EQ-Training. Peter Schmidt

EQ-Training - Peter Schmidt


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was überhaupt vorkommt. Also nicht nur konkrete Gegenstände, sondern auch Eigenschaften, Beziehungen, Verhältnisse, Entwicklungen. Und dazu zählen alle Arten von Wahrnehmungen und Erfahrungen, also auch Gedanken, Vorstellungen und Erinnerungen.

      Lediglich in solchen geflügelten Worten wie »Schön ist was gefällt« oder »alles Geschmacksache« spiegelt auch die Alltagssprache einen gewissen Zweifel an der schlichten Gleichsetzung von Wertvollsein und den Objekten wider, die als wertvoll oder wertlos erlebt oder beurteilt werden. In ähnlicher Weise wird deutlich, dass die Dinge unmöglich allein das sein können, was unsere Werterfahrung ausmacht, wenn wir sagen, wir hätten zu irgend etwas »keine Lust« oder seien nicht »in der Stimmung« dazu.

      Hier zeigt sich bereits deutlich die Abhängigkeit unserer Werterfahrung von einer subjektiven Komponente. Aber was ist diese Komponente?

      6 Leben ohne Gefühle?

      Stellen wir uns den Bewohner eines fremden Planeten vor, der nur über eine fotografische Abbildung der Wirklichkeit verfügt. Seine Wahrnehmung gleicht im Prinzip den Aufnahmen einer Filmkamera. Der Bewohner dieses fremden Sterns kehrt abends genauso wie wir von der Arbeit heim, um seinen Feierabend zu genießen

      Hier sollten wir umgehend protestieren und feststellen, dass dies gar nicht möglich ist. Man genießt seinen Feierabend nicht, wenn man nur fotografisch wahrnimmt. Man nimmt wahr, nichts weiter. Jemand, der lediglich abbilden kann, hat keine Werterfahrungen und kann folglich auch nicht seinen Feierabend genießen. Woran liegt das? Was fehlt ihm zu seinem »Glück« oder »Unglück«?

       Der Grund für sein fehlendes Wertempfinden liegt darin, dass er keine Gefühle besitzt.

      Statten wir unseren Bewohner eines fernen Planeten nun noch zusätzlich mit den übrigen Sinneswahrnehmungen wie Hören, Riechen, Schmecken und Empfindungen aus (Tastsinn, Wärme, Kälte usw.), so ändert das auch nichts daran, dass er seinen Feierabend immer noch nicht genießen kann.

      Sein Genuss liegt niemals nur allein darin, dass er Töne hört und Gerüche wahrnimmt oder etwas als kalt oder warm erkennt. Dieselbe Wärme von – sagen wir zwanzig Grad – kann je nachdem als angenehm oder unangenehm empfunden werden.

       Angenehm- oder Unangenehmsein sind also Faktoren, die sich von der Empfindung – wie auch von allen anderen Wahrnehmungen – unterscheiden.

      Genau diesen Faktor, diesen Aspekt in unseren Erfahrungen, nennen wir – neben weiteren Tönungen unserer Erfahrung, wie z.B. Lustigsein, Fröhlichsein, Schaurigsein – »Gefühl«.

      Das Angenehm- oder Unangenehmsein, das sich in den Gefühlen zeigt, kann alle Arten von Wahrnehmungen begleiten: also auch Sinneswahrnehmungen und Körperempfindungen, Erinnerungen und Vorstellungen.

      Fügen wir nun den Fähigkeiten unseres Außerirdischen als weitere Komponente noch das Denken hinzu. Ändert sich etwas an seiner Genussfähigkeit, wenn er imstande ist, über die Dinge nachzudenken?

      Nein, denn er kann denken, was immer er will. Er kann sein Denken in die Form eines Werturteils bringen, wie etwa: »Dies ist ein wundervoller Feierabend, und ich habe ihn wirklich verdient!« – Aber wenn sich diesem nur gedanklichen und sprachlichen Werturteil nicht das Genießen beigesellt, das im angenehmen Gefühl liegt, handelt es sich um bloße Werturteile, und nicht um Werterfahrungen. Wir könnten auch sage, jemand meine etwas nur, erfahre es aber nicht wirklich.

      Dies gilt auch für Werte als Mittel, die über das Denken erfasst werden und deren Wertvollsein man leicht für unabhängig von Gefühlen halten könnte.

      Denn der Wert der Mittel – z. B.: Antibiotika, Kleidung, Geld, Werkzeuge, Gesetze, Verhaltensregeln – lässt sich nur begründen, wenn wir irgendwann an ein Ende mit der Frage kommen, warum etwas wertvoll ist. Aus einsichtigen Gründen bedarf es dabei eines Wertmoments, das hinsichtlich seines Wertvollseins selbst nicht weiter hinterfragt werden muss, sondern bei dem

       das Wertvollsein evident ist.

