Dämonentreue. Dagny Kraas

Dämonentreue - Dagny Kraas


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er. »Dennoch… Ich kenne dich jetzt schon so viele Jahre, und manchmal vergesse ich, wer du warst. Skatarhaks ficha'thar.«

      Er holte tief Luft.

      »In solchen Momenten wie eben weckst du selbst in einem T‘han T‘hau wie mir Entsetzen und Furcht.«

      Cridan lachte leise.

      »Ja, Tiko. Das weiß ich. Und das ist einer der Gründe, warum ich überhaupt noch lebe.«

      Er stieß sich von der Reling ab.

      »Würdest du mir den Gefallen tun und das Steuer übernehmen?«, bat er Tiko. »Ich will mich mit Mert unterhalten.«

      4. Kapitel – Merts Geschichte

      Mert schien froh zu sein, als Tiko ihm anbot, das Steuer zu übernehmen. Er trat seinen Platz bereitwillig an den T'han T'hau ab, bevor er sich unter dem Segel hindurch duckte und die Treppe ins Unterdeck hinabsteigen wollte.

      Cridan hielt ihn zurück: »Mert! Wartet einen Moment!«

      Mert hielt inne und drehte sich zu ihm um. Sein Gesicht war verschlossen, doch Cridan sah den verunsicherten Blick, den er ihm zuwarf.

      »Was ist?«

      Cridan musterte ihn einen Moment lang.

      »Ich würde mich gern mit Euch unterhalten«, sagte er dann.

      Mert gab einen undefinierbaren Laut von sich. »Ich bin müde«, entgegnete er. »Ich würde gerne schlafen. Von mir aus können wir danach…«

      »Ihr könnt noch lange genug schlafen«, unterbrach Cridan ihn. »Diese Überfahrt wird Wochen dauern, und ein paar Stunden mehr, die Ihr wach bleibt, werden Euch nicht umbringen.«

      Mert zuckte unter Cridans letzten Worten sichtlich zusammen.

      »Und worüber wollt Ihr reden?« fragte er, mühsam beherrscht.

      Cridan zuckte mit den Schultern. »Mir fallen eine Menge Dinge ein. Aber fangen wir vielleicht mit der Sache im Lagerhaus an.«

      Mert machte ablehnend einen Schritt zurück. »Ich glaube nicht, dass ich wissen will, was dort passiert ist.«

      Cridan sprang vom Vorschiff zu ihm hinunter.

      »Nicht? Das glaube ich Euch nicht.« Er beugte sich vor und sah Mert scharf an. »Natürlich wollt Ihr es wissen. Aber Ihr habt Angst davor.«

      Dieser Satz war zu viel. Merts Beherrschung zerbrach.

      »Bei allen Göttern, Cridan, wundert Euch das?« stieß er hervor. »Seht Euch doch nur einmal an! Ihr… Ihr seht aus wie ein… wie ein…« Er rang nach Worten. »Wie ein verfluchter Dämon! Wie ein Dämon, der gerade ein Dutzend Menschen in Stücke gerissen hat! Seht Euch an! Wie könnt Ihr glauben, dass ich auch nur ein Wort mit Euch reden wollte?«

      Cridan blickte an sich hinunter.

      Mert hatte Recht: Er sah fürchterlich aus. Er war von Kopf bis Fuß mit Blut, Knochensplittern und anderen angetrockneten Resten des Kampfes besudelt, sein Hemd hatte einen langen Riss am rechten Oberarm, der Ärmel war mit Blut durchtränkt, und auf beiden Hosenbeinen sah man nur zu deutlich die Abdrücke seiner eigenen Hände, wo er sie auf dem groben Stoff abgewischt hatte.

      »Gut«, sagte er nach einer Weile und nickte. »Ich sehe aus wie jemand, der vor ein paar Stunden achtzehn Männer getötet hat – getötet, nicht in Stücke gerissen. Aber wisst Ihr was, Mert?«

      Er brachte sein Gesicht so nah an das des anderen Mannes, dass Mert seinen Atem auf der Haut spüren musste, und bleckte die Zähne.

      »Nur der Tatsache, dass ich genau das getan habe, verdanken wir unser Leben«, knurrte er gefährlich leise. »Und wenn ich sage, ich will mit Euch reden, dann werde ich das auch tun! Habt Ihr verstanden?«

      Mert war blass geworden. Cridan konnte seine Furcht riechen.

