Gesünder länger leben. Prof. Dr. Jürgen Ennker

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Angst und Niedergeschlagenheit. Bei der sozialen Dimension wurden die Variablen Geschlecht, Alter, Schulbildung, Einkommen und Erwerbstätigkeit abgefragt und bei der Auswertung berücksichtigt.

      Das Ergebnis: Bei Männern und höheren Bildungsgruppen hat der Gesundheitszustand mehr Einfluss auf die Lebensqualität als bei Frauen und niedrigeren Bildungsschichten. Die schlechteste Lebensqualität in Bezug auf die Gesundheit beklagten die Erwerbslosen, zu denen auch Studenten, Hausfrauen und Rentner zählen. Die Höhe des Einkommens von 600 Euro bis mehr als 1350 Euro pro Monat hatte dagegen nach Ansicht der Befragten kaum Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Nur bei den beiden unteren Einkommensgruppen (bis 600 Euro und 600 bis 799 Euro) nahm das Problemrisiko leicht zu, statistisch bedeutsam vor allem beim Thema Schmerzen.

      In Bezug auf das Bildungsniveau klagten die unteren Gruppen (Hauptschulabschluss mit oder ohne Lehre) deutlich öfter als die oberen (mittlere Reife oder Abitur) über Probleme mit der Beweglichkeit bzw. Mobilität, der allgemeinen Tätigkeit und über Schmerzen.

      Wesentlich entscheidender wirkte sich jedoch das Alter auf die Einschätzung aus. So nahmen die gesundheitlichen Probleme pro Lebensjahr um sechs Prozent zu. Frauen litten zudem deutlich häufiger unter Problemen der Beweglichkeit und Mobilität, bei der Selbstversorgung und Niedergeschlagenheit als Männer.

      Fazit: Der soziale Status, das Bildungsniveau und das Alter haben durchaus Einfluss auf die eigene Wahrnehmung von Gesundheit oder Krankheit.

      Die Bedrohung der Gesundheit durch Krankheiten

      Objektiv und rein statistisch gesehen, steht es um die Gesundheit der Deutschen nicht schlecht. Trotzdem gibt es eine Reihe von Krankheiten, die in den letzten Jahren mehr und mehr zugenommen haben und einem ungesunden, vom Wohlstand geprägten Lebensstil geschuldet sind. Wir wollen an dieser Stelle nur die häufigsten nennen, die man nachweislich und unabhängig von der genetischen Voraussetzung durch reine Verhaltensänderungen selbst beeinflussen, lindern oder gar verhindern könnte: Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und Krebs.

      Diabetes – das „süße“ Gift

      Gut zwei Drittel der Männer (67 Prozent) und mehr als die Hälfte der Frauen (53 Prozent) haben Übergewicht. Zwar haben sich diese Zahlen seit 1998 kaum verändert, sind sogar leicht gesunken. Doch dafür gibt es heute sehr viel mehr, vor allem jüngere Menschen mit extremem Übergewicht bzw. Fettleibigkeit (Adipositas). Etwa jeder vierte Deutsche ist davon betroffen, hat einen Body-Mass-Index (BMI) von über 30. Eine Entwicklung mit fatalen Folgen.

      Denn Übergewicht bildet zusammen mit erhöhtem Blutdruck, veränderten Blutfettwerten und einer Insulinresistenz das „tödliche Quartett“, wie das Metabolische Syndrom oft genannt wird. Und dieses wiederum steigert das Risiko für die „Zuckerkrankheit“ Diabetes Typ 2 um ein Vielfaches.

      Die Zahl der Betroffenen ist in den letzten 14 Jahren drastisch angestiegen, und zwar um knapp ein Drittel bei den Frauen (Anstieg: 31,5 Prozent) und um ein Viertel bei den Männern (Anstieg: 23 Prozent). Insgesamt leiden hierzulande rund 7,2 Prozent der Bevölkerung an Diabetes. Auch werden die Patienten immer jünger. Weil es jedoch im Schnitt sechs bis acht Jahre dauert, bis ein Diabetes erkannt wird, schätzen Experten die Dunkelziffer auf bis zu zwei Prozentpunkte höher ein, also auf bis zu 9,2 Prozent!

      Rechtzeitig erkannt, kann man den Typ-2-Diabetes noch ohne Medikamente in den Griff kriegen: Und zwar nur durch eine Umstellung der Ernährung auf eine abwechslungsreiche Mischkost und vor allem mehr Bewegung! „Eine Stunde Spazierengehen pro Tag kann Diabetes verhindern“, sagt etwa der bekannte Diabetologe Prof. Ulrich A. Müller von der Universität Jena! Allgemeine Empfehlungen sprechen von drei- bis viermal pro Woche 30 bis 60 Minuten Bewegung. Und selbst wer schon Insulin spritzt, kann mit 30 Minuten Sport eine Brot- oder Kohlenhydrateinheit (BE/KE) einsparen oder mehr essen. Als ideal gilt eine Mischung aus 70 Prozent Ausdauersport, 20 Prozent Geschicklichkeitstraining und 10 Prozent Krafttraining. So schwindet das Übergewicht am schnellsten, vor allem das gefährliche, stoffwechselaktive Bauchfett. Die Zellen sprechen besser auf das körpereigene Insulin an, das den Blutzucker abbaut. Und auch die Blutfettwerte lassen sich durch mehr pflanzliche statt tierische Fette, Obst, Gemüse, Fisch und mageres Fleisch (= Mittelmeerkost) plus Bewegung normalisieren.

