Sinja und die Zaubergeige. Andreas Milanowski

Sinja und die Zaubergeige - Andreas Milanowski


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und einen himmelblauen, bodenlangen Umhang, der mit Gold- und Silbermotiven bestickt war. Unter dem Umhang trug sie eine weiße Hose mit weiten Beinen und ein weites, weißes Hemd. Der Hügel wurde angegriffen von einem Heer von Ameisen, die versuchten Sinjas Beine zu erreichen und ihr in die Hose zu krabbeln. Sinja schüttelte sich bei dem Gedanken daran, dass die Insekten ihr Ziel erreichen könnten. In ihrer Verzweiflung begann sie, eine Melodie auf ihrer Geige zu spielen. Die Melodie war langsam und traurig und bestand nur aus drei Tönen. Plötzlich hielten die Ameisen inne, blieben auf dem Hügel stehen wo sie standen und wo eben noch zehntausende von Ameisen krabbelten, da wuchs aus den vielen tausend kleinen Ameisenkörpern ein wunderschöner Feuerdrache.

      Der züngelte, wickelte sich um Sinjas Beine und schmiegte sich an sie wie ein Kätzchen.

      „Da bist du ja endlich, Mi Lan, mein Feuerspucker!“, rief Sinja dem Drachen zu.

      „Wassss du mit deinerrrr Geige allesssss machen kannssssst“, zischte der Drache bewundernd zwischen zwei feurigen Schnaufern.

      Dann nahm er Sinja auf seinen Rücken, schwang seine riesigen Flügel und flog mit ihr davon und flog und flog über die weiten Ebenen eines fremden Landes.

      Es waren `Allegros´ Bewegungen, die Sinja spürte, aber davon wusste sie in ihrem Traum nichts. Dort war sie auf ihrem Feuerdrachen unterwegs.

      9 Angriff der Drachenreiter

      „Sie kommen“, rief auf einmal Emelda

      „Also doch!“

      „Gamanziel, es wird ernst. Siehst du die Schatten da hinten am Himmel?“

      „Ja, ich kann sie auch sehen. Sie haben tatsächlich nur gewartet, bis wir müde genug waren, um uns kurz vor den Wäldern anzugreifen.“

      „Nun denn“, rief Amandra, dann gibt’s eben jetzt ein paar Ohrfeigen.

      „Wie viele sind es?“, fragte Gamanziel

      „Ich sehe zwei Naurons am Himmel, die schnell näherkommen, kann aber noch nicht erkennen, ob sie mit Reitern unterwegs sind. Dazu ist es zu dunkel. Ansonsten entdecke ich noch nichts!“

      „Gut“, sagte Emelda, „dann ab jetzt alles wie besprochen. „Gamanziel, du kümmerst dich darum, dass ihr schnellstmöglich in die Wälder kommt und wir geben den Vögelchen hier mal ein bisschen Zunder. Schwingt die Hufe!“

      Gamanziel ging zu Allegro und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sie packte einige Dinge in einen kleinen Rucksack. Dann sprang sie hinter der schlafenden Sinja auf den Rücken des Pferdes. Kaum, dass Gamanziel richtig aufgesessen war, schoss der Hengst mit seiner wertvollen Fracht in gestrecktem Galopp davon. Emelda, Amandra und die zwei Ponys blieben zurück.

      Aus der Ferne waren im Dämmerlicht die zwei Naurons auszumachen, die mit weiten Schlägen ihrer Flügel bedrohlich schnell näherkamen. Je näher sie heranflogen, desto deutlicher sichtbar wurden die zwei schwarzen Gestalten, die auf ihren Rücken saßen und die Drachen lenkten. Jeder der beiden war mit einem Bogen und einer Streitaxt bewaffnet.

      Emelda und Amandra suchten Deckung hinter Grashügeln und ihren Ponys, soweit das in der flachen Ebene möglich war. Sobald die beiden Reiter die Elfen mit ihren Ponys am Boden entdeckt hatten, gingen sie in einer Kurve nach unten und in den Tiefflug über und glitten bald nur noch zwei bis drei Meter über dem Erdboden dahin.

      Die beiden Elfen nahmen ihre Bögen vom Rücken. Sie legten die Pfeile ein und zielten auf die Hälse der Drachen. Noch waren sie zu weit weg, aber es würde jeden Moment soweit sein, dass sie ihre Geschosse auf die Reise würden schicken können.

      Immer näher und näher kamen die dunklen Schlangenvögel. Schon waren sie nur noch wenige Meter von den Elfen entfernt. Die Reiter lenkten die Drachen sicher mit hartem Zug.

      Bald würden sie allerdings die Zügel schleifen lassen müssen, um selbst zu ihren Bögen greifen zu können.

