Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban

Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban


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beiden Brüder anzuklagen. Doch niemand wollte ihm so richtig zuhören. Schließlich wandte er sich an den Journalisten und Parlamentarier Cobbett. Vor dem Unterhaus in Westminster erklärte Paull, Mornington habe von den Geldern der britischen Regierung und der Ostindischen Kompanie nur zu seinem eigenen Nutzen Gebrauch gemacht, ja sie gar verschwendet. Bestärkt durch ein Urteil aus dem Jahre 1805 gegen den Ersten Lord der Admiralität, Lord Melville, der Gelder der Marine bei der Coutts-Bank investiert hatte und dadurch indirekt persönlichen Profit erwirtschaften konnte, waren Cobbett und sein ganzer radikaler Flügel ins Gefecht gegen die Wellesleys gezogen. Mornington reagierte auf diese Anklagen in einer sehr undiplomatischen Art und entzündete damit ein wahres Pulverfass. Henry Paget hatte von seiner Hinterbank aus erfolglos versucht, gemeinsam mit anderen politischen Freunden von Arthur, den Skandal abzuwiegeln. Doch Arthurs ältester Bruder war heißblütig und überheblich. Es kam zu einer peinlichen, öffentlichen Auseinandersetzung zwischen ihm und Cobett. Im allgemeinen Tumult am Ende der lautstarken Parlamentssitzung, nahm Henry Paget, Robert Castlereagh zur Seite. "Wir müssen unbedingt Arthur aus Hastings zurückholen. Mornington und dieser James Paull sind auf dem besten Weg mit ihrer Privatfehde größtes Unheil anzurichten. Der fette Freddie wartet doch im Augenblick nur auf irgendeinen Vorwand, um mit den Wellesleys abzurechnen. Doch an Mornington kommt er nicht heran. Ich befürchte, unser nachtragender Oberkommandierender der Streitkräfte wird sich deshalb mit unserem gemeinsamen Freund Arthur anlegen." Castlereagh nickte besorgt. Er warf seinem Parteikollegen George Canning einen fragenden Blick zu. Der kahle Journalist aus Devon machte auf den Hacken kehrt und eilte in den Sitzungssaal zurück.

      " Canning wird versuchen, noch einmal mit Cobbett zu reden. Doch wir sollten hier nicht auf Einsicht hoffen. Du kennst Cobbett und weißt, wie sehr der Mann nach Schlagzeilen auf der Titelseite giert, Henry! "

      "Robert, jemand sollte nach Hastings reiten und Arthur nach London zurückrufen, aber diskret. Wenn der Sepoy-General angerannt kommt, wie ein Jagdhund, wird Cobbett versuchen, dies als Schuldeingeständnis auslegen."

      "Wer könnte reiten?“

      "Keiner von uns! Wenn wir morgen nicht im Parlament sitzen und übermorgen plötzlich Arthur mit gezogenem Schwert und in voller Rüstung auftaucht, dann ist dies nicht sehr diplomatisch. John Dunn ist leider zusammen mit ihm in Hastings … ich werde mit Lady Sarah Lennox reden." Castlereagh legte Paget die Hand um die Schulter: "Beeile Dich, Henry! Cobett ist eine Viper und Mornington ein Vollidiot. Ich werde versuchen ihn so gut, wie möglich auszubremsen. Richmond und der alte Bucky weigern sich ja seit dem letzten großen Streit, überhaupt noch mit diesem Hitzkopf zu reden." Die Männer trennten sich und Paget überquerte die Themse. Kurz erklärte er Sarahs Mutter die Situation. Georgiana schüttelte bedauernd den Kopf: "Henry, meine Tochter ist in ihrem Krankenhaus in Lambeth. Ich habe keine Ahnung, wann sie nach Hause kommt!"

      "Mylady, lassen Sie bitte eine kleine Reisetasche für ihre Tochter packen. Ich werde Sarah schon finden und mit Ihrer Erlaubnis auf den Weg nach Hastings schicken."

      Paget überquerte im scharfen Trab die Westminster Brücke und ritt vorbei an Lambeth Palace in die Lambeth Road. Über Southwark kam er in den Stadtbezirk Lambeth. Dort hielt er einen Botenjungen auf: " Kleiner, bringst Du mich für einen Schilling auf dem schnellsten Weg zum Lambeth Charities Hospital des Malteserordens?"

      "Gerne, Sir! Wenn Sie mir gestatten, auf Ihrem Handpferd zu reiten, sind wir in fünf Minuten am Ziel." Paget stieg ab und hob den kleinen Burschen in den Sattel von Sarahs Stute. Bereits eine Stunde nach dem Skandal im Unterhaus war er mit dem zweiten Pferd und Sarahs Reisekleidern in Lambeth angekommen. Er drückte dem Botenjungen den versprochenen Schilling in die Hand und dankte ihm. Dann bat er den einbeinigen Wächter an der Tür, die Pferde zu halten und eilte in den zweiten Stock.

