Homo sapiens movere ~ geopfert. R. R. Alval
sagte mir das, dass er mir keine Garantie gab.
Es war, wie er sagte – ein Versuch.
Ein Versuch konnte nicht schaden, oder?
Er verschwieg mir nicht, dass mir missfallen könnte, woran ich mich erinnerte. Tja… ene, mene, muh… Wer nicht wagt…
„Also gut, ich vertraue dir.“ Humphrey nickte, stellte die Tasse ab und dirigierte mich zum Bett. Er setzte sich, rutschte etwas nach hinten, zog mich zwischen seine Beine und bat mich, mich zu entspannen.
Scherzkeks!
Als ob ich das ohne weiteres könnte, wenn er mir dermaßen nah war und mein Herz im Rausch seiner Gegenwart wie wahnsinnig trommelte. Tief atmete ich ein, wobei mir sein vertrauter, angenehmer Duft in die Nase stieg. Er erinnerte einige Regionen meines Körpers daran, dass sie ab und an mehr brauchten, als ich ihnen geben konnte.
Seine warmen, großen Hände lagen sanft auf meinen Schultern, bevor er begann mich langsam zu massieren, so dass ich mich ganz allmählich lockerte. „Gut so. Schließ deine Augen, Kleines.“ Seine Hände verließen meine Schultern und legten sich auf meine Schläfen.
Warm.
Prickelnd.
Einem sanften Stromstoß ähnlich, drang seine Energie in mich ein, als wollte diese mein Gehirn neu starten.
Und genau das passierte auch…
ein Neustart…
Ich erinnerte mich…
An alles.
Schluckend betrachtete ich den Film, der sich vor meinem inneren Auge abspielte…
Das Fernsehprogramm war langweilig. Also schnappte ich mir ein Buch und futterte nebenbei meine Schokolade. Ich kannte das Buch bereits; hatte es schon einmal gelesen. Deshalb war ich wirklich froh, dass mich das Telefon davon abhielt weiter zu lesen.
Doch ich war entsetzt, als ich Lauras panische Stimme vernahm.
Jemand war bei ihr im Bürotrakt. „Sam, bitte, du musst herkommen. Hier ist jemand. Und er weiß, dass ich hier bin. Er ruft mich! Es ist keiner meiner Kollegen; auch nicht Kevin.“
Sie keuchte.
Sogar ich hörte, wie jemand nach ihr rief. Oh Gott, mein Herz trommelte wie wild. Wie musste sich erst Laura fühlen? „Ich beeile mich. Ich komme zu dir!“
„Beeil dich, Sam. Bitte.“ Sie unterdrückte ein Schluchzen. Gerade wollte ich ihr sagen, dass sie um Himmels Willen nicht auflegen sollte – da war die Leitung tot. Mein erster Impuls riet mir, allein zu fahren. Doch eine innere Stimme knurrte, dass ich Alan mitnehmen sollte. Zu zweit hatten wir bessere Chancen. Mit zittrigen Händen wählte ich Alans Handynummer. Ich war noch nie dermaßen froh gewesen, dass der bereits nach dem zweiten Klingeln ranging.
Na gut, ich konnte mich nicht erinnern, wann ich ihn überhaupt je aus freien Stücken angerufen hätte. Nur gut, dass ich inzwischen seine Handynummer kannte. „Vermisst du mich schon?“ Na klar doch. Und wie! „Du musst mir helfen, Alan. Jemand ist bei Laura im Bürogebäude. Sie ist völlig panisch. Es ist keiner ihrer Kollegen, aber er kennt ihren Namen. Ich hab ihn rufen hören, Alan. Er lockt sie, er spielt mit ihr. Mit ihren Ängsten!“ Kurzes Schweigen folgte. Schließlich versicherte er mir, er sei in zehn Minuten da.
Das war er auch.
Umgehend sprang ich in sein Auto.
Alan fuhr wie der Teufel. Mehr als einmal kniff ich mit angehaltenem Atem die Augen zu, unterstand mich aber, zu kreischen. Ich war ihm viel zu dankbar. Sollte er ruhig sämtliche Verkehrsregeln missachteten. Egal. Hauptsache, wir wären schnell genug bei Laura.
