Homo sapiens movere ~ geopfert. R. R. Alval

Homo sapiens movere ~ geopfert - R. R. Alval


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      Wie sehr ich Laura vermisste!

      Zwei Monate waren einfach nicht genug, um meine Trauer zu begraben. Oder meine Wut auf einen ganz bestimmten Mann. Einen Mistkerl. Einem, der nicht nur ein- oder zweimal mein Vertrauen missbraucht hatte, sondern gleich drei Mal.

      In nicht mal zwei Monaten.

      Dass die letzten beiden unmittelbar mit Laura zusammen hingen, war unverzeihlich. Nicht nur, dass er und Roman meine Erinnerungen manipuliert hatten, sondern auch die von Kevin. Doch sie vergaßen in ihrer manipulativen Selbstüberschätzung, dass die beiden ein Paar waren. Dass Kevin Laura erneut suchen würde. Liebe fand ihren Weg.

      Das hatten weder Alan noch Roman einkalkuliert.

      Mich dazu zu bringen mich Alan anzubieten war aus demselben Grund gescheitert. Hoffte ich zumindest.

      Zu dumm, dass ich zu dem Zeitpunkt, als Kevin mich das erste Mal auf Handy anrief, nicht auf der Höhe war und Alan das Gespräch angenommen hatte.

      Was für ein glücklicher Zufall – für Alan.

      Natürlich hielt er es selbst dann noch nicht für notwendig, seine Entscheidung zu überdenken.

      Hatte er ohne jegliche Skrupel Lauras möglichen Tod in Kauf genommen?

      Die Antwort war niederschmetternd: Ja, hatte er.

      Noch einmal ließ ich mir durch den Kopf gehen, woran ich mich seit zwei Wochen erinnerte. Doch noch immer konnte ich es nicht fassen. Mein anfängliches Entsetzen, hatte sich, übergehend in blankes Entsetzen und völlige Taubheit, in rasende Wut verwandelt.

      Der sollte mir in die Quere kommen!

      Für mich war dieser Armleuchter von einem Mann gestorben!

      Ab sofort waren wir wieder per Sie!

      Hoffentlich vergaß ich das nicht, sobald ich ihm gegenüber stand. Denn früher oder später würde das passieren.

      Sicherlich schäumte er vor Wut, weil seine Alpha – nämlich ich – abhanden gekommen war.

      Der arme Kerl. Jetzt musste er bei seinen Partys allein aufkreuzen. Ganz zu schweigen von den Rudeltreffen, die ich versäumte.

      Wenigstens hatte er mich weitgehend aus der Presse heraus gehalten. Ansonsten könnte ich mich bestimmt auf etwas gefasst machen.

      Und das Rudel?

      Sah ich irgendwie pelzig aus, hatte Reißzähne und Klauen? Leuchteten meine Augen fanatisch, weil ich mich wie eine Irre freute zu diesen Fellärschen zu gehören? Trotzdem gehörte ich dazu. Leider. Laut den Regeln durfte ein Mitglied des Rudels aus Unpässlichkeit abwesend sein. Es wurde nicht genau definiert, ob das meinen Status mit einschloss und war somit ein Punkt, auf den ich mich jederzeit berufen konnte.

      Unpässlich war ich nämlich in vielerlei Hinsicht.

      „Bist du dir sicher, dass du heimwillst? Du kannst gern noch bleiben.“ Humphrey lehnte lächelnd an dem provisorisch angebrachten Türrahmen des zweiten Zimmers, das ich die letzten acht Wochen bewohnt hatte. Es glich dem ersten fast bis aufs Haar: Ein Feldbett, ein Tisch, Steinwände, Decken vor den Türen, damit es nicht zu kalt wurde, dicke Teppiche auf dem Boden, zwei Stühle, ein Heizstrahler. Doch anstelle des Herdes, der in dem anderen Zimmer stand, besaß dieses eine altmodische Dusche. „Ja. Nein. Ich weiß nicht. Aber ich muss zurück. Ich bin das Verstecken allmählich leid. Laura kommt davon nicht wieder, weißt du?“

      Humphrey nickte mit einem zaghaften Lächeln. „Du bist mir jederzeit Willkommen, Kleines.“ Ich dankte ihm, indem ich dem großen, manchmal sehr wortkargen Mann um den Hals fiel. „Danke, für alles.“, murmelte ich an seiner Brust, denn höher reichte ich nicht. „Gern geschehen.“ Humphrey küsste meine Stirn, wozu er sich doch glatt ein wenig zu mir herunter beugen musste. „Gute Nacht, Kleines. Wir sehen uns.“ Ja, da war ich mir sicher. „Wir sehen uns. Ach, Humphrey?“ Er drehte sich noch mal um. „Hm?“ Verstohlen biss ich mir auf die Unterlippe und flüsterte, dass ich ihm vertraute. Ein Lächeln huschte über sein schönes Gesicht, was auch die Narbe für mich nicht entstellte. „Danke.“