      Herz-Kreislauf-Erkrankungen – die häufigste Todesursache

      Koronare Herzerkrankungen (KHK) sind weltweit die häufigste Todesursache. Allein in Deutschland sterben jedes Jahr 160.000 Männer und 235.000 Frauen an den Folgen einer KHK, darunter 65.000 an Herzinfarkt. Seit 1995 ist diese Tendenz zum Glück leicht rückläufig, auch dank schnellerer Diagnosen, besserer Medikamente und Behandlungsmethoden.

      Dafür holen Frauen die Männer langsam ein, deren Risiko für Herzinfarkte schon ab dem 45. Lebensjahr steigt, während Frauen meist etwa ab dem 60. Lebensjahr gehäuft davon betroffen sind.

      Ein erhöhter Cholesterinspiegel und Blutdruck, Übergewicht und Bewegungsmangel, Nikotin und Dauerstress zählen zu den Hauptursachen für Herzinfarkte. Denn sie fördern die Arterienverkalkung, die häufig am Verschluss der Herzkranzgefäße schuld ist, die das Herz mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgen. Umgekehrt kann man genau das durch eine Änderung des Lebensstils selbst zu einem Großteil verhindern. Laut der Nurses’ Health-Studie können vier Lebensweisen das Risiko eines tödlichen Herzinfarktes um 92 Prozent reduzieren: kein Nikotin, ein Body-Mass-Index unter 25, eine halbe Stunde Sport am Tag und mediterrane Kost, d.h. viel Obst, Gemüse, Nüsse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Fisch und auch etwas Alkohol (Männer: 0,5 Liter Bier oder 0,25 l Wein pro Tag, Frauen die Hälfte).

      Die WHO schätzt, dass man allein durch einen gesunden Lebensstil 80 Prozent der KHK insgesamt verhindern könnte. Der Rest geht auf die Konten Gene und Alter – Faktoren, auf die man bislang zumindest noch keinen Einfluss hat.

      Nach neuesten Erkenntnissen kann eine entsprechend gesunde Ernährung sogar bei den Menschen vorbeugend wirken, die genetisch ein höheres Risiko für einen Herzinfarkt haben.

      Angststörungen und Depressionen – psychische Erkrankungen nehmen zu

      Wie ich in den vorangegangenen Seiten schon gezeigt habe, macht Geld allein nicht gesund und glücklich. In Bezug auf die Psyche scheint es sogar regelrecht krank zu machen. Laut WHO leiden Menschen aus den reichen Nationen der Welt wie Deutschland, USA und Japan häufiger unter psychischen Problemen wie Angststörungen und Depressionen als die in Entwicklungsländern. Jedes Jahr erkranken in Deutschland 4,4 Prozent der Männer und 13,5 Prozent der Frauen an einer Depression. 13 Prozent leiden an Angststörungen.

      Die von Psychologen vermuteten Ursachen: Zu viele Freiheiten und Wahlmöglichkeiten. Das macht unsicher und fördert psychische Probleme. Dazu gibt es in den wohlhabenden Gesellschaften noch für die kleinsten Probleme Fachleute. So ist man weniger auf die Mithilfe von Nachbarn und Freunden angewiesen und nimmt diese entsprechend seltener in Anspruch. Auch der mit ertragreichen Jobs oft einhergehende Stress drosselt das Zeitkonto für Familie und Freunde. Der Verlust sozialer Kontakte und menschlicher Nähe ist die Folge. Dazu hinterlassen Leistungsdruck und Konkurrenz ihre Spuren. Statt eines Miteinanders setzen viele auf Abgrenzung und Egoismus. Innere Überzeugungen wie „Ich schaffe alles alleine“, „Ich brauche niemanden“ setzen sich in den Köpfen fest. In Lebenskrisen ist dann oft niemand mehr da, der einem helfen kann – außer ein Psychiater oder ein Psychotherapeut.

      Tests der University of California in Berkley haben gezeigt, dass allein der Gedanke an Geld Menschen auf Distanz zu anderen gehen lässt und die Hilfsbereitschaft senkt. Das ließe sich auch im Alltag feststellen: So führen Fahrer teurerer Autos rücksichtsloser als die kleinerer und würden an Zebrastreifen seltener für Fußgänger halten.

      Geißel Krebs – doch man kann vorbeugen!

      Die biologische Ursache für die Entstehung der meisten Tumore sind allerdings zufällige Fehler bei der Zellteilung. Aber auch die Psyche ist nicht unwichtig, wenn es darum geht, mit der Erkrankung fertig zu werden. So


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