Die Baumeisterin. Barbara Goldstein

Die Baumeisterin - Barbara Goldstein


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weißt doch sonst immer, was du willst.«

      »Das hier ist etwas anderes.«

      »Du nimmst mich niemandem weg, Nefrit.«

      »Aber ihr seid versprochen und werdet heiraten.«

      »Weil Iyas Vater einen Offizier als Schwiegersohn haben will. Ihr Vater ist mein vorgesetzter General. Ich habe da wenig Mitspracherecht.«

      »Du könntest zum Beispiel Nein sagen.«

      »Wie sagt man das?«

      Ich machte es ihm lachend vor, und er sprach es mir nach: »Nein.«

      Es klang nicht überzeugender als mein Nein vor wenigen Stunden.

      An den folgenden Abenden holte mich Djedef am Tempeltor ab, und wir verbrachten einige leidenschaftliche Nächte am Hapi, bevor ich mich zum ersten Mal an das Krankenlager von Iya wagte.

      Unsere geflüsterte, aber nicht weniger heftige Auseinandersetzung war das Ende unserer Freundschaft und der Beginn einer Feindschaft, von der uns erst der Tod erlösen sollte.

      Meine Affäre mit Djedef hatte meine Leistungen in der Tempelschule beeinflusst. Tagsüber saß ich müde und unkonzentriert im Unterricht. Ramses und seine Freunde machten sich über mich lustig: »Nefrit hat ihre wahre Bestimmung erkannt. Sie hält einem Krieger das Bett warm.«

      War Ramses mir nachts gefolgt? Hatte er meine nächtlichen Streitwagenrennen mit Djedef beobachtet, oder wie er mir im Haus der Krieger das Bogenschießen beizubringen versuchte, bis wir beide lachend auf dem Boden lagen?

      Niuser war besorgt: »Nefrit, die Abschlussprüfungen stehen unmittelbar bevor. Wenn du deinen Lebenswandel nicht änderst, wirst du die Prüfungen nicht bestehen.« Niusers Worte brachten mich zur Besinnung. Die nächsten Nächte, so beschloss ich, würde ich auf die Treffen mit Djedef verzichten, um mich auf die Prüfungen vorzubereiten.

      Djedef hatte dafür kein Verständnis: »Warum, Nefrit? Du wirst auch ohne die Ausbildung zum Schreiber einen Mann finden. Eigentlich hast du schon einen.« Er küsste mich.

      »Ich will keinen Mann, Djedef, ich will Schreiber werden. Ich habe das in den letzten Wochen aus dem Blick verloren.«

      »Wie konntest du dich nur so gehen lassen?«, fragte er verstimmt. »Wann werden wir uns wiedersehen?«

      »Nach den Abschlussprüfungen.«

      »Du weißt immer genau, was du willst, nicht wahr, Nefrit? Du hast doch keine Chance, jemals Schreiber zu werden.«

      »Danke für deine Unterstützung!«, schrie ich ihn wütend an. »Ich hatte gerade von dir Verständnis erwartet. Du hast die Armut kennen gelernt wie ich. Du bist Offizier geworden und hast dich aus deiner Situation befreit. Bitte gestatte mir, dass ich das Gleiche für mich tue! Es wird niemand sonst tun!«

      Die nächsten Nächte verbrachte ich in meiner Zelle, die ich mit der Tempeldienerin Baketamun teilte. Die gemeinsame Kammer mit Iya hatte ich nach unserem Streit verlassen. Ich saß in Schreiberposition über eine Öllampe gebeugt und ging meine Aufzeichnungen aus dem vergangenen Jahr des Unterrichts bei Niuser durch. Ich lernte, bis meine Gedanken durcheinander irrten und mein Kopf zu rauchen begann. Gegen Mitternacht löschte Baketamun oft ungefragt meine Lampe, weil sie schlafen wollte. Ich saß dann im Dunkeln am Heiligen See und dachte über meine Zukunft nach, die so undeutlich vor mir lag wie Nebel über dem Hapi.

      Mein nächstes Ziel waren die Prüfungen zum Schreiber, die wenige Tage vor Jahresende stattfinden würden. Wenig später würde ich die Weihe zur Priesterin empfangen. Danach wollte ich für zwei weitere Jahre im Tempel bleiben. Ich hatte mich für das Studium zum Architekten entschieden. Gegen den Widerstand der Tempelverwaltung hatte ich mich in die Liste der Studenten eingetragen.

      Am Tag der Prüfung erhob ich mich zeitig, wusch mich im Heiligen See und nahm an den Morgenriten teil. Dann ging ich mit meiner Schreibunterlage zu Niuser, um die Prüfung zu absolvieren. Die Schüler wurden einzeln geprüft, ich war die letzte aus der Gruppe, die er mit seinen Fragen quälte.