      Er drehte mir den Rücken zu, tippte sich mit zwei Fingern zum Abschied an die Schläfe und schloss leise hinter sich die Tür. Schwer schaukelnd fiel die Decke in ihre richtige Position, so dass von der Tür nichts mehr zu sehen war. „Gern geschehen.“, flüsterte ich, streckte meine müden Glieder und legte mich schlafen.

      Mit Klamotten.

      Ohne Dusche.

      Als ich am späten Vormittag aufwachte und in das andere Zimmer lugte, war Humphrey längst unterwegs. Ich ging zurück, warf mir ein wenig Wasser ins Gesicht, kämmte mir die Haare, schulterte meinen Rucksack und verließ die Katakomben auf dem Weg, den ich in den letzten acht Wochen verinnerlicht hatte. Eins war sicher – hier unten würde ich mich nie mehr verlaufen.

      Wenige Stunden später war ich daheim, ordentlich in einer heißen Badewanne aufgeweicht worden, pappsatt und rundum zufrieden. Nicht glücklich… nur zufrieden. Ich war sauber, im Haus war es warm und die Couch war die reinste Offenbarung. Nur die Stille im Haus und die Gewissheit, dass ich allein war, waren beinah unerträglich.

      Also schaltete ich den Fernseher, die Stereoanlage und das Radio in der Küche an und begann mich mit mir selbst zu unterhalten.

      Jeder, der das sähe, würde mich für plemplem halten. War mir egal. Würde eh keinen interessieren. Es war mein Elend.

      Mein Verlust, mit dem ich klarkommen musste.

      2

      Eine Woche war vergangen. Jemand vom Rudel musste mein Haus beobachtet haben. Denn meine Klamotten, die sich bis dato bei Alan befunden hatten, waren wieder bei mir. Maya hatte sie mir vorbei gebracht. Sie war nur kurz geblieben. Hatte noch andere Verpflichtungen zu erledigen. Sie versprach mir jedoch, mich baldmöglichst zu besuchen.

      Langsam gewöhnte ich mich an das Alleinsein.

      Ich hatte sogar begonnen, mir regelmäßig etwas zum Lesen zu besorgen. Aus einem ganz bestimmten Grund: Ich stand in der Zeitung! Oh yeah. Ich bin berühmt! Nun ja, nicht direkt. Mein Name wurde nirgends erwähnt, dafür hatte die Presse mir einen Beinamen zugeteilt, an den ich mich nicht gewöhnen wollte. ‚Der graue Mann’. Pah! Wer schrieb denn solchen Müll? Weder trug ich grau noch war ich ein Mann.

      Tja… sollten die ruhig im Dunkeln tappen.

      Solange sie über meine Streifzüge berichteten, verdrängte ich sogar Artikel über Alan Garu – weltbekanntes Topmodel und riesiger Arsch, der zufällig in derselben Stadt lebte wie ich – auf eine andere Seite. Rein zufällig war Alan Garu auch der Alpha eines bestimmten Rudels. Blöderweise hatte er mir die Position als Frau an seiner Seite zugedacht.

       Wo war ich stehen geblieben?

      Ach ja – meine Streifzüge.

      Meine sehr erfolgreichen Streifzüge, die mir eine ordentliche Stange Geld einbrachten – wenn ich das hinzufügen durfte. Als ob es denen, denen ich es entwendete, etwas bedeutete!

      Ich nahm nie von jemandem, dem es wehtun würde, wenn ein kostbares Kleinod fehlte. Bekam ich einen Auftrag, der das verlangte, lehnte ich ab. Obwohl es nicht ehrenhaft war auf diese Weise seinen Lebensunterhalt verdienen, so konnte ich zumindest noch mit ruhigem Gewissen schlafen gehen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich einiges davon spendete.

      Apropos Alan Garu.

      Ich war mir sicher, dass er wusste, wer hinter dem Synonym des grauen Manns steckte. Solange er das jedoch für sich behielt, war mir das egal.

      Ich wollte diesen Typ vergessen.

      Dass ich seine Alpha war und obendrein seine einzig wahre – würg – Gefährtin, machte die Sache etwas schwierig.

      Aber nicht unmöglich.

      Es war mir immerhin


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