Nach nur einer viertel Stunde kamen wir an dem flachen Bürotrakt an. Schon von außen sahen wir, dass nur noch in einem Büro Licht brannte. Hoffentlich war das Lauras.
Mit klopfendem Herzen folgte ich Alan nach drinnen, wo er seinen Kopf in den Nacken legte und witterte. „Hier ist niemand mehr, Sam.“ Er sagte es sehr leise. Trotzdem wollte ich mich vergewissern. Doch nach einer halbstündigen Suche stand auch für mich fest, dass niemand im Gebäude war. Abgesehen von uns.
Laura war nicht heimgegangen.
Dann wäre ihre Handtasche nicht mehr in ihrem Büro. „Kannst du sagen, ob sie zu Fuß weggebracht worden ist?“ Alan schüttelte den Kopf. „Nein. Oder hast du draußen andere Spuren gesehen? Ich nämlich nicht.“ Stimmte… jetzt, wo er es sagte… Im Schnee, der sich hartnäckig hielt, hätte man Spuren erkennen müssen. Fluchend fuhr ich mir durch die Haare und ließ mich in Lauras Bürostuhl plumpsen. Was nun? Alan hob warnend die Hand und ging zur Tür.
Jetzt hörte ich es auch.
Schritte, die aufs Büro zugerannt kamen. „Laura, Schatz, bist du da?“, hörte ich eine atemlose Stimme, die zweifellos Kevin gehören musste.
Wenig später folgte dem Rufen ein junger Mann, der einen teuren Anzug trug und völlig außer Atem war. „Oh, hallo.“, begrüßte er uns. „Sind Sie Kevin, Lauras Freund?“ Er nickte. „Sie sind Sam?“ Schnell erzählte er mir, dass er in einem Meeting war, als Laura ihm die SMS geschickt hatte, dass jemand sie verfolgte. „Sie ist nicht mehr hier, nur ihre Tasche.“ Kevin wurde blass.
Richtig blass!
Ich befürchtete fast, dass er jeden Moment umkippte. „Ich muss sie suchen.“ Alan legte seine Hand beruhigend auf die Schulter des Mannes. „Nein. Wenn jemand eine Chance hat, dann wir. Wir halten sie gern auf dem Laufenden. Fahren Sie heim. Vielleicht hat sie die Möglichkeit bei Ihnen anzurufen. Wenn sie das tut, kontaktieren Sie uns.“ Mit dem Vorschlag einverstanden, gab ich Kevin meine Handynummer; er mir seine. Als ich wieder in Alans Auto saß, hüllten wir uns beide in Schweigen.
Wie sollten wir Laura finden?
War seine Nase so gut?
Egal!
Wenn er sagte, wir fänden sie, dann würden wir das!
An dem Abend unternahmen wir jedoch gar nichts. Uns fehlten ein paar Ansatzpunkte.
Doch in der Nacht kam mir eine fantastische Idee, die ich Alan umgehend mitteilte. Mir schnuppe, dass ich ihn damit aus dem Schlaf riss. Wenn er schon seine Termine für mich absagte, dann sollten wir keine Zeit verlieren. Außerdem: Laura hatte keine Zeit und ich konnte sowieso nicht schlafen.
Nicht, wenn meine allerbeste Freundin in Gefahr war.
Der Gedanke, sie anhand ihres Energiemusters zu finden, war gut. Allerdings hatte ich Laura in letzter Zeit nicht allzu oft um mich gehabt. Zu allem Übel hatte ich so gut wie nie darauf acht gegeben.
Wir suchten die gesamte Nacht, den ganzen Vormittag, über den Mittag hinweg, bis ich schließlich am Nachmittag plötzlich eine sehr intensive Spur wahrnahm. Wir fuhren aus der Stadt hinaus.
In einen Wald hinein.
Tatsächlich fanden wir eine alte Papierfabrik.
Sie war dort. Und – mein Herz stolperte – zusammen mit diesem scheiß blöden Wandler.
Mit eintausendprozentiger Sicherheit.
Doch das Risiko, Alan in die Nähe des Wandlers zu bringen war viel zu hoch. Wir brauchten einen anderen Plan.
Dringend.
Verdammt! Ich war so nah dran.
Unverrichteter Dinge fuhren wir