Verfluchtes Erbe. T.D. Amrein

Verfluchtes Erbe - T.D. Amrein


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spielt keine“, beharrte Obermann. „Trotzdem! Ihr Wort ohne Wenn und Aber. Sonst sage ich nichts.“

      Beide schwiegen. „Kaffee?“, fragte der Anwalt schließlich erneut. Krüger nickte. „Bitte!“

      Der Kommissar nutzte die Zeit zum Überlegen, die, wie er eingestehen musste, geschickt von Obermann zur Verfügung gestellt wurde. Was konnte er denn verlieren? Andererseits schien der Anwalt daran zu glauben, dass er sein Wort halten würde. Natürlich würde er es halten.

      Schweigend rührte er seinen Kaffee um, bevor er Obermann in die Augen sah. „Also gut. Ich gebe Ihnen mein Wort“, sagte er, ohne mit dem Umrühren aufzuhören.

      „Dieses Erbe“, begann der Anwalt, „hat meinen Eltern nie wirklich gehört. Mein Vater war nur Strohmann. Kurz vor seinem Tod hat er mich gewarnt, dass auf seinen Namen fremdes Vermögen registriert sei. Das ich auf keinen Fall beanspruchen solle. Diese Leute sind gefährlich. Lass die Finger davon. Das waren seine Worte.

      Ich habe es versprochen und wollte es auch so halten. Eines Tages erschien ein Herr in meiner Kanzlei, der mich in einer persönlichen Angelegenheit sprechen wollte, wie er vorgab. Offenbar sollte er herausfinden, was ich wusste.

      Er nannte mir die Adressen von zwei Liegenschaften und wartete auf meine Reaktion. Diese Adressen sagten mir gar nichts. Ich fragte ihn, was er damit bezwecke?

      Noch nie gehört, bohrte er weiter.

      Nein. Nie, antwortete ich wahrheitsgemäß.

      Es könnte sein, erklärte er mir, dass durch einen Fehler in früheren Tagen, diese und weitere Grundstücke auf den Namen meines Vaters eingetragen worden seien. Nur ein Versehen, das bis jetzt noch niemand bemerkt habe.

      Die tatsächlichen Besitzer wollten die Angelegenheit möglichst ohne Aufsehen regeln. Nach dem Tod meiner Mutter würde er mir ein Testament vorlegen, worin meine Mutter die Erben um den Verzicht auf alle Vermögenswerte bitten würde.

      Als Testamentsvollstrecker solle eine unbeteiligte Person eingesetzt werden. Ein Anwalt, den sie, also meine Mutter, damit beauftragt habe, den Nachlass in ihrem Sinne verwalten. Alle Erben, sollten danach eine großzügige Entschädigung erhalten, wenn sie ihren letzten Willen geachtet hatten. Natürlich war ich wütend und wollte den Kerl sofort rauswerfen. Plötzlich hielt er jedoch eine Pistole in der Hand und zwang mich, ihm weiter zuzuhören.

      Wenn sie nicht darauf eingehen, wird ihr Leben sehr schwierig werden, drohte er mir.

      Ihre Eltern haben nie etwas besessen. Die Entschädigung ist mehr als großherzig, also akzeptieren sie einfach. Und dieses Treffen hat natürlich nie stattgefunden, sie werden über alles Stillschweigen bewahren. Unser Arm ist lang. Wir finden sie überall, vergessen sie das nicht.

      Dann zog er sich zurück. Rückwärtsgehend. Er hielt mich die ganze Zeit mit der Pistole in Schach, so dass ich nichts tun konnte.“

      Krüger hatte aufmerksam zugehört. Die Fragen, die ihm auf der Zunge lagen, unterdrückt, bis der Anwalt geendet hatte. „Also haben Sie schließlich die Sache akzeptiert“, stellte er nun fest.

      „Was blieb mir anderes übrig?“, antwortete Obermann. „Mein Leben ist ja in Ordnung. Ich verdiene genug, wozu sich in Gefahr bringen. Außerdem weiß ich auch von meinem Vater, dass dieses Vermögen wirklich nicht uns gehörte.“

      „Aber die anderen Erben?“, hakte Krüger nach. „Waren die auch einverstanden?“ „Niemand außer mir wusste etwas von diesem Besitz. Die Aussicht auf eine Entschädigung hat schnell gewirkt, wie geplant.“

      „Und dieses Testament wurde tatsächlich vorgelegt?“, fragte Krüger weiter.

      „Es lag vor einiger Zeit in meinem Briefkasten“, antwortete Obermann. „Ohne Briefmarken auf dem Umschlag. Es wurde überbracht.“

      „Dieser Anwalt war sich also ziemlich sicher, dass Sie darauf eingehen würden“, sinnierte Krüger. „Wann fand denn dieses erste Treffen statt?“, fragte er weiter.

