Drei sind keiner zu viel. Jörn Holtz

Drei sind keiner zu viel - Jörn Holtz


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verbrannten Zunge lag. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sich sein Gesicht verfinsterte, denn er hasste es, wenn er das Gefühl bekam, verkuppelt zu werden. Stattdessen sagte er bemüht neutral: „Nö, daran glaube ich besser nicht. Ansonsten wüsste ich nämlich nur zu gerne, was ich den bloß in meinen vorherigen Leben alles so falsch gemacht habe?“

      „Ja aber, das ist doch völlig egal! Denn da hast du doch gar keinen Einfluss mehr drauf. Viel wichtiger ist es doch, dass du deine gegenwärtigen Lebensumstände akzeptierst und das, was du in deinem jetzigen Leben unternimmst, um dieses mit positivem Denken und Handeln zu verbessern!“, beugte Lotta sich zu ihm vor und sah ihn durchdringend an.

      Unsicher kratzte er sich erneut am Kopf, denn das war jetzt eindeutig genug Spiritualität für einen Tag. Dennoch fiel ihm in diesem Moment nichts Besseres ein, als zu sagen: „Tja, dann muss ich wohl mal pilgern gehen!“

      „Ja klasse, warum nicht!“, stimmte sie begeistert zu, bevor sie nach einer Weile nachdenklich anfügte: „Doch, das ist eine echt tolle Idee. Das wird deinem Karma bestimmt sehr guttun und der Camino de Santiago in Spanien soll Anfang Mai am besten zu bewältigen sein“, wobei sie das Wort Spanien betonte und seine rechte Hand ergriff.

      „Okay, dann lass mich dich aber vorher erst einmal in Barcelona abliefern. Wenn es dich also nicht stört?“

      „Nein, und wie ist es mit dir,“, sah sie ihn offen an, „stört es dich vielleicht, wenn ich dich begleite?“, dabei schob sie ihm ihre leere Müslischüssel entgegen und sah ihn erneut durchdringend an.

      „Nein, sonst wäre ich doch nicht hier!“, versuchte er ihrem Blick Stand zu halten, während seine Gedanken Achterbahn fuhren. Darum fügte er erst kurze Zeit später an: „Ein bisschen Abwechslung und ein paar neue Sichtweisen werden mir bestimmt guttun. Aber dir ist schon klar, dass mein Camper kein Gästezimmer hat.“

      „Klar, kein Problem! So schlimm war dein Schnarchen ja auch nicht!“, lachte Lotta, was die Situation wesentlich entspannte.

      Jedoch machte der Gedanke daran, ihn wieder etwas verlegen: „Nun gut,“, stammelte er daraufhin, „ich hatte mir tatsächlich überlegt, die Mittelmeerküste entlang, runter bis nach Spanien zu fahren. Nach Monaco vielleicht, dann weiter zur Côte d’Azur und dann immer weiter der Nase nach möglichst nah an der Küstenlinie entlang“, zählte er seine geplante Reiseroute auf, während er beobachten konnte, wie Lottas Augen wieder zu strahlen anfingen.

      „Man, Monaco und Frankreichs Mittelmeerküste um diese Jahreszeit, hört sich großartig an! Hoffentlich ist es schon warm genug zum Baden. Gütige Göttin, wie schön!“, jauchzte sie, wobei sie freudig erregt aufsprang. „Gut, dann packe ich mal meine Sachen und verabschiede mich noch schnell von den anderen“, ging sie um den Tisch herum und gab ihn dankbar einen dicken Kuss auf die Wange. „Ich bin gleich zurück!“, rief sie, während sie zur Tür hinauslief.

      Als Ole allein in der großen Wohnküche war, nahm er noch leicht benommen den letzten Schluck Kaffee, aus seinem riesigen Kaffeebecher, wobei er bemerkte, dass dieser vermeintlich milde Kaffee dennoch eine recht anregende Wirkung auf seine Verdauung hatte. ,Na Super!‘, stand er grummelnd auf, um ein Klo auf diesem riesigen Anwesen zu suchen.

      Zu seinem Glück befand sich direkt gegenüber der Küche eine Tür, mit einem bunten WC-Zeichen. Erleichtert ging er hinüber und klopfte vorsichtig dagegen. Denn hier einfach eine Tür aufzureißen, war ihm nach seiner Erfahrung von Samstagabend viel zu heikel. Kurz verharrte er und als er von drinnen nichts vernahm, öffnete er die Tür und staunte erst mal kurz. Denn das Badezimmer war riesig, mindestens so groß wie die Wohnküche, nur viel verwinkelter, da es durch freistehende Wände und Pflanzen geschickt unterteilt wurde. Ganz hinten, hinter einer Abtrennung, fand er nach kurzem Suchen die ersehnte Toilette, wo er sich erleichtert niederließ. Doch wie in einem seiner Albträume vernahm er kurz darauf eine Kinderstimme, die laut ausrief: „Hui, dahat aber einer viel Luft im Bauch! Da solltest du besser die Lüftung einschalten.“

      „Ähm ja, danke für den Hinweis!“, riss Ole überrascht die Augen auf. „Weiß du ich hatte geklopft und habe nichts gehört, entschuldige bitte!“, stammelte er, während er am liebsten, samt Kloschüssel, im Boden versunken wäre.

