Ut oler Welt - Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime - 150 Seiten. Вильгельм Буш
hineinzuspringen, dazu habe ich den Muth nicht.«
»Ne, ne,« riefen die Bauern alle, »das thun wir nicht;
die schönen Schafe wollen wir selber holen,« liefen
darum schnell zum Flusse zurück und stürzten sich
kopfüber hinein, daß sie versaufen mußten.
Pihwitt aber behielt die vielen Schafe und war
reich, so lange er lebte.
15. Muschetier, Grenadier und Pumpedier.
Ein König hatte drei Töchter, die machten zu ihrer
Lust einen Gang in den Wald und setzten sich unter
die Blumen in das Gras und strickten. Da kamen des
Weges her drei Riesen. Als die die schönen Königstöchter
sahen, liefen sie herbei, hoben sie auf ihre
Arme und schleppten sie tief in den Wald hinein, bis
sie zu einer Höhle kamen. In die Höhle konnte man
aber nur durch ein Seil gelangen; an dem ließen sich
die Riesen mit ihren Prinzessinnen tief in die Erde
hinab. Zuerst kamen sie in einen großen Saal; da hing
an der Wand ein gewaltig langes Schwert und auf
dem Tische stand eine Flasche Wein und lag ein Brief
dabei. Hinter dem Saale waren aber noch drei andere
Zimmer, für jeden Riesen eins; da hinein brachten sie
die Königstöchter und sagten: Hier wollen wir zusammen
wohnen. Und der erste Riese schenkte der ersten
Königstochter eine goldene Sonne, der zweite Riese
schenkte der zweiten Königstochter einen goldenen
Mond, der dritte Riese gab der dritten Königstochter
einen goldenen Stern. Aber die Prinzessinnen mochten
die häßlichen Riesen doch nicht leiden; sie wären
viel lieber wieder zu Hause an des Königs Hofe gewesen;
darum saßen sie und weinten den ganzen Tag.
Als es nun Abend wurde und die Königstöchter
noch immer nicht zurückkamen, sandte der König
seine Diener aus, daß sie im Walde nach ihnen suchen
möchten. Sie fanden aber nur die drei Strickzeuge,
welche die Prinzessinnen zurückgelassen hatten; und
als sie nun auch die Spur der Riesen im Grase sahen,
sprangen sie eilig aus dem Walde. Der König, als er
die Kunde vernommen und die drei Wahrzeichen erblickte,
fiel in große Traurigkeit, legte Trauerkleider
an mit seinem ganzen Hofe und gab Befehl, daß man
die ganze Stadt mit schwarzem Flor überziehen sollte.
Nachdem ließ er ausschreiben und bekannt machen in
seiner Stadt und seinem Reiche, daß dem viel Geld
und großer Lohn verheißen sei, der es wagen und ausführen
würde, die Königstöchter aus der Gewalt der
Riesen zu befreien.
Da traten dreie aus des Königs Heer, die nannten
sich Muschetier, Grenadier und Pumpedier, und wollten
Hals und Leben wagen, daß sie die Königstöchter
befreien und den Lohn erlangen möchten. Sie schnürten
ihre Bündel und zogen in den Wald hinein. Acht
Tage waren sie schon herumgewandert; das Reisebrod
ging zu Ende und Grenadier und Pumpedier meinten,
es sei besser umzukehren als in dem Walde zu verhungern
oder gar den schrecklichen Riesen in die
Hände zu fallen. Aber Muschetier sprach ihnen Muth
ein; daß es schimpflich sei, auf halbem Wege umzukehren,
daß sie doch nur wenig zu verlieren, aber
recht viel zu gewinnen hätten, und daß, wenn sie umkehren
wollten, er allein sein Glück versuchen wolle.
Da gingen sie mit. Es währte nicht lange, so kamen
sie vor ein Schloß, das war ganz todt und menschenleer,
die Küche jedoch mit allen Vorräthen wohl versehen.
Das freute die drei Gesellen, die nun schon so
lange nur Trockenes gegessen, daß sie endlich einmal
wieder warme Löffelkost kriegen sollten. Sie kamen
überein, daß zwei von ihnen auf die Jagd gehen sollten,
während der dritte das Essen koche; darum zogen
sie die Loose und kam die Reihe zuerst an Pumpedier.
Der zündete bald ein Feuer an, hängte einen Topf darüber
und that Erbsen und Speck hinein, denn das war
der drei Gesellen Leibgericht. Muschetier und Grenadier
gingen derweilen auf die Jagd. Als nun Pumpedier
das Erbsengericht bereitet hatte, die beiden Gesellen
aber immer noch nicht zurück waren, setzte er
sich allein zu Tische, weil er großen Hunger hatte. Da
trat zur Thür herein ein greises Männchen, das trug in
der Hand einen eisernen Stock und sprach den Gesellen
an: »Guten Tag, mein Herr!« »Schön Dank, mein
Herr!«
»Ich meint, ich wäre hier ganz allein.
Es freut mich, daß hier auch Leute sein.
Denn ich muß mich von diesem Schloß nähren.«
Danach bat das Männchen den Gesellen um etwas
Essen. Als er ihm ein Brod gab, ließ es wie aus Ver-
sehen ein Stück davon auf die Erde fallen; der Gesell
bückte sich, es wieder aufzunehmen; aber in demselben
Augenblicke saß auch das Männchen ihm auf
dem Rücken und schlug ihn so heftig mit seinem eisernen
Stabe in den Nacken, daß er die Besinnung
verlor. Danach verschwand das Männchen. Pumpedier
war noch nicht lange wieder zu sich selbst gekommen,
als Muschetier und Grenadier von der Jagd
zurückkehrten; er erzählte ihnen aber nicht, wie es
ihm ergangen war.
Den zweiten Tag kam an Grenadier die Reihe, das
Haus zu hüthen. Er kochte auch Erbsen und Speck;
als er sich aber eben zu Tisch gesetzt hatte, trat wieder
das Männchen herein, sprach seinen Gruß, bat um
ein wenig Essen, ließ das Brod auf den Boden fallen,
und als der Geselle sich eilig danach bückte, sprang
es ihm auf den Rücken und schlug ihn mit seinem Eisenstab
so lange, bis ihm die Besinnung ausging. Als
er wieder zu sich selbst kam, kehrten die beiden anderen
gerade von der Jagd zurück und fragten, wie's ihm