Der verborgene Erbe. Billy Remie

Der verborgene Erbe - Billy Remie


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mal wieder regnete und donnerte, wirkte es fast wie Nacht. Vor den Fenstern kam eine Regenwand hinunter, der Wind blies Nässe in den Raum.

      Wexmell ließ den Blick umherschweifen. Die anderen Gäste, die Allahad bereits ausgespäht und erwähnt hatte, saßen verteilt an den Tischen und aßen oder tranken etwas. Alles war ruhig, bis auf die gedämpften Gespräche, das Klirren und Klappern aus der Küche hinter der Bar, dem Wischen des Tuchs, mit dem der Schankwirt seine Krüge trocknete, und das Schnurren einer schwarzen Katze, die auf dem Sims des kalten Kamins lag und den Schwanz in der Luft hin und her pendelte.

      Einer der Drachenjäger, dem ein halbes Ohr fehlte, blickte genau auf die Tür und betrachtete Wexmell ebenso herausfordernd wie neugierig über den Rand seines Bierkrugs hinweg. Wexmell beschloss, den Blick nicht zu erwidern, der Kerl schien auf Streit aus zu sein.

      Luro und Karrah traten hinter ihnen ein, die Tür öffnete sich kurz, und der Wind blies den Regen in Wexmells Nacken. Draußen roch es nach feuchter Erde, Wurzeln und nassen Pferden. Es war ein krasser Kontrast zu den scharfen Gewürzen, die im Inneren des Gasthauses Wexmells Nase kitzelten.

      Luro trat neben ihn und hielt schnüffelnd die Nase in die Luft.

      »Witterst du Gefahr?«, fragte Wexmell halblautlachend. Er klang genauso nervös wie er sich in jenem Moment fühlte. Denn er konnte ihren Kontaktmann nirgends entdecken.

      »Nein.« Luro lächelte mit geschlossenen Lippen. »Ich rieche Kekse.«

      Kaum hatte er es gesagt, stieg auch Wexmell der unverkennbare Geruch frischen Gebäcks in die Nase, dass gerade aus dem Ofen genommen wurde. Allen lief der Speichel in den Mündern zusammen.

      »Mmmhh«, machte Dainty genüsslich, »was gäbe ich nicht alles für eine Tasse Milch und noch warmes Gebäck.«

      Melecay grinste schelmisch, als er Dainty zuflüsterte: »Ich lege eine Spur aus Keksen, die dich in mein Bett führt. Dann beweise mir, was du wirklich alles geben willst.«

      Kichernd stieß Dainty seinem Gemahl mit dem gesamten Körper an, er lief geradezu liebreizend rot an.

      Wexmell konnte ihn nicht lange ansehen. Auch wenn es ihm fernlag, andere Männer zu betrachten, hatte er Daintys Schönheit schon bewundert, seit er ihn das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte.

      Alle Elkanasai besaßen eine gewisse Anmut, die ihn nicht kalt ließ. Aber Dainty war ein besonders schöner Mann. Warum Melecay nicht die Finger von ihm lassen konnte, verstand Wexmell nur zu gut.

      Lalzo konterte trocken: »Bitte nicht, wenn wir uns alle ein Zimmer teilen müssen.«

      Darauf hatte Wexmell auch nicht die geringste Lust. Nicht einmal die Hitze und die Gefahren im Regenwald hatten diese Beiden auseinanderhalten können. Und sie fanden überall zueinander, selbst wenn sie alle um sie herum versuchten, Schlaf zu finden.

      Aber Wexmell würde sich nie beschweren, wusste er doch noch, wie unersättlich er und Desiderius zu ihrer Zeit gewesen waren.

      Und es noch wären, wäre Derius noch am Leben.

      »Ein trockenes Bett und Etwas, woran ich meine nassen Socken aufhängen kann, würde mir schon genügen«, sagte Allahad.

      Wexmell hob eine Hand, damit sie still waren. Er atmete noch einmal tief durch, um seine innere Ruhe zu finden, dann trat er an den Tresen heran und verlange nach Betten für die Nacht. Sein Elkanasai – umgangssprachlich auch Elkanasaisch – war nicht gerade fließend, außerdem glaubte er, einen starken Akzent zu haben, aber der Wirt verstand ihn.

      »Keine Zimmer mehr frei«, brummte er zurück.

      Wexmell verbot es sich, genervt mit den Augen zu rollen. Er steckte die Hand in seinen Geldbeutel und legte einige Silbertaler auf den Tisch. »Wir können gut zahlen, gebt uns so viele Betten, wie Ihr entbehren könnt, wir werden Euch gut für unseren Besuch entlohnen, guter Herr.«

      Der Wirt stellte den Krug ab, den er wohl zur Genüge trockengerieben hatte, und klatschte die große Hand auf die Taler. Er zog das Silber über die Kante, und ließ es in seiner eigenen Tasche verschwinden.

