Mulaule. Rita Renate Schönig
und die Wahrnehmung ausblenden kann. Doch wie lange? Die Hände verkrampfen sich in das Leinen. Es wird stickig, die Luft knapp, kein Ein- und Ausatmen bringt Erleichterung für die brennenden Lungen. Der Schweiß brennt in den Augen, läuft an den Wagen herab, verbindet sich mit dem Salz der Tränen, die lautlos ihren Weg über den Hals zu dem schmalen Brustkorb fortsetzen. Das Zittern wird immer heftiger. Dann ihr Schrei und der dumpfe Schlag. Für den Moment ist es totenstill. Behutsam hebt sich die Decke und ein kaum hörbares Flüstern: Komm heraus.
Ein kleiner Stofffetzen auf dem Fußboden. Sonst erinnert nichts an das soeben stattgefundene Geschehen. ER ist fort.
Der seelische Schmerz ist bis heute geblieben. Ebenso der Traum. Bis gestern Nacht. Zum ersten Mal seit 20 Jahren, ein erholsamer Schlaf, ohne diese schrecklichen Bilder.
Endlich ist Schluss damit! Endgültig! Ich lebe mein Leben so, wie ich es will! So, wie Gott es für mich vorgesehen hat. DEIN Gott, den DU immer nur als Rechtfertigung für all deine Handlungen missbraucht hast, alle und jeden Du kannst mir nichts mehr anhaben.
Er ballte die Fäuste. Das Messgerät am Handgelenk piepste. Ein Blick auf das liebevolle Gesicht auf dem Foto genügte und Blutdruck und Herzfrequenz normalisierten sich.
Bald werden wir uns wiedersehen. Nicht mehr nur Briefe schreiben und hin und wieder ein Telefonat, wenn ER nicht zu Hause ist. Spazieren gehen, einen Kinobesuch oder einfach mal nur zusammen einen Kaffee trinken. Vielleicht würde sie ...? Nein, nichts überstürzen. Erst einmal abwarten.
Einerseits war die Freude übermächtig, sie endlich, nach so vielen Jahren wieder in die Arme schließen zu dürfen. Andererseits war da auch Angst.
Wie wird sie reagieren, wenn sie mich wiedersieht? Sieht, wie ich jetzt bin?
Die Mailbox kündigte eine Nachricht an. Das Display zeigte eine vertraute Nummer. Gedankenübertragung?
Weniger erfreulich war die Mitteilung:
HEINZ WURDE ERMORDET.
Er ist tot? Warum? Er darf doch nicht tot sein. Leiden sollte er, so wie ich gelitten habe, so wie sie litt in all den Jahren. Erkennen sollte er, dass er keine Macht mehr über uns hat. War alles umsonst?
Angespannt wischten seine Finger über das Display und fanden schnell in den Kontakten die gewünschte Rufnummer.
„ER ist tot!“
„Was? Wie kann …? Das wusste ich nicht.“
„Wieso ist er tot? Er darf nicht tot sein. Er sollte nicht tot sein. Hohn und Spott sollte er erfahren. Er sollte leiden. Ich verstehe das nicht. Wieso?“
„Bitte, rege dich nicht auf. Ich werde das klären ... noch heute. Vertraue mir. Wie geht es dir? Das ist viel wichtiger. Bist du in Ordnung? Wirst du wirklich morgen entlassen?“
„Ja, mir geht es gut. Ich vermisse dich. Kommst du heute noch vorbei?“
„Nein, schaffe ich heute nicht mehr. Aber morgen bin ich da. Versprochen. Ich hole dich ab. Ich fahr dich nach Hause und umsorge dich und dann reden wir. Alles wird gut; du wirst schon sehen. Und nun ruh dich aus. Ich muss jetzt los. Bis morgen. Alles wird gut. Ich liebe dich.“
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