      Die Prüfung beinhaltete alle behandelten Themen des vergangenen Jahres. Niuser stellte mir Fragen zur Hierarchie in den verschiedenen Ministerien, zur Zusammenarbeit diverser Staatsämter, zu den Handelsbeziehungen von Kemet und präsentierte mir Rechtsfälle, die ich beurteilen sollte. Bei der Militärgeschichte zeigte er sich zurückhaltend, während er mir viele Fragen zu den Staatsformen unserer Nachbarstaaten Amurru und Sumer stellte. Es war Mittag, als er mich in meine Zelle schickte. Zwei Stunden wartete ich, bis ich wieder gerufen wurde.

      Im Sonnenhof des Tempels verkündete Niuser die Ergebnisse der Prüfungen aller Schüler. »Ungefähr die Hälfte von euch hat bestanden!« Wer hatte nicht bestanden? Die meisten Blicke richteten sich auf mich. »Um genau zu sein, haben achtzehn von euch die Prüfungen nicht bestanden.«

      »Wer?«, kam die Frage aus der Runde.

      »Du zum Beispiel, Khai!«

      Khai sah betroffen zu Boden. In den letzten Wochen nach dem Weggang von Senenmut war er mein Freund geworden. Aber er war nur einer von achtzehn anderen.

      Jeden Augenblick rechnete ich damit, meinen Namen zu hören, aber Niuser fuhr fort: »Aber was soll ich mich damit abgeben, die Verlierer in diesem Spiel zu erwähnen? Ich sage euch nun, wer seine Karriere als Schreiber fortsetzen wird!« Langsam ging er an der langen Reihe von Schülern vorbei.

      »Du hast bestanden, und du und du auch.« Die Gesichter der drei Angesprochenen entspannten sich. Niuser ging weiter in der Reihe.

      Ich hatte nicht mitgezählt und dachte schon, die Aufzählung der Namen wäre vorbei. Enttäuscht hatte ich mich abgewandt und wollte den Säulenvorhof verlassen. Meine Karriere als Schreiber schien beendet, bevor sie begonnen hatte. Was sollte ich nun anfangen?

      »Nefrit, willst du schon gehen?«

      Ich drehte mich um. Meine Mitschüler sahen mich erwartungsvoll an.

      »Hast du nicht gehört, was ich eben gesagt habe, Nefrit?«

      »Bitte entschuldige, Niuser, ich war in Gedanken.«

      »Das warst du in letzter Zeit häufig. Aber das hat dich, Thot sei Dank, nicht davon abgehalten, die Prüfung zu bestehen.«

      Bestanden? Ich wusste nicht, wie mir geschah, als mir ein Mitschüler nach dem anderen um den Hals fiel und mich küsste und beglückwünschte.

      Meine Initiation zur Priesterin fand kurz vor den fünf dunklen Tagen am Jahresende statt.

      Nach den Abendriten legte ich die Kleidung der Tempeldienerinnen an, steckte meine langen Haare hoch und begab mich mit einem Priester Dritten Grades in die Heilige Halle.

      Ich war mit meinen beinahe sechzehn Jahren noch so jung, dass ich wirklich gern glauben wollte. Es wurde behauptet, dass Ptah sich bei der Weihe jedem Priesterkandidaten offenbarte und zu ihm oder ihr spreche. Ich hatte in den letzten Tagen die unglaublichsten Geschichten über göttliche Offenbarungen gehört und machte mir meine eigenen Gedanken.

      Den ganzen Tag hatte ich weder gegessen noch getrunken, um mich für den Gott zu reinigen. Zitternd vor Aufregung folgte ich dem Priester durch das Tempeltor, und die wirkliche Welt blieb hinter mir zurück. Ich hatte Angst. Dies war etwas, das ich mit meinem Verstand nicht kontrollieren konnte. Hier sollte etwas geschehen, dem ich ohnmächtig gegenüberstand.

      Der Priester wies mir den Platz zu, an dem ich die Nacht mit dem Gott verbringen sollte. Ich breitete meine Schilfmatte direkt vor dem Allerheiligsten aus und nahm in Schreiberposition Platz. Er verschwand, das Licht nahm er mit.

      Stundenlang saß ich in der Dunkelheit, die mich wie ein schwarzes Tuch einhüllte. Ich dachte an Djedef, den ich seit Tagen nicht gesehen hatte. Ob er sich mittlerweile mit einer anderen vergnügte? Dann dachte ich über meine Zukunft nach, an die bevorstehende Neujahrsprozession, die ich dann bereits als Priesterin begleiten durfte. Wenn ich die Begegnung mit dem Gott überstand.

      Ich zuckte


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