      Da zischte auch schon der erste Pfeil durch die Luft. Emelda hatte ihn abgefeuert. Die Elfen wollten zunächst die zwei Naurons aus dem Gefecht nehmen. Ohne die Tiere wären die schwarzen Reiter weniger beweglich und damit leichter zu bekämpfen.

      Der Pfeil schwirrte gerade und sicher auf sein Ziel zu, doch kurz bevor er das Tier treffen konnte, riss der Reiter den Drachen am Zügel herum, der Nauron machte eine Ausweichbewegung und der Pfeil surrte um Haaresbreite zwischen dem Hals des Tieres und dem Kopf des Reiters hindurch und verfehlte sein Ziel knapp. Im nächsten Moment griff der zweite Reiter zu seinem Bogen, spannte ihn mit einer blitzartigen Bewegung und gab einen Pfeil ab in Richtung Amandra. Die sah das Geschoss kommen, rollte sich zur Seite und der Pfeil blieb mit einem `Tschak´ neben ihr im Boden stecken. Schon schoss der andere Reiter auf Emelda, nachdem er seinen Nauron gewendet hatte. Auch dieser Pfeil verfehlte sein Ziel, da Emelda schnell eine Rolle vorwärts machte. In der Bewegung noch spannte sie ihren Bogen und schoss in Richtung des Naurons. Diesmal war es zu spät für ein Ausweichmanöver. Der Pfeil blieb im Nacken des Tieres stecken.

      Amandra hatte Emeldas Schuss beobachtet und jagte einen Pfeil hinterher. Sie zielte auf den Reiter. Und auch dieser Pfeil traf. Der Reiter stürzte vom Rücken seines Reittieres zu Boden.

      Sein Körper löste sich in Dampf auf, als wäre er in einen Topf mit Salzsäure gefallen. Der Nauron mit dem Pfeil im Nacken machte kehrt und floh ohne Reiter in die Richtung, aus der er gekommen war.

      In diesem Moment schwirrte ein weiterer Pfeil durch die Luft, abgefeuert vom zweiten Reiter, den die beiden für einen Augenblick unbeachtet gelassen hatten. Der Pfeil traf Emelda in die Schulter. Sie stürzte mit einem Schrei zu Boden. Amandra schoss noch einmal in Richtung des zweiten Naurons und verletzte ihn am Flügel. Daraufhin drehte der Nauron samt seines Reiters ab und verschwand in die Richtung, in der das Land `Morendo´ liegen musste.

      Die erste Attacke war abgewehrt, aber zu welchem Preis?

      Die Ponys hatten mittlerweile mitsamt allen Vorräten Reißaus genommen, Emelda war schwer verletzt und die Gruppe war getrennt worden.

      Was Emelda und Amandra nicht wussten: es war noch ein dritter Reiter auf einem Nauron unterwegs. Gamanziel und die schlafende Sinja hatten auf `Allegro´ das Feld verlassen, bevor der Kampf begann. Das Pferd war mit schnellen Galoppsprüngen unter Einsatz seiner Flügel in Richtung der Wälder von Adagio geritten, so wie es vorher vereinbart worden war. Sinja sollte auf jeden Fall in Sicherheit gebracht werden. Zunächst sah auch alles gut aus. Sie waren schon fast in Sichtweite der ersten Bäume, als auf einmal ein Schatten über ihnen erschien.

      „Schätzchen, du musst jetzt aufwachen. Es tut mir leid“, rief Gamanziel in Panik und schüttelte Sinja kräftig an der Schulter.

      Die schlug die Augen auf und bekam den Schreck ihres Lebens, als sie unmittelbar über sich die Fänge eines Naurons erblickte. Er griff nach Gamanziel und erwischte sie am Arm.

      Sie befreite sich mit einem kräftigen Ruck aus dem Griff des Monsters.

      Die rettenden Bäume des Waldes kamen immer näher. Gamanziel war frei.

      Der Ruck, mit dem sie sich den Krallen des Drachen entwunden hatte, war allerdings so stark gewesen, daß sie das Gleichgewicht verlor und seitlich über `Allegros´ Hinterteil abrutschte. Sinja war schlagartig wach.

      „Gamanziel…“, schrie sie und griff blitzschnell nach deren Arm, bevor sie ganz von dem Hengst abrutschen konnte. Sie bekam den Oberarm zu fassen und hielt ihn mit aller Kraft fest, die sie aufbieten konnte. Der Nauron mit seinem Reiter hatte mittlerweile von den beiden abgelassen und war, um Schwung für einen neuen Angriff holen zu können abgedreht.

      So galoppierte `Allegro´ in höchstem Tempo auf den Waldrand zu. Auf seinem Rücken versuchte Sinja verzweifelt, Gamanziels Absturz zu verhindern. Lange würde sie die Elfe nicht mehr halten können. Die flatterte hinter `Allegro´ her wie ein Fähnchen im Wind.

      Ihre Flügel zu gebrauchen, war bei diesem Tempo auch nicht mehr möglich.

      Es


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