Die Weltgesundheitsformel 2. David Ekwe Ebobisse

Die Weltgesundheitsformel 2 - David Ekwe Ebobisse


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jemals eine freie Entscheidung treffe. Er sei von seinem Gehirn determiniert. Jede seiner Entscheidungen sei vorbestimmt. Voll und ganz sei er von seinem Unterbewusstsein und frühkindlich angelegten Programmen gesteuert. So sei es ziemlich einfach ihn durch das gezielte Ansprechen seiner Sinne und die Aktivierung solcher Programme zum Kauf aller möglichen Dinge zu treiben — und noch schlimmer: ihn zudem glauben zu lassen, es sei seine freie Entscheidung gewesen, dieses oder jenes zu konsumieren.

       Also produzieren wir gar nicht extra so viel Leid und machen es bewusst, sondern werden von der Konzernmacht dazu verleitet?

      In gewisser Weise schon. Doch hat jeder von uns den freien Willen, sich seiner Entscheidungsfindungsprozesse bewusst zu werden, um nicht länger fremdgesteuert zu sein. Versteht man nämlich, wie man auf ganz bestimmte Reize reagiert, kann man es nächstes Mal anders machen. Durchschaut man die Verkaufsstrategien gewiefter Geschäftsmänner, muss man ihren Manipulationstricks nicht länger zum Opfer fallen. Die Menschen sind also keineswegs Maschinen, bei denen man nur ganz bestimmte Köpfe drücken muss, damit sie kaufen womit sich gerade am besten Geschäfte machen lassen, sondern können lernen gezielt bewusste Entscheidungen zu treffen. Wer das verleugnet, der versucht es sich einfach zu machen um weiterhin hirnlos kaufen zu können, was in der Werbung propagiert wird. Das »Sich-einfach-Machen« ist generell eine neurologische Veranlagung, die von der Industrie genutzt wird, um die Aufmerksamkeit auf ihre Produkte zu lenken!

       Inwiefern?

      Nicht nur, dass man teure Produkte auf Augenhöhe platziert, damit wir einfach nach ihnen greifen, man sich für Billigware bücken muss, Markenprodukte werden auch noch brillant in Szene gesetzt, sodass sie unausweichlich zum Blickfang werden. Auch beim Verkauf von Markenprodukten profitiert die Industrie von dieser Veranlagung des Menschen, gibt uns der Grafikdesigner und ehemalige Artdirector von Ford, Continental, Firestone und der Electronic-Publishing-Abteilung von ZWK, Jochen Wenzel unter der Überschrift: »Neuromarketing: Schaltzentrale Reptilienhirn — Wer fällt unsere Entscheidungen?« zu verstehen: "Bei Kaufentscheidungen greift unser Gehirn" nämlich stets auf bekannte Produkte zurück, zu denen es Erfahrungen im impliziten System gespeichert hat. Beim Betrachten von bekannten Marken und Produkten wird unser Gehirn weniger aktiviert und spart Energie. Dazu genügt es, diese Produkte den Konsumenten in Form unterschwelliger Botschaften zu präsentieren. Selbst wenn man diese Stimuli nie bewusst wahrgenommen hat, bevorzugt man diese Produkte anschließend beim Entscheidungsprozess gegenüber den anderen. Verstärkt wird dieser Effekt durch häufige Wiederholungen", so der Spezialist. "Im menschlichen Gehirn existieren demnach ein Pilot (explizites System, Bewusstsein) und ein Autopilot (implizites System, Unterbewusstsein). Der Mensch ist ein emotional und unbewusst agierender Homo neurooeconomicus. Fünf Prozent unserer Entscheidungen treffen wir bewusst, die verbleibenden 95 Prozent hingegen unbewusst."7

       Wir sind also weniger ein Homo oeconomicus, der vernünftige und sachliche Entscheidungen trifft, sondern vielmehr ein Homo neurooeconomicus, der emotional und unbewusst agierend gar nicht weiß was er tut.

      Ja. Die überwiegende Mehrheit der Konsumenten weiß heute nicht mehr, wieso sie eigentlich gerade das kauft, was sie kauft, und lässt sich nur allzu gerne von hohlen Werbeversprechen blenden oder von Verpackungsaufschriften täuschen. Sie weiß weder was die Produkte enthalten noch was die Inhaltsstoffe für eine Wirkung auf ihre Körper haben. Unbewusste Konsumjunkies eben, die laut dem Kabarettisten Georg Schramm "bewusst gezüchtet wurden, damit man ihnen allen möglichen Schrott verkaufen kann."

      Da der moderne Mensch von den Prozessen, die in seinem Gehirn ablaufen — sogenannten neuronalen »Gewohnheitsmustern« —, kaum etwas weiß, aber erheblich von ihnen gesteuert wird, macht er es den Unternehmen natürlich leicht ihn kaufen zu lassen, was am meisten Profit einbringt — ungeachtet der Tatsache, dass dies meist jene Produkte sind, die voller billiger Zusatzstoffe, vollgesprüht mit giftigen Mitteln, verpackt in kostengünstigen Kunststoffen und allgemein von minderwertigster Qualität sind. Die Lebensmittelmafia setzt ihm einfach in den Kopf, dass er dieses Produkt haben muss, indem sie dessen »Vorteile« in unendlichen Werbeschleifen ständig wiederholt.