      Jede andere Art der Wertbegründung würde zum »unendlichen Regress« führen. Anders ausgedrückt: Wir könnten bis in alle Unendlichkeit weiterfragen, warum etwas wertvoll ist und kämen niemals an ein Ende. Das ist aber offensichtlich nicht erforderlich, weil es in unserer Erfahrung etwas gibt, das seinen Wert ganz augenscheinlich zeigt.

      Dieses letzte Wertmoment, das sich evidenterweise aus sich selbst heraus als wertvoll erweist und damit auch den Wert der Mittel begründet (weil sie zu ihm hinführen müssen, um überhaupt wertvoll zu sein), ist das positive Gefühl.

      Tatsächlich leben wir jedoch in »Wertwelten«, bei denen es sich oft um schlichtes »Wertmeinen« handelt. Man kann hier von »verkopften« Werten reden, an denen sich in der Analyse kein eigentliches Wertmoment zeigt, die also auf bloßem Wollen oder Meinen beruhen. Und ein großer Teil solcher verkopften Werte führt sowohl im Privatleben wie auch in Gesellschaft und Politik zu katastrophalen Ergebnissen.

      »Wertobjektivismus« kann neben Egoismus, Gier und Gleichgültigkeit, neben Abneigung, Hass, Aggressivität, den Bestrafungsobsessionen und der Lust am Bösen als eine der großen Quellen des Leidens angesehen werden – trotz Zeitalter der Aufklärung eine weitgehend unbekannte und immer wieder unterschätzte Quelle.

       Vergl. dazu auch:

       http://peter-schmidt-philosophie-wertproblem.blogspot.de/ und Peter Schmidt: Mythos Emotionale Intelligenz 2010, Druckfassung; zweite, erweiterte Auflage: eBook: 2013

      7 Was bedeutet »Gefühl«?

      Gefühle werden gemeinhin als innere Phänomene besonderer Art angesehen, die sich von Wahrnehmungen, Empfindungen, Vorstellungen, Gedanken, Erinnerungen, Absichten usw. wie auch dem inneren Sprechen unterscheiden. Als ausschließlich innere Phänomene, weil kaum jemand, außer vielleicht in animistischen Religionen oder Weltanschauungen, glaubt, die reale Außenwelt sei von Gefühlen beseelt.

      Ebenso wenig ist ein nur innerlich gesprochener Satz, wie z. B.: »Ich bin müde«, »Ich bin eifersüchtig« bereits dem Gefühl des Müdeseins oder der Eifersucht gleichzusetzen. Gefühle sind also keineswegs nur sprachlich gefasste Gedanken.

      Gefühle können grob und stark oder so subtil und schwach sein, dass sie als solche zwar in gewissem Sinne unbemerkt bleiben, weil sie nicht im Brennpunkt der Aufmerksamkeit liegen, aber trotzdem erlebt werden, also nicht im echten Sinne unbewusst sind.

      Im ersteren Fall bezeichnen wir sie als Emotionen oder Affekte (Wut, Hass, Ärger). Das positive oder negative Gefühl kann mit sämtlichen Erfahrungsobjekten eine Verbindung eingehen, auch mit unseren sprachlich gefassten oder nonverbalen Gedanken. Gefühle, die unser Befinden wie eine überall durchscheinende Färbung prägen, werden Stimmungen genannt.

      Gefühle mögen ihre jeweils eigenen Qualitäten oder Tönungen haben oder nicht, sie mögen schwach oder stark, bewusst oder weniger bewusst sein – sie vermitteln uns immer etwas, das negativ oder positiv, anziehend oder abstoßend, lustvoll oder unlustbetont ist, kurz: als angenehm oder unangenehm erlebt wird. Und dieser Faktor stellt offenkundig ihre wesentliche Funktion dar.

      Es ist wichtig, sich die herausragende Rolle der Gefühle klarzumachen, wenn man sein Bewusstsein verändern will. Ohne etwas, das uns – sei es nun für sich allein betrachtet oder in Verbindung mit anderen Objekten, die keine Gefühle sind – attraktiv oder unattraktiv und hier in der Regel angenehm oder unangenehm erscheint, wären wir wie jener nur fotografisch abbildende Bewohner eines anderen Planeten: nichts weiter als wahrnehmende Roboter.

       Gerade auch im Angenehmsein oder Unangenehmsein der Gefühle zeigen sich uns die Werte. Viele andere Werte sind nur vermittelt


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