Der Sklave des Königs. R.S. Volant
zu, aber nichts geschah. Schließlich schlief auch er ein.
Kurz vor Sonnenaufgang kam Sebastian und weckte ihn. „Los, steh auf", flüsterte er, „und sei leise!" Amanoue rieb sich verschlafen die Augen und gähnte erst einmal herzhaft. Er war nicht daran gewöhnt, so früh aufzustehen und so blieb er noch einen kurzen Moment liegen. Erst als Sebastian ihn grob an der Schulter rüttelte, stand er seufzend auf, nahm seine Kleider und folgte dem Diener. Im vorderen Teil des Zeltes zog er sich an. „Das reicht", brummte der Alte, als Amanoue noch die Tunika über sein Hemd ziehen wollte. „Jetzt komm!" Sie liefen durch das halbe Lager, indem bereits geschäftiges Treiben herrschte. Es dämmerte bereits und am Horizont war schon ein breiter, heller Streifen zu sehen. Kein Wölkchen stand am Himmel und es würde wieder ein heißer Tag werden, als sie endlich das Zelt des Schmiedes erreichten. Er packte gerade ein paar Sachen zusammen, Sebastian trat zu ihm, redete mit ihm und deutete dabei auf Amanoue, dann kam er wieder zu dem zurück. „Wenn du fertig bist, kommst du sofort zurück zum Zelt! Hast du verstanden?!" „Bleibt Ihr nischd?", fragte Amanoue und sah Sebastian ängstlich an. „Stell dich nicht so an! Ich muss zurück und den König wecken!", antwortete der, drehte sich um und eilte auch schon davon. „Na dann, komm mal her, Schätzchen", rief der Schmied und grinste ihn dabei merkwürdig an. Amanoue schluckte und trat nur zögerlich zu ihm. „Zieh dein Hemd aus", befahl der Schmied barsch, „und setz dich da drauf!" Er zeigte auf einen Schemel und Amanoue gehorchte. Der Schmied sah ihn geradezu lüstern an und starrte auf seine harten, kleinen Brustwarzen. „Hast ja noch gar keine Titten", sagte er spöttisch, packte ihn grob am Oberarm und umfasste ihn mit seiner Pranke als ob er Maßnehmen wollte, ging zur Schmiede und begann damit, ein Armband zu fertigen. Der König hatte ausdrücklich verlangt, dass es aus Gold sein sollte und nach einer Weile kam er zurück und legte Amanoue ein breites, schöngearbeitetes Armband um. „Zu groß", murmelte er und stampfte damit wieder zur Schmiede, um es zu ändern. Dann kam er wieder und legte es ihm erneut an. „Halt`s fest", sagte er und holte eine Zange aus seiner Schürze. Amanoue hielt mit seiner linken Hand das Armband, das um seinen rechten Oberarm lief und betrachtete es beinahe staunend, denn es war wirklich schön und feingearbeitet und umschlang seinen zierlichen Arm wellenförmig. Beide Enden waren s-förmig gebogen, erinnerten an eine Schlange und in der Mitte des Armbandes konnte man das Wappen des Königs erkennen, den geflügelten Löwen von Austrien. Der Schmied packte ihn wieder grob und riss ihn plötzlich hoch. Amanoue blickte ihn
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erschrocken an, der Schmied grinste, schob ihn ein wenig zurück, nahm die Zange, legte sie an beide Enden des Armbandes und zwickte zu. Augenblicklich schrie Amanoue auf, vor Schmerz, denn die Zange hatte nicht nur das Gold, sondern auch seine Haut erwischt. Durch die heftige Bewegung, die er gemacht hatte, riss sie nun auch noch auf und Blut lief ihm, in mehreren dünnen Fäden über den Arm. Der Schmied stand nur da und lachte gemein. Seine Haut glänzte fettig und sein Atem stank fürchterlich, während er ihn immer noch festhielt und ihn jetzt ganz nah an sich heranzog. „Oh, hab ich dir wehgetan", grinste er schmierig und steckte die Zange unter seine Lederschürze. Er umfasste mit seiner Pranke das Armband und drückte zu. Vor Schmerzen sank Amanoue in die Knie, doch der Schmied ließ nicht los. Die Kanten des Armbandes schnitten tief in seine zarte Haut und über Amanoues Lippen kam erneut ein Schrei. „Du magst es, wenn man dir wehtut, deine Sorte kenn ich!", raunte der Schmied, leckte Amanoue über die Wange und fuhr ihm mit der anderen Hand dabei zwischen die Beine, bevor er ihn endlich losließ und nochmals dreckig lachte. Amanoue nahm sein Hemd und rannte davon. Es war inzwischen hell und die Sonne schien bereits wieder warm vom Himmel. Die meisten Zelte waren schon abgebaut und der Tross des Königs hatte sich bereits zum Aufbruch fertig aufgestellt. Amanoue hatte sein Hemd wieder angezogen und der rechte Ärmel war voller Blut. Er suchte schon eine Weile verzweifelt nach einem bekannten Gesicht und Panik stieg in ihm auf, als er niemanden erkannte, während er an den Reihen der Soldaten entlanglief und sich vorkam, wie ein herrenloser Hund. Endlich erblickte er den Wagen der Diener des Königs, rannte darauf zu und kam völlig außer Atem an, denn der Zug hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Er schwitzte stark und sein Arm brannte