Gesünder länger leben. Prof. Dr. Jürgen Ennker

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      Ein Gen gegen Krebs

      Ein anderes, wichtiges „Altersgen“ ist das FOXO 3A. Es steuert ein Eiweißmolekül, das kranke Zellen in den „Selbstmord“ treibt, so auch Tumorzellen. Krebsgeschwüre können so gar nicht erst entstehen oder weiterwachsen. Dazu bietet das Gen einen gewissen Schutz vor freien Radikalen – aggressive Sauerstoffmoleküle –, welche die Zellen angreifen und schädigen. Es fand sich auffällig häufig bei vielen über Hundertjährigen in Asien und Europa gleichermaßen. Auch dieses Gen wird über ein Enzym angetrieben oder blockiert und könnte so ein Schlüssel zur Lebensverlängerung sein. Eine Therapie für den Menschen ist aber auch hier noch Zukunftsmusik.

      Sozioökonomische Umstände und Lebenslänge

      Etwa jeder Siebte verfügt über diesen begehrten Gen-Pool der Langlebigkeit, aber nur jeder Hundertste nutzt seine Chance. Dass diese von der Natur Begünstigten doch nicht älter werden, liegt überwiegend an ihren Lebensgewohnheiten, auf die ich später in diesem Buch noch ausführlicher eingehen werde, aber auch an Umweltfaktoren. Zu diesen Umweltfaktoren gehören neuesten Erkenntnissen zufolge Partnerschaft und Freundschaft, Bildung und Beruf, Arbeit und wirtschaftliche Verhältnisse sowie Umweltbelastungen.

      Ehemänner leben länger

      Die Auswertung einer amerikanischen Langzeitstudie förderte zutage, dass eine feste Partnerschaft der Gesundheit zuträglich ist und das Leben verlängert. Zumindest für Männer. So wurden verheiratete Männer im Durchschnitt 70 Jahre und älter, während das nicht mal ein Drittel aller geschiedenen schaffte. Bei verheirateten Frauen allerdings wirkte sich der Trauschein nicht lebensverlängernd aus: Sie wurden nur so alt wie ihre geschiedenen Geschlechtsgenossinnen.

      Besonders günstig auf die Lebensdauer von Männern wirkt sich eine viel jüngere Partnerin aus, wie eine statistische Auswertung des Max-Planck-Instituts für Demographie ergab. Demnach sinkt das Sterberisiko für sie mit jedem Jahr, das die Frau jünger ist.

      Bei Frauen ist das genau umgekehrt. Sie altern schneller und sterben früher an der Seite eines älteren Mannes. Ebenso ungünstig für sie: Kinderlosigkeit. Im Schnitt gehen ihnen dadurch 1,2 Lebensjahre verloren. Der Grund: Sie haben vor allem im mittleren und späteren Lebensalter weniger emotionale und soziale Kontakte. Auch ist das Brustkrebsrisiko – die häufigste Krebsart bei Frauen – bei Kinderlosen höher als bei Frauen, die gestillt haben.

      Für den positiven Ehe-Effekt beim Mann machen die Wissenschaftler indes drei Ursachen aus: Zum einen finden gesunde Männer eher eine Frau, werden zweitens durch diese zu einem gesünderen Lebensstil angeleitet und haben im Notfall jemanden, der den Arzt ruft oder sie bei Krankheit pflegt.

      Fazit: Verheiratete Menschen und Paare in Lebensgemeinschaften haben eine höhere Lebenserwartung als Singles und Verwitwete. Einsamkeit bzw. Alleinsein wird heutzutage als ebenso schädlich eingestuft wie Rauchen!

      Gute Freunde fürs Leben

      Ob Freunde einen fehlenden Partner ersetzen und die Lebensdauer ähnlich verlängern können, hängt von der Qualität der Freundschaft ab. Fest steht, dass auch gute Freunde durchaus in die Rolle eines Partners schlüpfen, sich kümmern und Anteil an Problemen nehmen oder etwa durch gemeinsame Sportaktivitäten positiv Einfluss auf die Lebensführung nehmen können. „Falsche Freunde“ hingegen, die zu Alkohol- und Zigarettenkonsum verführen, so die Wissenschaftler weiter, wirkten sich nicht günstig auf die Lebenslänge aus.

      Auch können Freunde natürlich nicht alle anderen Facetten einer Paarbeziehung abdecken: Liebe, Sexualität und Kinder. Dies alles aber sind Punkte, die für Lebensqualität, Wohlbefinden und Gesundheit mit entscheidend sind. Nichtsdestotrotz konnten australische Forscher bestätigen, dass Freundschaften mit einem ehrlichen Umgang, intensiven Unterhaltungen und häufigen Treffen die Lebenserwartung um 22 Prozent steigern.

