Magische Bande. Dennis Blesinger

Magische Bande - Dennis Blesinger


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eine Angst?«, fragte sie sanft. Marc blickte auf und all die Zweifel, die in ihm schlummerten, waren in seinem Blick zu sehen, zumindest für Vanessa. Er schüttelte mit dem Kopf.

      »Ich wünschte nur, Nimi und Paps wären hier.«

      »Das soll ein Witz sein, ja?«, fragte Vanessa ehrlich erstaunt. Es war selten, dass Marc sich auf ihre Eltern bezog. Ihr Tod war nun beinahe fünf Jahre her und auch wenn Vanessa wusste, dass Marc die beiden ebenso vermisste wie sie selbst und auch Nadja, so hätte sie nicht vermutet, dass ihr großer Bruder sich immer noch nach einer Stütze sehnte, wenn es um die Erziehung der Kleinsten in der Familie ging.

      »Marc, du bist ein guter Lehrer«, meinte sie vehement. »Du bringst alles mit, was es dazu braucht. Wir kriegen das schon hin.«

      »Das sagst du so einfach.« Marc warf einen Blick in Richtung Decke. »Die hört ja nicht einmal darauf, wenn wir ihr sagen, dass sie ins Bett gehen soll. Von Partys möchte ich gar nicht erst anfangen.«

      »Ich darf dich daran erinnern, dass die letzte Ausbildung, die du geleitet hast, ziemlich gut gelaufen ist?«

      Marc blickte seine Schwester zweifelnd an. Sicher, als ihre Eltern gestorben waren, war Vanessa siebzehn gewesen und im Grunde bereits vollständig ausgebildet. Er hatte nichts anderes zu tun gehabt, als die bereits vorhandenen Ansätze zu verfeinern. Darüber hinaus hatte sich Vanessa bereits mit zwölf dafür entschieden, eine Kräuterhexe zu werden, etwas, das Marc völlig abging. Alles, was sie auf diesem Gebiet wusste, hatte sie von ihren Eltern gelernt oder sich selbst beigebracht.

      »Ja«, räumte er ein. »Aber du warst auch nicht so eine Pest damals.«

      Vanessa lachte laut. »Oh doch, das war ich. Du hast es nur nicht mitbekommen.« Sie wurde wieder ernst. »Du weißt, dass ich recht habe«, meinte sie schließlich. »Und ohne dich schaffe ich das nicht.«

      Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber, während Marc versuchte, das Lächeln auf seinem Gesicht zu unterdrücken. Er hatte in der Sekunde, in der die Diskussion begonnen hatte, gewusst, dass er sie verlieren würde.

      »Okay.«

      Ein kleines Wort hatte selten zu einer derartigen Reaktion geführt. Das Grinsen drohte, Marcs Meinung nach, Vanessas Kopf zu halbieren, als sie aufsprang und ihm um den Hals fiel.

      »Oh, das wird super!«, meinte sie freudestrahlend, als sie schließlich von ihm abließ und in der Küche um die eigene Achse wirbelte. Sie setzte sich wieder, dieses Mal neben ihren Bruder.

      »Das wird ihr gut tun, du wirst sehen. Sie wird endlich das Gefühl haben, dazuzugehören.«

      Marc blickte seine Schwester skeptisch an. Seiner Meinung nach war Nadja, auch wenn er sie wirklich lieb hatte, noch nicht reif für einen derartigen Schritt. Aber Vanessa hatte recht. Sie mussten mit der Ausbildung beginnen. Wenn sie es nicht taten, würde die kleine Göre es auf eigene Faust tun. Nadja war ein Mensch, der Beschränkungen nur eine gewisse Zeit lang befolgte. Dass sie sich früher oder später über diese Beschränkungen hinwegsetzen würde, war beiden klar. Die Frage war nicht ob, sondern wann dies passieren würde.

      »Ich wünschte nur, wir könnten so lange warten, bis sie sich ein wenig gefestigt hat.«

      »Ach!« Vanessa wischte den Einwand mit einer Handbewegung beiseite. Sie überlegte. »Was meinst du, sollten wir Sven anrufen?«

      »Unbedingt.«

      Sven war ein Freund der Familie, der ebenfalls aus einer magischen Familie stammte. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte er jedoch nie die Fähigkeit entwickelt, das Potenzial, das ihm innewohnte, aktiv zu nutzen. Als im Alter von achtzehn Jahren klar war, dass Sven der Einzige seiner Familie war, der keinerlei paranormale Fähigkeiten haben würde, hatte er dies ruhig und gefasst akzeptiert und sich stattdessen auf den theoretischen Zweig dieser Disziplin verlegt. Mittlerweile war er zu einer Autorität geworden, wenn es um Bannsprüche, Kräuterkunde und dergleichen ging. Selbst Vanessa suchte ab und zu seinen Rat, wenn sie Probleme mit ihren empfindlicheren und anspruchsvolleren Pflanzen hatte.

