hilflos wie heillos erregt in seinen Armen … sie verwöhnen, sie küssen, ihren nassen Leib spüren … sie auf die Matratze pressen, in sie dringen, sich bewegen … sie nehmen … sie ausfüllen … sie lieben wie keine Frau zuvor …

      …

      Eine erregende Gänsehaut rauschte über seinen Rücken und schlug pulsierend und ziehend in seine Leisten ein.

      Scheiße … elendige Scheiße!

      Dieses Kopfkinoprogramm musste sofort ein Ende nehmen … und diese Schönheit vor ihm musste mit dieser verschissenen Hilflosnummer aufhören, ehe er sich gänzlich vergaß …

      Das junge Ding musterte ihn eindringlicher, seelenverschmelzender … liebevoll, sanft, versöhnlich …

      Verflucht, Mädel. Hör auf damit! Das weckt meinen Beschützerinstinkt!

      Und das war, verfickt noch einmal, überhaupt nicht gut!

      Neuerlich ließ er sich einlullen – von einem hübschen Äußeren und weiblichem Manipulationsgeschick! Bereits seine verfickten Ex-Freundinnen hatten dies allesamt verdammt gut hinbekommen. Mit dieser Naturschönheit hier vermochten sie es jedoch nicht im Geringsten mitzuhalten.

      »Okay.« Hüstelnd ließ sie von ihm ab und trat einen unsteten Schritt nach hinten.

      Und in ihm entstand das wilde Verlangen, sie länger festzuhalten, sie leidenschaftlich zu küssen …

      Das ist gar nicht gut, Tracey! Reiß dich zusammen. Von einer wie der wirst du dich doch nicht wieder hereinlegen lassen, oder?

      Die Tränen aus ihrem hübschen Gesicht gewischt, meinte sie: »Was genau ist passiert?«

      Er verstand nicht.

      Seine Auffassungsgabe befand sich noch irgendwo zwischen seinen Jungfrau-Fantasien und stolzannagenden Flashbacks seiner verflossenen Liebschaften …

      »Wie … was?«

      »Na dieser Scheißtag.« Sie blinzelte. »Was genau ist da gewesen?«

      Hatte er erwähnt, wie aufgekratzt er sich fühlte? Ja? Tja, nun war sein Gemütszustand am besten mit einem Verkehrsunfall vergleichbar: geschockt, neurasthenisch, hysterisch.

      …

      Sie wollte ernsthaft wissen, was passiert war? Sie interessierte sich für seinen Gemütszustand?

      »Wozu willst du das wissen?«

      »Ich möchte mir eine Meinung bilden«, kam es etwas zu emotionslos zurück.

      Und sein Hirn begann abermalig zu rotieren.

      Reagierte sie auf diese kühle Weise, um von einer übermäßig emotionalen Aufgebrachtheit hinwegzutäuschen?

      »Anscheinend sind Sie doch nicht ein solcher hirnverbrannter, asozialer Idiot, wie all die anderen Leute es normalerweise sind.«

      Alter, ging’s noch?!

      »Na, vielen Dank für das Kompliment.« Er blickte zur Seite, suchte einen Grund, seine Erklärung hinauszuzögern.

      »Ich lache Sie nicht aus.«

      Sein Kopf schnellte zu ihr zurück. »Wie?«

      »Sie können mir gerne anvertrauen, was los war.« Die Seriosität schwang nicht bloß in ihrer Äußerung, sondern er sah sie ebenfalls in ihrem ihn ernst musternden Angesicht. »Ich lache Sie nicht aus. Ich bin selbst zu oft ausgelacht worden.«

      Er schluckte.

      Kämpfte sie etwa gegen ähnliche Schwierigkeiten wie den seinen? Kam sie mit den Menschen in ihrer Umgebung nicht zurecht?

      Würde sie seine Lage verstehen? Würde sie womöglich sogar die Anzeige zurückziehen, wenn sie erführe, wie sein Tag abgelaufen war?

      »Mein Urlaub«, antwortete er nach einigem Zögern. »Wurde gestrichen – das fünfte Mal in Folge. Eine Rentnerin kotzte mich von oben bis unten voll, ich hatte gefühlte zwanzig schleichende alte Säcke vor mir – und schlussendlich tauchte plötzlich dieser Pussywagon vor mir auf.«

      »Pussywagon?«

      »Na, dein Auto.«


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