Keine Entspannung möglich - 116 Seiten. JENNY NIEWÖHNER
ungehalten, "was gibt's denn Wichtiges?" Nun war sie es die sauer
wurde. So einen Ton hatte sie nicht verdient, egal was los war. Sie
drehte sich um und wollte schon gehen, als er nachhakte. "Es tut mir
leid", fing er an "es sollte nicht so rüde klingen." Er kam auf sie zu.
Renata hielt inne und kam zurück.
"Ich wollte Dich fragen ob ich Dir etwas getan habe", versuchte sie das
Gespräch zu beginnen. "Nicht, dass ich wüsste. Warum?" entgegnete er.
"Weil Du so abweisend zu mir bist." Phillip begann mit einem Werkzeug
zu spielen, das an der Wand hing und wandte den Blick ab. " Tue ich
das?" "Ja das tust Du. Du redest kaum noch mit mir, unsere Gespräche
über Gott und Religion sind sehr selten geworden und ich....." sie
stockte. "Was?" hakte er nach. "...ich vermisse Dein Lachen". Phillip
drehte sich nun ganz von ihr weg und murmelte etwas Unverständliches.
"Was sagst du? Ich verstehe dich nicht!". Phillip stützte sich auf die
Werkbank und seufzte vor sich hin. "Ist nicht wichtig, Du bist eine
Nonne und ich ein Knacki, also was soll´s". Renata betrat nun den
Schuppen und stand genau hinter ihm. "Was soll was?" bohrte sie nun
halb flehend nach. Sie berührte ihn an der Schulter und Phillip fuhr
herum. Sie standen sich nun genau gegenüber.
"Ich kann nicht schlafen, nicht essen, nicht arbeiten. Ich denke immer
nur an eine Sache." Er sah sie mit funkelnden Augen an. Sie hielt
seinem Blick stand, wissend was er sagen wollte, wissend was sie wollte
und was das Schlimmste war, wissend was das für sie beide bedeutete.
Sie flüsterte, obwohl sie Angst vor der Antwort hatte:" Und was ist
das?" Er hob seine Hand und bewegte sie nur Millimeter vor ihrem
Gesicht, als ob er ihre Wange streichelte und sie konnte die Berührung
fast körperlich spüren und schloss für einen Moment die Augen. Als sie
sie wieder öffnete, antwortete er gerade. "Ich träume von Deinem
Gesicht, ich atme Deine Nähe ein, ich versuche mich Dir zu öffnen, ich
bete dass Du fühlst wie ich fühle, aber dann denke ich wieder, das
darf nicht sein. Ich kann Dir nicht im Wege stehen, Du bist eine Nonne,
eine Ordensfrau, eine Braut Jesu. Es wäre eine Sünde Dich zu begehren,
dich zu lieben."
Schwester Maria Renata war sprachlos. Sie starrte Phillip an und war
unfähig etwas zu tun oder zu sagen. Er hatte es gesagt. Er hatte das
gesagt wovor sie sich so sehr gefürchtet hatte. Das gesagt, was sie
fast um den Verstand brachte, was sie innerlich zerriss. Sie wollte ins
Kloster, sie wollte ihrem Herrn und Gott dienen. Sie wollte den
Mitschwestern dienen, sie wollte in dieser Gemeinschaft sein, sie
wollte den Weg gehen, den die Mutter Oberin angesprochen hatte, sie
wollte.......ihn. Sie wollte Phillip.
Er stand immer noch vor ihr, zitternd ob seiner Gefühle, die er gerade
einer Nonne offenbart hatte. Zitternd, weil er nicht wusste was nun
geschah. Was sie nun tat. Er rechnete damit, dass sie ihn hinauswarf,
dass sie zu seinem Wärter lief und ihn abführen lies wegen dieser
Unverfrorenheit. Aber sie küsste ihn. Bevor er sich versah, küsste sie
ihn. Sie hatte sein Gesicht in ihren Händen und küsste ihn. Er scheute
sich die Frau vor ihm in der Tracht anzufassen, aber dann tat er es
doch. Er drückte sie an sich und erwiderte ihren Kuss. Wäre nun jemand
in den Garten gekommen, hätte er einen Strafgefangenen gesehen, der
eine Ordensfrau an sich drückte und sie küsste. Jeder hätte sofort
Alarm geschlagen und sie hätten ihn weggebracht. Weg von ihr, weg von
der Frau, die er so sehr liebte und sie ihn. Aber es geschah etwas
anderes.
Gerade noch hielten sie sich in den Armen, da riss sich Renata los und
verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und rannte aus dem Schuppen durch
den Garten. "Renata" rief Phillip ihr nach und wollte hinter ihr her.
Er tat nach draußen und sah gerade noch wie Renata an Mutter Celestes
vorbeilief und im Haus verschwand. "Schwester Maria Renata?" fragte
Schwester Celestes, aber sie bekam keine Antwort.
Die ältere Schwester kam eilends auf Phillip zu, der immer noch
verwirrt am Schuppen stand. "Was war hier los?" fragte sie ihn
aufgebracht. "Ich .... Ich weiß es nicht...." stammelte er. Schwester
Maria Celestes sah ihn scharf an und lies dann von ihm ab. "Ich denke
Sie sollten weiterarbeiten, junger Mann!" befahl sie. "Ja... ja
,natürlich Schwester." Gab Phillip, immer noch den Blick auf die Türe
gerichtet, zurück. Auch der Wächter wurde nun aufmerksam und stand
plötzlich in der Tür der Küche. Phillip nahm den Schlauch und begann
die einzelnen Beete zu wässern.
Renata rannte in ihre Kammer und warf die Türe zu. Sie sank auf ihr
karges Bett und weinte in ihr Kissen. Ab und zu sah sie auf und sah zu
dem Kruzifix in der Ecke. "Warum tust Du mir das an Herr ?" begehrte
sie zu wissen, aber das Kreuz schwieg. "Ist es das was du willst ? ist
das mein Weg, soll das mein Leben sein ?", fragte sie erneut, aber das
Kreuz schwieg. Plötzlich klopfte es und Renata erschrak.
Eine Stimme von außen drang durch die dicke Eichentüre "Darf ich
eintreten ?" Es war die Mutter Oberin und schon öffnete sich die Türe
einen Spalt. Renata wischte sich hektisch die Tränen vom Gesicht und
setzte sich aufrecht aufs Bett. "Darf ich ?" fragte die Priorin erneut.
"Aber natürlich Mutter Oberin, komm herein." Verlegen sah Renata zu
Boden und schniefte immer noch vor sich hin. "Was ist geschehen mein
Kind ? Ich habe Dich gehört, wie Du unseren Herrn angeklagt hast."
Beschämt wagte Renata nicht aufzusehen. "Was hat er Dir getan ?" "Oh,
Nichts Mutter. Im Gegenteil, ich habe ihm etwas angetan. Ich habe ihn
enttäuscht." "Wie das mein Kind ? So leicht kann man den Herrn nicht
enttäuschen. Willst Du es mir erzählen." Renata sah immer noch zu Boden
und schüttelte nur mit dem Kopf. "Nur Mut, erleichtere Deine Seele und
teile Deinen Schmerz mit mir." " Ich kann nicht. Ich habe den Weg
verloren. Ich weiß nicht mehr wo ich bin und wo ich hingehen muss. Ich