      „Logisch, ich hatte doch die Zahnbürste im Mund, darum!“, gab das Kind daraufhin genervt zurück. Und als ob dies nicht schon peinlich genug ist, hörte er kurz darauf, wie die Tür geöffnet wurde und wie noch jemand den Raum betrat. „Ach Jonas, bist du immer noch nicht fertig? Wir müssen doch los oder willst du dich nicht mehr von Lotta verabschieden?“, sagte eine junge weibliche Stimme.

      „Doch will ich! Aber ich musste doch erst noch Lottas Freund sagen, dass er die Lüftung betätigen soll, wenn er auf dem Klo sitzt. Ist doch richtig oder Mom?“, hörte Ole den Jungen antworten, von dem er nun wusste, dass es sich um Jonas handelt. Als er daraufhin dachte, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte, während er noch immer wie erstarrt auf dem Klo thronte, vernahm er auf einmal Lottas Stimme: „Ach, hier seid ihr beiden! Ich habe euch schon überall gesucht. Leider muss ich mich jetzt schneller von euch verabschieden als gedacht, denn Ole ist schon da und wartet in der Küche auf mich und daher…“

      „Nein, wartet er nicht. Er ist da hinten auf dem Klo und hat die Lüftung nicht betätigt!“, fiel Jonas Lotta ins Wort.

      „Oh, das konnte er aber auch nicht wissen. Ansonsten hast du natürlich Recht. Okay, dann lass uns jetzt mal besser in die Küche gehen, damit wir uns in Ruhe verabschieden können“, sagte Lotta freundlich und Ole konnte daraufhin hören, wie alle kurz darauf das Badezimmer verließen.

      Etwas später kehrte Ole, noch etwas beschämt, in die Wohnküche zurück, wo er Lotta weinend, auf einem alten Biedermeier Sofa sitzend vorfand, welches vor einem bodentiefen Fenster stand. Vor ihr auf einem antiken Nierentisch entdeckte er eine Kinderzeichnung, mit einer groben figürlichen Abbildung von ihr. Dies erkannte er sofort an den wilden kurzen, blonden Haaren und dem Minirock, in Verbindung mit dem schweren Stiefeln. Neben Lottas Abbild, die gerade mit erhobenem Arm winkte, stand ein bunter Koffer vor einem großen Auto, der wohl Oles VW-Bus darstellen sollte. Darüber stand mit kindlicher Schrift geschrieben: Tschüss, dein Jonas! Leicht amüsiert, über dieses kindliche Abschiedsgeschenk, sah er zu ihr auf, wobei sein Blick an einen kleinen Stoffbären hängen blieb, den sie in den Händen hielt. Als sie dies bemerkte, hielt sie ihm den nur leicht gestopften, etwa 20 cm großen Stoffbären entgegen, wobei sie schniefte: „Schau mal, den hat Jonas mir eben als Andenken geschenkt!“, dabei rang sie sich ein Lächeln ab. „Ach, ist der nicht süß!“, kraulte sie gedankenverloren den Teddy am Ohr, während sie erneut zu weinen und zu schluchzen begann.

      „Mm, ja das ist er“, beäugte er kurz das kleine Stofftier kritisch, bevor er sich schweigend zu ihr aufs Sofa setzte. Dabei bot er ihr etwas gedankenverloren seinen Arm tröstend an, während er zum Fenster hinaus starrte. Erneut haderte er mit sich, ob diese ganze Aktion wirklich eine gute Idee war. Denn diese ganzen offen zur Schau gestellten Befindlichkeiten waren gerade etwas zu viel für ihn. Weinende Frauen an sich und Lotta gerade in speziellen konnte er sich nicht erwehren, weil er ihren Schmerz gerade ebenso physisch verspürte. Unterdessen nahm Lotta sein Angebot an und rückte weiterhin weinend näher zu ihm heran, um sich in seinen Arm zu kuscheln, während sie mit der linken Hand mechanisch über den Kopf des Teddys streichelte. „Weißt du, ich hasse Abschiede!“, schluchzte sie ca. 2 Minuten später, wobei sie anfing, sich mit seinem Hemd ihre Tränen abzuwischen. Dann sah sie ihn mit verquollenen Augen an: „So ein Mist, der Kleine ist mir so richtig ans Herz gewachsen!“

      Als er sie daraufhin fester an sich drückte und nur verständnisvoll nickte, bedrängte ihn gleichzeitig erneut das Bedürfnis einfach aufzustehen, um sich nun unmittelbar und ohne sie auf den Weg zu machen. Gleichzeitig wünschte er sich aber, dass dieser Augenblick ewig dauern würde, wo er ihren warmen, drahtigen Körper so nah an sich ran gepresst fühlte. Zwischen diesen beiden Empfindungen hin und hergerissen sagte er nach einer Weile ausweichend: „Ja, das Gefühl kenne ich. Aber wer eine Reise machen möchte, muss nun mal jemanden zurücklassen!“

      Zustimmend nickte sie daraufhin und schluchzte noch einmal kurz, bevor sie ihm einen leichten


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