      Womit wir bei einer weiteren Verkaufstaktik wären: die Stimulation des Kaufdrangs durch die ständige Wiederholung verschlüsselter Werbebotschaften. Die großen Unternehmen unserer Zeit zahlen unzähligen Marktforschungsinstituten Millionen von Euro, damit sie ihre Zielgruppe völlig durchleuchten und jedes ihre Bedürfnisse und Verhaltensmuster bis ins kleinste Detail analysiert und sie sie beim Einkaufen quasi wie Roboter steuern können. Sie studieren Blicke, Bewegungen und alle Sinnesorgane, die beim Einkaufen benutzt werden, um unsere Wahrnehmung bestmöglich ganzheitlich ansprechen und gezielt auf solche Produkte lenken zu können, die der Industrie am meisten Geld bringen. Die Erkenntnisse fließen dann in die Vermarktung aller neuen industriell gefertigten Produkte ein, um sie noch besser verkaufen zu können und selbst Kunden davon zu überzeugen, die eigentlich nicht vorhatten das Produkt zu kaufen.

       Du meinst, dass durch unterbewusste Stimuli jeder zum Konsumjunkie gemacht werden kann?

      Jeder, der noch keiner ist. Bis auf eine kleine Gruppe bewusster Menschen, die gegen die Propganada immun sind, weil sie Bescheid wissen. Aber ein Großteil der Mennschheit steht in Wahrheit in einer tiefen Abhängigkeit zu industriellen Produkten und ist meilenweit davon entfernt zu natürlichen Selbstversorgern zu werden, die sich sämtlicher Gefahren ihrer designten Lebensmittel bewusst sind. Manche mehr, manche weniger. Aber alle zumindest etwas.

      Ein wahrer Meister der Manipulationskunst war Edward Bernays, einer der ersten Spezialisten auf dem Gebiet unterbewusster Stimulation. Er ist zwar in Deutschland weitgehend unbekannt, hat als Propagandaexperte aber in seinen über 100 Lebensjahren die Welt der »westlichen Werte« entscheidend vorgedacht und mitgeprägt. Unter der Überschrift »Der Kampf um die Gehirne — Der Meister der Manipulation« lesen wir im Nexus-Magazin, Ausgabe 45, über seine Vita: »Bernays hatte während des Ersten Weltkrieges das irrationale Verhalten seiner Mitmenschen beobachtet und interessiert festgestellt, dass politische Führer problemlos große Bevölkerungsgruppen dazu motivieren konnten, irrationale Dinge zu tun (zum Beispiel einander umzubringen). Er war von Freuds Büchern begeistert und begann darüber nachzudenken, ob man das Volk auch in Friedenszeiten und rein gewinnorientiert derart motivieren konnte. Wie er bald entdeckte, bestand das große Geheimnis in der Manipulation des Unbewussten. Er studierte die Propagandamethoden des Kriegsministeriums und entwickelte seine eigene Motivationstechnik, die er 'Public Relations' nannte. Sein Motto lautete: 'Information steuert das Verhalten'. Bernays Methoden waren so wirksam, dass sie später dazu eingesetzt wurden, den Umgang mit Konsumenten vollständig zu verändern. Unser aller Wunsch, sich anzupassen und konform zu verhalten, wurde auf neue Produkte gerichtet; zudem nutzen die PR-Experten bis heute unsere Triebe und den Wunsch nach Identitätsstiftung, um irrationale Wünsche in uns zu wecken. Diese Methoden sind derart effektiv, dass sie den Begriff der Willensfreiheit infrage stellen und damit die Demokratie unterminieren.«8

      Zu einem von Bernays Manipulationstricks wird uns vom freien Schriftstelle Gary Vey aka Dan Eden unter der Überschrift »Du bist kein Bürger — du bist Konsument!« erklärt: »Als die Autohersteller verstärkt junge Männer als Käufer ansprechen wollten, bediente sich Bernays der Libido dieser Zielgruppe als Motivation. Wieder sprach er hier das Unbewusste an: Männer, die miteinander um die besten Gefährtinnen wetteiferten. Er verknüpfte Marke und Stil der Autos mit der Persönlichkeit des Konsumenten. Dank Bernays konnte man seine Identität erstmals über das Auto ausdrücken. Völlig irrational, aber es funktionierte.«

       Ach, deswegen haben die neuen BMW-Modelle alle so eine Haifischschnauze: Sie sollen die Haifischmentalität verkörpern, mit der erfolgreiche Kapitalisten an den Märkten vorgehen und all die wilden Raubtierkapitalisten anziehen.

      Du hast gerade die Marketingstrategie eines der größten deutschen Autobauers durchschaut. Das ist unterbewusste Manipulation die endet, wenn man sich ihrer bewusst wird und beginnt,


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