      „Das ist schon einige Jahre her“, antwortete Obermann. „Einige Jahre?“, staunte Krüger. „Und nie ein weiterer Kontakt?“

      „Nein. Nur die Geburtstagskarten“, gab der Anwalt zur Antwort. „Geburtstagskarten?“, fragte Krüger ungläubig.

      „Ja. An jedem Geburtstag erhalte ich eine Karte ohne Absender. Jemand wünscht mir ein weiteres ruhiges Jahr, mit lieben Grüßen an meine Mutter. Der ich stets jeden Wunsch erfülle, wie es sich für einen guten Sohn gehört!“, erklärte Obermann. „Haben Sie diese Karten aufbewahrt?“, fragte Krüger.

      „Nein, ich verbrenne sie immer gleich“, antwortete Obermann. „Das war mein Geheimnis, dass Sie wie versprochen für sich behalten werden“, fuhr er fort. „Sie können sich denken, dass ich sonst in größte Schwierigkeiten komme.“

      „Sie können sich darauf verlassen“, antwortete Krüger. „Ich werde nichts davon notieren oder verwenden, wie versprochen.“

      Dass er selbst, jedes Jahr eine solche Karte erhielt, erwähnte er natürlich nicht.

      Erst auf der Rückfahrt hatte er Zeit, die neuen Informationen zu ordnen. Er erinnerte sich an die Hilflosigkeit, die ihn erfasst hatte, als die erste Karte in seinem Briefkasten gelegen hatte. Eine besonders perfide Art, eine Drohung wach zu halten. Ob er der Einzige war, der auf diese Weise bedroht wurde, darüber hatte er nie wirklich nachgedacht. Und jetzt traf er einfach so, auf einen Leidensgenossen.

      Im Büro wurde er bereits ungeduldig erwartet. Der Stimmenvergleich, den er veranlasst hatte, ergab zweifelsfrei, dass die anonyme Anruferin die Schwester von Anwalt Obermann gewesen war. Krüger hatte insgeheim gehofft, damit nicht Recht zu haben.

      Der Anwalt, bei dem er ja gerade gewesen war, wusste offenbar nichts davon. Sonst hätte er sich anders verhalten. „Sollen wir die Dame gleich abholen?“, fragte ein Kollege vom Bereitschaftsdienst.

      Krüger dachte kurz nach. „Wir geben ihr noch vierundzwanzig Stunden. Sie kann sich selbst stellen“, antwortete er schließlich.

      „Und wenn sie flieht? Den Haftbefehl bekommen wir sofort, das ist keine Frage“, bohrte der Kollege weiter.

      „Sie wird nicht fliehen“, beruhigte Krüger.

      „Wenn Sie sich dessen sicher sind, Herr Kommissar. Ja dann.“

      Enttäuscht zog er ab. Krüger griff zum Telefon und wählte die Nummer des Anwalts Obermann.

      ***

      Am nächsten Morgen erschien der Anwalt mit seiner Schwester Margarete Obermann auf dem Polizeirevier und verlangte umgehend nach Hauptkommissar Krüger.

      Sie legte ein umfassendes Geständnis ab. Sie gab zu, Heiko Stohler im Streit mit einem seiner eigenen Küchenmesser erstochen zu haben.

      Als Grund führte sie an, dass er ihr den verschwundenen Ring ihrer Mutter zum Kauf angeboten habe.

      Diesen Ring hatten die beiden mitgebracht. Womit auch an der Schuld Stohlers, kaum noch Zweifel offen blieb.

      „Erstaunlich, wie sich manche Fälle entwickeln“, sagte Krügers Chef, nachdem er den Bericht kurz angesehen hatte. „Was hat sie bewogen, sich zu stellen?“

      „Sie konnte wohl damit nicht leben“, antwortete Krüger unschuldig. „Das wird sich sehr positiv auf ihre Strafe auswirken“, stellte der Chef fest. „Und uns erspart es viel Arbeit, schön.“ Er sah Krüger fragend an: „Woran arbeiten Sie zur Zeit sonst noch? Sind Sie ausgelastet?“

      „Damit bin ich eigentlich im Moment praktisch arbeitslos“, antwortete Krüger mit einem Schulterzucken.

      „Sehr gut“, lobte sein Chef. „Dann können Sie ja Ihren Jahresurlaub gleich nehmen.“ „Urlaub? Welchen Urlaub?“ Krüger schüttelte den Kopf. „Das passt mir zurzeit aber gar nicht. Ich habe nichts geplant, so kurzfristig.“

      „So wie immer, nicht wahr?“, erhielt


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