wie Feuer, aber dennoch erleichtert sprang er hinten auf den Wagen auf, schwang sich hinein und freute sich fast, als er das mürrische Gesicht des alten Dieners sah. „Wo warst du so lang? Hast dich wieder herumgetrieben!", schimpfte der sofort wieder los und Amanoue wich seinem strengen Blick aus. Sebastians Stimme klang wütend, dann sah er auch noch das Blut auf Amanoues Ärmel. „Nun sieh dir nur an, wie du aussiehst!", rief er, „das schöne Hemd!" Amanoue spürte wie die Tränen in ihm aufstiegen und er schluckte einige Male heftig. „Ich kann doch nichts dafür", stammelte er leise und eine dicke Träne lief ihm über die Wange. „Naja, dann komm mal her und lass mich sehen", brummte Sebastian und winkte ihn zu sich. Amanoue rutschte zu ihm, kniete sich vor ihm hin und zog zögernd sein Hemd aus. „Großer Gott", kam es über Sebastians Lippen, als er Amanoues blutigen Arm sah. „Dieser grobe Dreckskerl, was hat er nur getan! Wäre ich doch bloß geblieben, dann wäre das nicht vorgekommen!", schimpfte er und schüttelte verärgert seinen Kopf. „Na komm, ich werde es dir verbinden“, raunte er dann wesentlich sanfter, säuberte Amanoues Arm und wickelte ein sauberes Tuch darum. „Das Hemd kannst du nicht mehr anziehen", sagte er fast freundlich
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und reichte ihm die alte Tunika. Amanoue zog sie über, kauerte sich zu Füßen des alten Dieners nieder und blieb einfach liegen. Sebastian sah ihn mitleidig an und strich ihm ein paarmal über den Kopf. „Hast es nicht leicht", sagte er, „armes Ding!" Amanoue fing an zu weinen, ganz leise und er wünschte sich, er wäre tot. Irgendwann schlief er ein und wurde erst wieder wach, als der Wagen ruckartig anhielt. Einer der beiden jüngeren Diener brachte ihm eine Schüssel mit süßem Brei, er aß sie leer, trank einen Becher Wasser und zog sich danach in eine Ecke des Wagens zurück. Er war total durchgeschwitzt, doch umso mehr er schwitzte, umso mehr füllte sich der kleine Innenraum des Wagens mit einem süßen Blumenduft, der an Veilchen erinnerte. Die Diener sahen sich erstaunt an und Sebastian atmete tief ein. „Es riecht nach Veilchen", flüsterte er und schloss die Augen, „wie in Austra, im Frühling."
Amanoue hatte den ganzen Tag zusammengerollt in der Ecke des Wagens verbracht und sich kaum bewegt, bis sie schließlich wieder anhielten, um das Nachtlager aufzubauen. Es war schon dunkel, als Sebastian zu ihm kam und ihn weckte. „Komm, der König erwartet dich", sagte er sanft, „es ist schon spät!" Amanoue kroch aus dem Wagen und streckte sich. Sein ganzer Körper schmerzte, doch er folgte ohne ein Wort, dem Diener nach. Als sie das Zelt des Königs betraten, war Henry bereits allein und er trug nur seinen Morgenmantel. „Da bist du ja endlich", sagte er ungeduldig. „Geh und wasch dich", raunte der alte Diener leise, schob Amanoue sanft an, der ging sofort nach hinten, zog sich aus und begann sich zu waschen. Kurz darauf kam Henry zu ihm und blickte auf seinen verbundenen Arm. „Sebastian hat mir erzählt, dass es dir nicht besonders gut ging. Naja, so schlimm wird es wohl nicht gewesen sein, hm?" „Ja, Herr", antwortete Amanoue tonlos. „Möchtest du etwas essen?", fragte Henry, doch Amanoue schüttelte den Kopf. „Danke Herr, aber ich bin nicht hungrig. Wenn ich vielleicht einen Becher Wein haben könnte?" Henry atmete tief ein, schenkte ihm einen Becher voll, reichte den ihm und Amanoue trank mit geschlossenen Augen einen großen Schluck. „Langsam", sagte Henry sanft, „sonst bist du gleich wieder betrunken und ich möchte heute noch etwas von dir haben." Er trat zu ihm und löste das Tuch, das Sebastian ihm um den Arm gebunden hatte. Augenblicklich trat er einen Schritt zurück. Amanoues Arm war blutunterlaufen und voller blauer Flecken, der schöne Armreif blutverkrustet und Henrys Augen verengten sich. „Dieses Schwein!", rief er, „Amanoue, ich schwöre dir, das habe ich nicht gewollt." Seine Stimme klang jetzt sanfter, er nahm ihn in den Arm und streichelte ihm zärtlich den Rücken. „Ich werde ihn bestrafen, das verspreche ich dir!", raunte er in sein Ohr, doch Amanoue löste sich
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aus der Umarmung und trank noch einmal einen tiefen Zug. Er mochte es mittlerweile, wenn der Wein ihm in den Kopf stieg und er die Welt um sich herum, wie durch einen Schleier wahrnahm. Henry war jetzt von hinten an ihn herangetreten und löste Amanoues, zu einem dicken Zopf geflochtenes Haar. Er fuhr immer wieder mit seinen Fingern hindurch und entwirrte Amanoues schönes, dunkelbraunes Haar, das im Kerzenschein rötlich glänzte. Es fiel ihm über den Rücken, bis zu seiner schlanken Taille hinab.