Dämonentreue. Dagny Kraas

Dämonentreue - Dagny Kraas


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Sein König hob eine Hand und schien zu lauschen. Cridan folgte seinem Beispiel.

      Eine Weile war alles still, doch dann hörte er die Geräusche von verstohlenen Schritten auf dem Pflaster.

      Cridan war mit einem Satz auf den Füßen, presste sich an die Bretterwand und spähte durch eine der Ritzen hinaus.

      Mattes Mondlicht erhellte den wie ausgestorben daliegenden Hafen. Niemand war zu sehen. Erneut drangen Schritte an sein Ohr, dazu leises Rascheln wie von Kleidern. Und dann prallte Cridan erschrocken zurück: Aus dem Schatten des Lagerhauses, bisher durch den ungünstigen Winkel seines Sichtfeldes für ihn nicht zu entdecken, waren unvermittelt mehrere dunkle Gestalten aufgetaucht und näherten sich mit raschen Schritten der Tür.

      Hastig wich Cridan von der Wand zurück, tiefer ins Lagerhaus hinein, und zerrte Tiko kurzerhand mit sich. Hinter einem Stapel Kisten gingen sie in Deckung.

      Jemand fasste nach der Tür und versuchte, sie aufzuziehen, doch der Riegel, den Tiko vorgelegt hatte, verhinderte es.

      »Verdammte Scheiße«, fluchte eine raue Stimme von draußen, »was soll das denn? Hast du Frinn nicht gesagt, er soll offen lassen?«

      Erneut wurde an der Tür gerüttelt.

      »Natürlich habe ich ihm das gesagt«, knurrte ein zweiter. »Und er hat mir versichert, die Tür wäre offen. Wir müssten einfach nur rein spazieren und uns das Zeug holen!«

      »War wohl nichts«, gab der erste zurück. »So eine Scheiße! Wenn ich Frinn in die Finger kriege, schneide ich ihm die Ohren ab!«

      »Immer mit der Ruhe«, brummte eine dritte Stimme. »Möglicherweise hat auch jemand anders die Tür verschlossen. Vielleicht ist dem Hafenmeister was aufgefallen.«

      »Dem Hafenmeister bezahlen wir eine Menge Geld, damit ihm nichts auffällt«, behauptete ein vierter. Er klang tiefer, gelassener, aber auch bedrohlicher als die anderen. »Der sitzt schon seit Stunden in Lillas Kneipe und lässt sich volllaufen. Nein. Frinn hat uns gelinkt!«

      »Was für ein dummer Einfall«, bemerkte eine weitere, fünfte Stimme. »Lass mich mal sehen. Vielleicht haben wir Glück.«

      Unruhe entstand vor der Tür, und dann beobachtete Cridan, wie eine schlanke Messerklinge durch den Spalt zwischen Türblatt und Rahmen geschoben wurde. Jemand versuchte, den Riegel anzuheben – doch Tiko war sorgfältig gewesen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen gab der Mann auf.

      »Tut mir Leid. Jemand hat das Ding gewissenhaft verriegelt. Ohne Gewalt kommen wir da nicht rein.«

      »Und was machen wir jetzt? Sollen wir umkehren?«

      Die sechste Stimme, zählte Cridan in Gedanken. Mindestens ein halbes Dutzend Männer stand vor der Tür!

      »Einen Scheiß werden wir«, gab der Mann mit der dunklen Stimme zurück. »So ein lächerlicher Riegel hält mich nicht auf! Gesher, komm her! Es gibt Arbeit für dich.«

      Ein zustimmendes, tiefes Grollen erklang.

      »Warte mal«, mischte sich einer der anderen ein. »Wenn Gesher die Tür aufbricht, macht das doch Lärm!«

      »Lässt sich nicht vermeiden«, entgegnete die dunkle Stimme. Cridan hielt ihren Besitzer für den Anführer der Gruppe, und die nächsten Worte bestätigten ihn: »Ich gehe hier nicht weg ohne meine Ware. Und die liegt da drin«, er pochte gegen die Tür. »Frinn wird es noch verdammt Leid tun, dass er sich nicht an unsere Absprache gehalten hat – aber darum können wir uns erst später kümmern.«

      »Das heißt, ich darf ihm die Ohren abschneiden?« Die Stimme des ersten Mannes zitterte vor Begierde.

      »Du wirst ihn in Scheiben schneiden dürfen«, antwortete der Anführer. »Ob du mit seinen Ohren anfängst oder aufhörst, ist mir gleichgültig, aber vor allem wirst du ihm die Eier abschneiden.«

      Cridan verzog das Gesicht.