      Abrupt richtete er sich wieder auf und machte eine Geste auf die Treppe. In seinem Tonfall lag nichts Bedrohliches mehr, als er vorschlug: »Geht nur voran. Ich folge Euch.«

      Als Mert weiterhin zögerte, trat er an ihm vorbei und ging die Treppe hinunter, den Kopf eingezogen, um sich nicht an dem niedrigen Durchgang zu stoßen.

      »Kommt schon, Mert«, sagte er spöttisch. »Ich werde Euch nichts tun. Ich möchte bloß mit Euch reden.«

      In der Enge des kleinen Raumes war es unmöglich, Merts Anspannung und Nervosität nicht wahrzunehmen.

      »Setzt Euch«, lud Cridan ihn freundlich ein. »Ich werde sehen, ob ich etwas zu trinken für uns finde. Wenn ich mich nicht irre, habe ich in den Schränken hier ein paar passende Dinge gesehen.«

      Er öffnete nacheinander die Türen der kleinen, in die Bordwand eingepassten Schränke, bis er die Krüge fand, die mit einem Korken fest verschlossen waren. Einen davon öffnete er und schnupperte.

      »Riecht gut«, entschied er, nahm noch zwei Zinnbecher aus dem Vorrat und stellte sie in die Vertiefungen des schmalen Tisches. Dann goss er in beide Becher einen ordentlichen Schuss und nahm Mert gegenüber Platz.

      »Auf eine gute und ruhige Überfahrt«, sagte er, hob seinen Becher und sah Mert abwartend an.

      Mert rührte sich lange nicht, doch schließlich streckte er die Hand aus, nahm das Trinkgefäß hoch und nickte. Seine Finger zitterten merklich. »Auf eine ruhige Überfahrt.«

      Sie tranken. Der Schnaps war gut und stark, und Cridan spürte beinahe sofort die beruhigende Wirkung.

      Eine Weile blieb es still im Schiff.

      Cridan beobachtete Mert über den Rand des Bechers und stellte belustigt fest, dass Mert das gleiche tat, wobei er unruhig auf der Bank hin und her rutschte und einen Schluck nach dem anderen nahm.

      Nach einer Weile schien der andere Mann es nicht mehr auszuhalten.

      »Ihr wolltet reden! Dann tut es auch, damit ich endlich schlafen gehen kann!«

      Cridan setzte seinen Becher ab, ließ die Hände locker in den Schoß fallen und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.

      »Keine Sorge«, antwortete er mit einem kleinen Lächeln. »Ich werde Euch nicht alle Fragen heute stellen. Wie ich schon sagte, wir haben noch reichlich Zeit auf der Überfahrt.«

      Er trank einen Schluck.

      »Vorweg jedoch eine kurze Bemerkung zu dem, was in dem Lagerhaus passiert ist.«

      »Ich sagte doch, ich will das nicht wissen!« fuhr Mert auf. »Ich habe das Ergebnis gesehen! Das reicht mir!«

      »Nein«, widersprach Cridan hart. »Das reicht nicht.«

      Er machte eine kurze Pause.

      »Ich werde Euch mit Einzelheiten verschonen«, sagte er dann. »Die Männer sind in das Lagerhaus eingedrungen. Schmuggler, Räuber oder etwas in der Art. Ich habe nicht die Zeit gefunden, sie danach zu fragen. Meine Absicht war, versteckt zu bleiben, bis sie wieder verschwinden würden, doch leider wurde unser Versteck entdeckt. Von dem Punkt an waren verschiedene Dinge denkbar. Zum ersten: selbst erschlagen zu werden. Bei einem Verhältnis von achtzehn zu zwei kein ganz unwahrscheinliches Ergebnis. Und dann? Zwei tote Dämonen in einem Lagerhaus am Hafen! Das hätte mit Sicherheit die Runde gemacht, und im Zweifelsfall bis nach Gantuigh. Was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass man den Kontinent nach weiteren von uns durchkämmt hätte. Nicht gut. Gar nicht gut! Zweitens: Ich hätte mir zugetraut, genug Männer niederzuschlagen, um fliehen zu können, jedoch mit der Sicherheit, danach entdeckt zu sein und verfolgt zu werden. Und ich denke, eine Horde gieriger Straßenräuber auf den Fersen zu haben, ist auch nicht unbedingt das, was Ihr Euch erträumt. Davon abgesehen, dass das ebenso eine Suche nach weiteren Dämonen ausgelöst hätte.«

      Er leerte seinen Becher in einem einzigen Zug.

      »Drittens: Jeden töten, der uns gesehen hat oder der uns zur Gefahr werden könnte.«


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