      Er grinste Wexmell böse an.

      »Nun?«, Wexmell hob eine Augenbraue.

      »Keine Zimmer mehr frei.«

      Wexmell schnaubte halbamüsiert, halbverärgert. »Gute Götter, gibt es denn nur noch Halsabschneider? Ihr nahmt mein Silber, gebt uns ein Zimmer für die Nacht!«

      »Sonst was, Bursche?«, fragte der Wirt leise lachend. Er lehnte die dicken Unterarme auf den Tresen und beugte sich zu Wexmell heran, damit dieser im Kerzenschein die lange Narbe erkennen konnte, die sich über sein Auge zog.

      Im Raum wurde es stiller, die Drachenjäger stellten ihre Getränke ab und starrten zu ihnen rüber. Sie legten die Hände an ihre Waffen.

      Wexmells Gefährten taten es ihnen gleich.

      Wexmell zeigte sich unbeeindruckt, er lächelte entspannt. »Ich bin nicht auf Streit aus, ich bin nur auf der Durchreise.«

      »Ihr trag Waffen.«

      »Zum Schutz vor den Gefahren des Regenwaldes.«

      »Fremde sind hier unerwünscht«, beschloss der Gastwirt. »Wir wollen hier keine freien Menschen, Junge.«

      Gelegentlich verstimmte es Wexmell, in seinem Alter noch immer als Junge bezeichnet zu werden. Vor allem weil er in seinem Leben schon so einiges erlebt hatte, dass das Kind in ihm nicht überlebt hatte. Doch er konnte seinen Unmut stets gut verbergen.

      »Ihr verwechselt mein junges Gesicht mit Jugend, dabei bin ich vermutlich älter als Ihr.« Er grinste, nur um seine Fänge zu zeigen. Vielleicht war das ein Fehler gewesen, denn sofort wurden der Wirt und die Drachenjäger hellhörig.

      »Und wie Ihr seht, sind unter meinen Gefährten Männer aus Eurem Volk.« Wexmell deute mit den Daumen hinter sich.

      Der Wirt, der sich wieder etwas aufgerichtet hatte, als er Wexmells Fänge gesehen sah, regte nun noch weiter den Kopf, um Janek und Dainty zu betrachten. Sie traten vor und begrüßten den Wirt.

      »Was sagt er?« Luro beugte sich nervös zu Wexmell. »Warum haben wir noch keine Zimmer?«

      Wexmell hob eine Hand, um ihn abzuweisen. »Ich regle das, vertrau mir.«

      »Was sagt der Mensch?«, knurrte der Wirt.

      »Vergebung, er ist Söldner aus einem anderen Land«, entschuldigte Wexmell wieder in der Ländersprache des spitzohrigen Volkes. »Ich komme aus Nohva. Ich bin Händler. Wir kamen über Carapuhr hier her, um Handel zu treiben.«

      »Über Carapuhr, sagt Ihr?«

      Wexmell nickte. »Es war ein langer, gefährlicher Weg. Der König dort, wollte uns lieber töten, als durchlassen.«

      »Wie seid Ihr ihm entkommen?«

      »Wir erkauften uns die Erlaubnis, über die Grenze zu treten, mit Silber.« Wexmell fasste sich an die Brust und verneigte sich ergebend. »Wir sind nur hier, um unser Glück zu versuchen.«

      Der Wirt beäugte sie voller Argwohn, es war schwer zu sagen, ob er einlenken würde. Seine geschürzten Lippen, die im Kerzenschein feucht glänzten, und die gewölbten Augenbrauen gaben Wexmell wenig Hoffnung.

      Aber wo sollten sie hin, wenn sie nicht hierbleiben konnten, um auf ihren Kontakt zu warten? Sofern er denn überhaupt kommen würde. Wexmell befürchtete fast, er könnte erwischt worden sein. Vielleicht hat jemand Falsches die Botschaften, die Wexmell ihn in den letzten Wochen zukommen gelassen hatte, gelesen, und den Verrat aufgedeckt.

      Vielleicht war das hier eine Falle …

      »Ihr könnt im Stall schlafen, Essen kost extra!« Der Wirt wollte sie fortwinken.

      Wexmell wollte sich bereits damit abfinden, als hinter ihnen erneut die Tür geöffnet wurde.

      »Sie gehören zu mir.«

      Die Stimme kam ihm kaum


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