Die Frau des Kommissars. Mart Schreiber

Die Frau des Kommissars - Mart Schreiber


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heute.“

      Die Sitzplätze vor der Hütte sind alle besetzt. Gruppen von Schifahrern stehen herum und warten. Sie gehen hinein und finden mit Glück einen freien Platz, weil genau vor ihnen ein Paar aufsteht.

      Marlies wartet, bis Joe einen kräftigen Schluck vom Weißbier genommen hat. „Und jetzt?“

      „Bewiesen ist damit gar nichts. Wir bringen das Täschchen am besten zur nächsten Polizeistation. Die ist in Bad Mitterndorf, glaube ich.“

      „Aber kommt dir das alles nicht eigenartig vor. Der zweite Schifahrer muss doch eine Rolle gespielt haben.“

      „Wer weiß, ob der zur gleichen Zeit dort war. Du sprichst immer von einem Schifahrer. Es könnte auch eine Frau gewesen sein, oder?“

      „Warum hat ihr Geliebter, also dieser Kurt, nicht gemeldet, dass sie abgängig ist? Warum haben die im Hotel nicht angegeben, dass eine Frau fehlt?“

      „Eines ist klar. Die Polizei wird den Kurt befragen. Eine Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung könnte er schon

      ausfassen, wenn er keine gute Erklärung hat.“

      „Willst Du dich nicht um den Fall kümmern? Es muss ja kein Unfall sein. Vielleicht ist es sogar Mord.“

      „Aber Marlies. Immer deine Phantasie. Fahren wir zum Hotel ab. Ich möchte endlich aus dem verschwitzten Gewand kommen.“

      Kapitel 3 – Der Kommissar übernimmt

      Hubert sperrt den Wellnessbereich, so steht es protzig an der Tür, für sie auf. Marlies lässt Joe den Vortritt beim Duschen. Sie ist in Gedanken versunken und will Zeit gewinnen. Wo ist eigentlich das Gepäck von Anke? Das muss Kurt mitgenommen haben. Ist sie mit dem eigenen Auto gekommen? Dann müsste das doch noch am Parkplatz stehen. Oder Kurt hat es weggebracht, samt dem Gepäck. Kurt ist mehr als verdächtig. Er muss schamlos gelogen haben, um das Verschwinden seiner Geliebten zu vertuschen. Andererseits, warum ist er im Hotel geblieben? Klar, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Vielleicht hat es sogar erzählt, dass Anke krank ist. Hat ihn niemand gesehen, wie er alleine abgereist ist?

      „Dusche ist frei“, ruft Joe und trocknet sich mit einem von Hubert bereitgelegten Handtuch ab.

      „Oh, ein nackter Mann.“ Marlies geht auf Joe zu und greift ihm ans Glied. „Heute Abend müssen wir den Jahrestagsex nachholen.“

      Joe lacht und bleibt mit vorgestrecktem Becken stehen.

      „Dusch dich jetzt auch, bitte.“

      Sie treffen Hubert bei der Rezeption.

      „Sind Bram und Ana schon zurück?“

      „Sie haben grad angerufen. Wird noch a halbe Stund dauern.“

      Marlies stellt sich ganz nahe zu Hubert und lächelt ihn an.

      „Eine kleine Frage, Hubert.“

      „Das kenn ich schon. Gibt man einer Frau den kleinen Finger, ist man schon verloren.“

      „Im Ernst. Hat die Anke, ich meine die Frau, mit der Kurt da war, kein Gepäck zurückgelassen?“

      „Warum denn? Sie ist ja abgereist.“

      „Hubert. Jetzt ganz im Vertrauen. Die Tote vom Lawinenstein ist Anke. Das wissen wir jetzt zweifelsfrei.“

      Hubert runzelt die Stirn und schürzt die Oberlippe. Er kratzt sich am Kopf und bewegt ihn leicht hin und her.

      „Aha. Aber ich hab nichts damit zu tun. Und von einem Gepäckstück weiß ich auch nichts.“ Er dreht sich weg und geht Richtung Schiraum.

      Marlies holt ihr Ladegerät aus der Handtasche und steckt das Smartphone von Anke an.

      „Muss das sein?“, fragt Joe eher beiläufig. Er dürfte sich damit abgefunden haben, Marlies nicht bremsen zu können. Wie eine Ermittlerin hat sie sich dünne Handschuhe übergezogen.