      "Henry, hast Du Dein Herz für die Armen entdeckt?" Sarah eilte dem Kavallerieoffizier entgegen. "Wo können wir hier kurz ungestört reden? Ich muss Dich um einen Gefallen bitten. Kannst Du heute noch nach Hastings reiten und Arthur zurück nach London holen. Cobbett hat eine Bombe im Unterhaus explodieren lassen. Wir befürchten, dass sein Bruder Mornington und die Radikalen sich jetzt so gewaltig in die Haare geraten werden, dass dies auch unerwünschte Auswirkungen auf seine militärische Karriere haben könnte." Paget erklärte der jungen Frau, was im Unterhaus geschehen war und welche Anschuldigungen Cobetts Marionette Paull hervorbrachte. Sarah nickte." Kein Problem. Ich brauche nur mein anderes Pferd mit einem vernünftigen Reitsattel und muss mich zuhause kurz umziehen!" Paget stellte die Reisetasche vor der jungen Frau auf den Tisch:" Alles hier drinnen! Dein Pferd steht gesattelt unten." Nach einem scharfen Ritt erreichte Sarah kurz nach Mitternacht Hastings. Ein Wachposten nahm ihr das völlig verschwitzte Tier ab und man brachte sie zu Arthur, der sich gerade schlafen legen wollte. " Du brauchst Dich nicht weiter auszuziehen, mein Freund. Cobbett stiftet Unfrieden im Unterhaus und Dein Bruder macht alles nur noch schlimmer. Castlereagh und Paget haben mich losgeschickt um Dich zu bitten, auf dem schnellsten Weg nach London zurück zu kommen." Arthur knöpfte sein Hemd wieder zu und griff nach Uniformjacke und Reitmantel. " Du kannst morgen mit John zurückreiten. Leg Dich erst einmal schlafen, Sarah." Dankbar ließ die junge Frau sich auf das angebotene Bett fallen und zog ihre Reitstiefel aus.

      Arthur erreichte London im Morgengrauen. Für die fünfundvierzig Meilen von Hastings in die Hauptstadt hatte er, trotz der Dunkelheit weniger als sechs Stunden gebraucht. Er dankte dem Himmel dafür, in einem Anfall von Wahnsinn die Unsumme von zweihundert Pfund Sterling in seinen dunkelbraunen Vollbluthengst investiert zu haben. Das Tier war trittsicher und absolut unerschrocken. Er hatte gerade noch Zeit, den verschwitzten Elmore gegen ein frisches Pferd zu tauschen und sich umzuziehen. Um halb acht Uhr morgens stand er vor der Tür von Robert Castlereagh. Überaus nervös empfing ihn sein Freund im Esszimmer. Ein junger Bediensteter in schwarzer Livree und mit gestreifter Weste servierte das Frühstück.

      "Du musst Deinen Bruder unbedingt zur Vernunft bringen, Arthur! Wenn die James Paull-Affaire sich ausweitet, wird die Untersuchungskommission der Ostindienkompanie versucht sein, das Kapitel ebenfalls aufzugreifen und der Prozess gegen Deinen Bruder wird nie zu einem Ende kommen. Außerdem hat Paull Dich gestern in seiner kleinen Rede vor dem Unterhaus auch angeklagt. Er behauptet, Mornington habe Dir aus der Truhe der Ostindischen Kompanie dreißigtausend Rupien zugesteckt und Du hättest dieses Geld in die eigene Tasche gesteckt." Der General schenkte sich Kaffee nach und leerte andachtsvoll Milch in die Tasse: " Sicher Robert! Ich unterschlage dreißigtausend Rupien! Ist ganz meine Art. Wer würde einen solchen Unsinn bloß glauben?"

      "Der fette Freddie! Der Oberkommandierende der Streitkräfte wartet doch nur auf eine Gelegenheit, um Dir das Fell über die Ohren zu ziehen, weil er an Richard nicht herankommt. Und für den Herzog von York ist es unerheblich, welchen Wellesley er in die Finger kriegt. Der macht sich nichts aus Details! Außerdem kann er bei Dir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Du bist nicht nur Morningtons Bruder, sondern gleich auch noch der Protegé des Herzogs von Richmond! Der fette Freddie hat Charles Lennox die uralte Geschichte mit dem Duell auf Battersea Commons nie verziehen." Arthur reagierte immer noch nicht in Robert Castlereaghs Sinne. Er strich sich gedankenverloren eine Scheibe Toast. Dann erkundigte er sich höflich beim Butler seines Freundes, ob in der kleinen Kristallschüssel Erdbeer- oder Himbeerkonfitüre sei. "Oh Arthur ! Du machst mich mit Deiner Gleichmut wieder einmal wahnsinnig!" Wellesley sah kurz von seinem Toast auf und strahlte Robert Castlereagh an. "Mein Freund, etwas Besseres als die Geschichte um die dreißig tausend Rupien hätte uns gar nicht passieren können. Wir werden heute erst einmal kräftig Wasser auf Cobbetts und Paulls Feuer gießen. Damit beweisen wir, dass Mr.James Paull ein Schwarzer Peter für die Radikalen ist und keine Trumpfkarte!"

      "Erkläre mir das bitte, Arthur! "

      "Ich habe in der Tat ein Darlehen über dreißig tausend Rupien erhalten. Dieses Geld wurde verwendet, um eine eingeborene Schutztruppe für Oudh aufzustellen und auszurüsten. Paull weiß dies auch ganz genau. Doch er wollte uns die Gewehre, Sättel, Trensen, Stiefel und die restliche Ausrüstung so teuer verkaufen, dass ich damals Colin Campbell und den jungen Alderton nach Madras geschickt habe, um die Sachen zu besorgen."

      "Kannst Du das beweisen, Arthur?" Wellesley schmunzelte und griff erneut nach der silbernen Kaffeekanne: "Natürlich! Damals in Indien habe ich von jedem Schnipsel Papier, den ich fortschickte oder erhielt Kopien aufbewahrt. Die Beweisführung


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