      Marc blickte auf die Uhr. Es war gerade mal sieben Uhr durch. Wie er Sven kannte, würde er in etwa einer Stunde seinen Laden abschließen, um dann für den Rest des Abends über irgendwelchen Büchern zu brüten. Ein Blick auf Vanessas Gesicht sagte ihm, dass sie dasselbe dachte, während sie ihn mit einem erwartungsvollen Blick anschaute.

      »Hey«, meinte er. »Das ist deine Idee. Ruf du ihn doch an.«

      Marc blickte ihr nachdenklich hinterher, als sie zum Telefon stürmte, während er sich langsam darüber klar wurde, was für eine schwierige Zeit vor ihnen lag. Jemandem diese Art von Verantwortung zu übergeben, fähig zu sein, die Kräfte der Schöpfung zu manipulieren, war nicht ungefährlich. Er wusste um die Gefahren aus eigener Erfahrung. Die Verantwortung des Ausbilders war dabei mindestens genau so hoch wie die des Lehrlings. Zugegeben, es hatte seit mehreren Jahrzehnten keine Schwarzmagier mehr gegeben, die den Namen verdient hatten, aber es hatte welche in der Vergangenheit gegeben. Und sie waren einer der Gründe, warum das Wort Magie nach wie vor mit einem äußerst ambivalenten Ruf behaftet war. Filme wie 'Carrie' taten ihr übriges.

      »Was soll denn passieren?«, fragte Vanessa, nun wieder deutlich ernsthafter, als sie die Küche erneut betrat und Marc beim Nachdenken beobachtete. Sie spürte, dass ihm mehr durch den Kopf ging, als nur das Problem des Zeitmanagements, das auf sie zukommen würde, Nadja neben der Schule in die Materie der Magie einzuweihen.

      »Das wird schon«, meinte sie. »Wovor hast du denn solche Angst? Sie wird schon nicht anfangen, den Teufel anzubeten.«

      3

      Nur Kerzen erhellten den Raum und warfen ihr Licht gegen die dunkelroten Samtvorhänge, mit denen die Wände behangen waren.

      Nadja blickte sich neugierig um. Als sie am Haus angekommen waren, hatte ihr irgendein Instinkt geraten, wieder umzukehren. Während sie noch überlegt hatte, was genau dieses Gefühl wachgerufen hatte, war die Tür des leicht heruntergekommen Hauses geöffnet worden und ein in einen schwarzen Samtumhang gekleideter Mann hatte sie nach einem prüfenden Blick eingelassen.

      Die dunklen Augen waren über die drei Neuankömmlinge gewandert und, wie es Nadja schien, einen Augenblick länger auf ihr ruhen geblieben als auf den beiden anderen. Und länger, als es ihr gefallen hatte. Die blasse Hautfarbe und die schwarzen Haare, die dem Mann bis auf die Schultern fielen, gingen einher mit markanten Gesichtszügen, scharfen Linien im Gesicht und einem stechenden Blick. Nadja schätzte sein Alter auf Anfang fünfzig. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob sie ob der Aufmachung ihres Gastgebers lachen oder beeindruckt sein sollte. Dann hatte sie sich jedoch an ihre eigene Garderobe erinnert.

      Ohne viele Worte waren sie zu viert die Treppe zum Keller hinunter gestiegen. Nadja war von ihren Geschwistern einiges an okkulten Symbolen, mittelalterlicher Kleidung und dergleichen gewohnt, auch wenn die meisten dieser Gegenstände gut verschlossenen in irgendwelchen Kisten und Schubladen lagen. Marc weigerte sich penetrant, auch nur ein Pentagramm von Weitem anzusehen, nur Vanessa trug einige Schmuckstücke, die mehr an sich hatten, als auf den ersten Blick erkennbar war. Allerdings hatte Nadja immer empfunden, dass es ihrer großen Schwester irgendwie an Stil fehlte. Vanessa schaffte es, die traditionelle Kleidung einer Hexe so zu tragen, als ob es das Normalste der Welt sei.

      Das hier übertraf alles, was sie bisher gesehen hatte. Überall hingen Amulette von der Decke, waren Symbole auf den Boden oder direkt auf die Vorhänge gemalt worden und ein Geruch von verbrannten Kräutern hing in der Luft, der Nadja in der Nase kitzelte. Das hier war ernst gemeint. Hier war wirklich Arbeit investiert worden. Hier wollte jemand sichergehen, dass alle Anwesenden sofort und unmissverständlich verstanden, worum es ging. Das hier war ein Ort, an dem Magie ausgeübt wurde.

      Während sie hinter ihren Begleitern auf den in der Mitte des Raumes befindlichen Tisch zuschritt, bemerkte sie, dass sie nicht die einzigen Gäste waren. Fünf weitere Personen, ebenfalls in schwarze Umhänge gekleidet, saßen bereits dort und wandten die Köpfe bei ihrem Eintreten kurz zur Seite. Nadja konnte nicht erkennen, um wen


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