      „Du, die letzten fünf Anrufe sind von diesem Kurt. Alle nicht angenommen. Der erste war nach fünfzehn Uhr am Unfalltag. Da konnte sie nicht mehr abheben, weil sie vermutlich schon tot war. Aber warum hat er sie dann angerufen? Zuletzt dann am Freitagmorgen. Vielleicht nur ein weiterer Versuch zur Vertuschung seiner Tat.“

      „Bleiben wir bitten bei den Fakten, Marlies. Gibt es auch Nachrichten?“

      „Moment mal.“ Marlies schaut gebannt aufs Display.

      „Ja, jede Menge von Kurt. Die letzte von vorgestern am späten Abend.“

      „Und was schreibt er?“

      „Wo bist du? Hör auf mit dem Blödsinn.“

      „Klingt ziemlich normal.“

      „Ja, ja. Was würdest du tun, wenn du deine Geliebte umgebracht hast?“

      „Ich würde es dir beichten.“

      Joe schaut Marlies verschmitzt an. Sie ignoriert seinen Blick und öffnet weitere Nachrichten.

      „Der hat sich ganz schön Mühe gegeben. Insgesamt hat er zwölf Nachrichten am Abend des Unfalltages an sie geschrieben. Mal ungehalten, mal bittend. Alles nur Tarnung, sag ich.“

      „Wahrscheinlicher ist, dass er wirklich keine Ahnung gehabt hat, wo sie steckt.“

      „Das gibt’s doch nicht. Joe, hör bitte zu. ‚Du wirst sterben, du Schlampe‘, steht da. Die Nummer schaut komisch aus. Die Vorwahl kenn ich nicht.“

      Joe will ihr das Handy aus der Hand nehmen.

      „Stopp. Nicht ohne Handschuhe. Schau, ich zeig’s dir.“

      „Das ist jetzt wirklich verdächtig“, murmelt Joe. Er legt den Zeigefinger an seinen Mund. „Von wann ist diese Drohung?“

      „Moment mal. Vom Unfalltag um sieben in der Früh. Siehst du, meine Ahnung war richtig. Das ist ein Verbrechen, Joe, und kein Unfall.“

      „Bewiesen ist damit noch nichts. Aber eine Fremdeinwirkung ist jetzt nicht mehr auszuschließen.“

      „Bitte übernehmen Sie, Herr Kommissar.“

      „Pack bitte das Handy wieder ein. Und schalte es vorher ab. Ich werde mich mal erkundigen, wo sie die Leiche hingebracht haben und ob eine Obduktion angeordnet worden ist.“

      Joe geht während des Telefonierens im Raum auf und ab. Er redet ruhig, seine Stimme hebt sich kaum. Marlies sieht ihn erwartungsvoll an, als er mit dem Gespräch fertig ist.

      „Also, die Leiche liegt im Diakonissen-Krankenhaus in Schladming. Der Totenschein ist schon ausgestellt. Genickbruch. Fremdverschulden wurde auf Grund der Angaben der Bergrettung ausgeschlossen. Der Arzt hat daher keinen Anlass für eine Obduktion gesehen.“

      „Ja und? Da muss man doch eingreifen.“

      „Hab ich ja. Die Leiche wird nach Graz in die Gerichtsmedizin überstellt. Ich kenn den Peter dort sehr gut. Muss ihn nur noch anrufen und auf das Präsent vorbereiten. Dann werden wir weitersehen.“

      „Ja, aber wenn die nichts finden?“

      „Das kann leicht sein. Genickbruch ist eben Genickbruch. Wie es zum Absturz gekommen ist, können wir daraus nicht rekonstruieren. Aber ich werde mir jetzt die Herrschaften vorknöpfen. Ein eigenartiges Verhalten ist das schon.“

      Marlies umarmt ihren Joe: „Ich unterstütze dich voll und ganz. Schließlich ist es ja auch mein Fall.“

      Joe lacht: „Jetzt nicht mehr. Du kannst dich ganz dem Malen hingeben. Das hattest du doch vor für deine Sabbatical-Zeit.“

      Sie sehen durch das Fenster einen großen SUV vor dem Hotel halten. Bram und Antonia steigen aus. Ana dürfte gefahren sein. Jedenfalls fährt sie das Auto zum Parkplatz.

      Als ihr Bram am ersten Abend erzählt hat, dass er das Hotel schon vor


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