      Entscheidend sei allerdings nicht die Anzahl der Freunde, sondern die Qualität und Intensität der Freundschaft, so das Ergebnis einer Umfrage von Psychologen in Edinburgh. Zu viele oberflächliche Freundschaften wie etwa die virtuellen auf Facebook dagegen würden eher noch Angst, Schuldgefühle und dadurch Stress erzeugen – negative Gefühle, die sich ebenso auf die Lebenslänge auswirken.

      Jungbrunnen Bildung, Beruf und Einkommen

      Auch das Bildungsniveau, die Arbeit und infolgedessen die wirtschaftlichen Verhältnisse haben Einfluss auf die Lebenslänge. Eine amerikanische Studie aus Boston fand heraus, dass die Lebenserwartung von US-Amerikaner mit einer 12-jährigen Schulbildung in den 1980er und 1990er Jahren um 1,5 Jahre stieg. Bei ihren Landsleuten mit einem geringeren Schulabschluss als den der High-School war es nur ein halbes Jahr. Von 1990 bis 2000 kamen bei den High-School-Abgängern noch einmal 1,6 Jahre hinzu, die anderen konnten keine weitere Lebenszeit dazugewinnen.

      Die Ursachen: Ein niedriger Bildungsstand zieht oft einen schlechten Lebensstil nach sich. Alkohol, Rauchen oder Übergewicht sind in weniger gebildeten Schichten eher anzutreffen als bei Menschen mit einem höheren Bildungsgrad.

      Folgerichtig ist auch, dass sich Menschen mit einer guten Bildung grundsätzlich gesünder ernähren und dazu bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, was wiederum besser bezahlte Jobs nach sich zieht. Deshalb gelten auch Arbeit und ökonomische Sicherheit indirekt als Indikatoren einer längeren Lebensspanne. Vor allem in Universitätsstädten oder in Regionen mit geringer Arbeitslosigkeit liegt die Lebenserwartung entsprechend höher. Laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Bonn liegt bei den Männern in Deutschland Heidelberg auf Platz 1 (80,1 Jahre), gefolgt von Stuttgart (79,5) und Freiburg im Breisgau (79,4) – allesamt Städte mit Universitäten und prosperierender Wirtschaftsstruktur. Umgekehrt liegt die Lebenserwartung in ländlichen Regionen mit eher hoher Arbeitslosigkeit niedriger: Pirmasens in Rheinland-Pfalz (72,4), Suhl in Thüringen (73) und Bremerhaven (73,5).

      Für Frauen lebt es sich mit je 84,1 Jahren am längsten in Dresden und München, gefolgt von Stuttgart (84) und Rostock (83,8) und am kürzesten in Weiden in der Oberpfalz (78,6), Pirmasens (78,5) und in Suhl (77,8).

      Lebenskiller Umweltbelastungen und Armut

      Die Feststellung, dass die Lebenserwartung in Städten generell geringer ist als auf dem Land, mag daher zunächst wie ein Widerspruch klingen. Schließlich ist die Feinstaubbelastung hier am höchsten. Laut Umweltbundesamt büßt der Stadtmensch durchschnittlich 10 Monate seines Lebens durch die „dicke Luft“ von Abgasen aus Autos und Schornsteinen ein.

      Doch trifft es auch hier wieder die sozio-ökonomisch schlechtergestellten Schichten der Bevölkerung. Denn diese wohnen meist in niedrigpreisigeren Wohnungen an großen Straßen oder in Industriegebieten, wo derartige Belastungen am größten sind.

      Zusammenfassend kann man sagen, dass Armut die Lebenslänge massiv einschränkt. So sind nicht nur die Bildungschancen und die Wohnverhältnisse schlechter. Auch haben Arme durch die niedrigeren Einkünfte oft mit größeren Sorgen zu kämpfen als Bessergestellte. Denn Geldprobleme oder Angst um den Arbeitsplatz belasten die Psyche. Auch sind Ärmere im Beruf oft höheren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt als andere. Dazu ernähren sie sich oft von billigeren Fertigprodukten, anstatt selbst zu kochen und treiben weniger Sport. All das zusammen macht sie auf Dauer noch schneller krank, was wiederum ihre Berufschancen schmälert – ein Teufelskreis! Der Unterschied zwischen Arm und Reich in Zahlen: Rund 8 Jahre bei Frauen, bei Männern sogar 11 Jahre! Umgekehrt sinkt bei Reichen die Wahrscheinlichkeit, bald zu sterben, um mehr als 50 Prozent!

      Das biologische Alter

      Die Gene und die Kalenderjahre allein sagen also noch nichts über die Gesundheit und erst recht nichts über die zu erwartende Lebenslänge aus. Wer wissen will, wie alt er wirklich ist, kann im Internet sein biologisches Alter herausfinden. Dafür gibt es bestimmte Tests, die gezielt die individuellen Lebensumstände und –gewohnheiten abfragen und in die Berechnung miteinbeziehen. „Lebenszeitrechner“ können sogar


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