      »Und jetzt will ich da rein. Brash, du sicherst die Umgebung. Nimm dir sechs Mann mit und sieh zu, dass die Wachen auf ihren Schiffen bleiben. Wer meint, er muss unbedingt einen Blick riskieren, kriegt die freundliche Einladung, unter Deck zu verschwinden.«

      »Mit freundlich meinst du freundlich?« vergewisserte sich der Angesprochene in verunsichertem Tonfall – eine siebte Stimme.

      Verdammte Scheiße, ging es Cridan durch den Kopf. Wie viele sind das da draußen?

      »Nein, verflucht!« schnappte der Anführer. »Natürlich nicht! Haltet ihnen ein Messer an die Kehle und macht ihnen klar, dass sie im Hafenbecken schlafen können, wenn sie zu neugierig sind! Und das gleiche gilt für jeden anderen Dummkopf, der hier auftaucht! Und jetzt geht endlich!«

      Rasche Schritte entfernten sich, als die Männer dem Befehl gehorchten.

      »Gesher – du bist dran!«

      Cridan sah den plumpen Schatten durch die Lücken der Bretter und duckte sich instinktiv tiefer hinter die Kisten. Im nächsten Augenblick gab es ein lautes Krachen, als Gesher mit aller Gewalt gegen die Tür rannte und sie aus den Angeln sprengte.

      Ein Koloss von einem Mann taumelte in das dunkle Lagerhaus, blieb stehen und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

      Cridan hielt unwillkürlich den Atem an: Gesher war ein Riese. Er musste beinahe so groß sein wie er selbst und war dabei unglaublich massig. Seine Oberarme waren so breit wie die Oberschenkel eines normalen Mannes, und sein Schatten verdeckte die gesamte Öffnung der Tür.

      »Gut gemacht, Gesher«, hörte er die Stimme des Anführers. »Braver Junge. Und nun lass mich durch.«

      Gesher brummte, drehte sich um und machte Platz für einen deutlich kleineren Mann, dessen Bewegungen Cridan jedoch sofort verrieten, dass er hier einen erfahrenen Kämpfer vor sich hatte.

      Er zwang sich zur Ruhe. Wenn sie Glück hatten, würden die Männer wissen, wonach sie suchten, und schnell wieder verschwinden. Er hatte keine Lust, sich im Dunkeln mit einer Horde Schmuggler, Straßenräuber oder was auch immer diese Kerle waren, anzulegen.

      »Los jetzt«, befahl der Anführer, »sucht die Kisten! Sie müssen hier irgendwo stehen! Und beeilt euch.«

      Mehr Männer drängten durch die Tür. Cridan zählte, den Anführer und Gesher nicht mitgerechnet, noch neun weitere.

      Einen Augenblick herrschte Stille, als die Männer sich in der Finsternis umsahen. Ein Rascheln und Schaben erklang, und dann wurde es unvermittelt hell im Lagerhaus, als die Blenden von mehreren Laternen zurückgezogen wurden. Ihr Schein fiel auch auf den Platz, an dem Cridan und Tiko kauerten – und Tiko war nicht schnell genug: Bevor er in den Schatten zurückweichen konnte, glänzte ein Lichtstrahl auf seinen Schuppen.

      »Was war das?« Der Kopf des Anführers ruckte herum.

      »Was war was?« fragte ein anderer.

      »Na, da hinten, bei den Kisten! Hast du das nicht gesehen? Es war hell, als ob…«

      »Ich hab‘s auch gesehen«, meinte einer der anderen. »Leuchte doch noch mal. Es sah beinahe aus wie Gold.«

      »Gold?« In der Stimme des Anführers schwang plötzlich Gier. »Wir hatten zwar die Abmachung, nichts anderes mitzunehmen, aber Gold… Und schließlich war Frinn derjenige, der sich nicht an unsere Absprache gehalten hat. Gib die Laterne her!«

      Cridan fluchte innerlich. Seine Hoffnung, die Männer würden das Lagerhaus so schnell wie möglich wieder verlassen, war dahin. Und jetzt saßen sie in der Falle. Links war ihre Deckung zu Ende, zur Rechten stapelten sich hohe Kisten, die bis an die Wand heranreichten, und hinter ihnen war die Bretterwand des Hauses.

      Er hatte keine Wahl.

      Seine Linke glitt an den Stiefel und zog den schmalen Dolch aus dem Schaft, während er sich mit der Rechten auf dem Boden abstützte und zum Angriff bereit machte. Jeden Augenblick musste der Mann die Kisten erreicht haben. Und der Anführer war der gefährlichste von allen – abgesehen von Gesher, der allein durch seine Größe schon


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