Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
wieder krängte das überladene Schiff gefährlich zur Seite,
wobei es Gefahr lief, zu kentern.
»Refft die Segel, wenn euch euer Leben lieb ist«, brüllte die
Stimme des ersten Offiziers über den Sturm hinweg. Der in einer
roten Uniform gekleidete Mann wandte seinen kantigen Kopf
und blickte kurz zum Steuermann. Zu zweit versuchten sie das
große Steuerrad zu bändigen, um den Bug der Galeone auf die anrollenden
Wellenberge zu richten. Unterdessen kämpften sich die
Matrosen in den Wanten nach oben. Verzweifelt versuchten sie, in
den kleinen Momenten in denen der Sturm innehielt, die Segel
zu bergen, bevor er mit neuer Kraft in seinem Wüten fortfuhr.
Eine unerwartet heftige Böe erwischte einen von ihnen als er auf
durchnässtem Tauwerk ausrutschte. Bevor seine rudernden Arme
neuen Halt fanden, stürzte er mit einem unhörbaren Schrei in die
Tiefe und verschwand kopfüber in der tosenden See und tauchte
nicht mehr auf.
Valderan de’Soto, seines Zeichens erster Offizier der Heiligen Kuh,
biss die Zähne zusammen und fluchte still in sich hinein. Sein
hartes Gesicht mit den stechend blauen Augen verzog keine Miene.
Verluste an Menschenleben kalkulierte ein adeliger Offizier
der Tempelsekte kühl mit ein. Die einfachen Matrosen waren für
ihn nur simple Schachfiguren, einfach Bauern ohne großen Wert.
Nützlich nur, wenn man sie für die Zwecke des Tempels einsetzen
konnte, doch ansonsten ohne Bedeutung.
Jetzt jedoch wurde jeder Mann gebraucht, um die Galeone unter
Kontrolle zu bekommen, daher galt es, verflucht sei Neptun,
auf das Leben der Besatzung Rücksicht zu nehmen. Heftig trieb
Valderan de’Soto die Männer an und endlich gelang es, die Segel
soweit zu reffen, dass die Gefahr des Kenterns gebannt war. Ihm
schien, dass die Gewalt des Sturms abflaute und das Schlimmste
wohl überstanden war. Mit Geschick, Glück und Neptuns Hilfe
würden sie diesen unerwarteten Orkan hinter sich lassen und den
sicheren Hafen erreichen.
Ein Knarren zeigte ihm, dass sich die Tür der Kapitänsmesse
öffnete und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Gestalt des Kapitäns,
der sich mühsam gegen den immer noch heftigen Wind den
Aufgang zum Vordeck hoch kämpfte. Mürrisch grüßte de’Soto die
vermummte Schiffsführerin und schluckte seinen tief sitzenden
Groll hinunter, denn eigentlich hatte er sich das Kommando über
die Heilige Kuh erhofft. Doch im letzten Moment hatte sich Fürst
Ramoris höchstpersönlich für seine Ex-Gemahlin Aurelia von Lethos
entschieden.
Sie sollte die Galeone als Kapitän befehligen, so lautete sein Befehl
und gegen die ausdrückliche Order des Tempelobersten wagte
de’Soto nicht aufzubegehren. Seit drei Jahren segelten sie nunmehr
zusammen mit der Heiligen Kuh auf den Ozeanen vieler Welten
und mithilfe seiner Magie, auch durch das unendliche Sternenmeer.
So schwer es ihm fiel, dies einzugestehen, sie machte ihre Sache
verdammt gut und wäre sie der Sternenstaubmagie mächtig, die
für Fahrten im Sternenmeer unerlässlich war, würde er sich niemals
Hoffnung auf die Kapitänswürde machen können.
»Wie sieht es aus, de’Soto. Lässt der Sturm langsam nach?«,
erkundigte sich Aurelia mit ihrer dunklen rauchigen Stimme.
»Aye, Käpt’n, der Sturm legt sich allmählich. Wir konnten die
Segel gerade noch rechtzeitig einholen. Leider ging dabei ein Matrose
über Bord und konnte nicht mehr gerettet werden.«
De’Soto schaute sie mit gemischten Gefühlen an. Als Mann
kam er nicht umhin, ihre Erscheinung zu bewundern. Sie war eine
prachtvolle Frau, kein Wunder, das Fürst Ramoris sie zur Gemahlin
genommen hatte, auch wenn es sicherlich politische Gründe
für diese Verbindung gab. Aurelia von Lethos entstammte einer
alteingesessenen Adelsfamilie, die über weitreichende wichtige
Verbindungen auf Thetis sowie zu anderen Welten verfügte. Dank
dieses engen Beziehungsgeflechts übte sie erheblichen politischen
Einfluss aus.
Sie war groß für eine Frau, beinah sechs Fuß und damit fast so
groß wie er. Es brachte ihre schlanke Figur vollendet zur Geltung.
Aufregend lange Beine, eine schmale Taille sowie ein nicht zu kleiner
Busen betonten ihre Weiblichkeit ohne dabei aufdringlich zu
wirken. Auf dem schlanken Hals befand sich ein Kopf mit wahrhaft
aristokratischen Zügen, der ihr gleichmäßig fein gegliedertes
Aussehen unterstrich und damit die edle Abstammung, der sie sich
rühmen konnte.
Ihr von vollen roten Lippen eingerahmter Mund offenbarte eine
Doppelreihe perlweißer Zähne, die nicht den Hauch einer Abnutzung
oder Verfärbung zeigten. Das kam in Kreisen des Adels seltener
vor, weil die Angehörigen dieser Klasse gewissen Genüssen
übermäßig zugeneigt waren. De’Soto war sich sicher, dass sie für
ihr makelloses Aussehen bestimmte wenn auch teure Schönheitszauber
benutzte. Darüber erblickte er die vollkommenste Nase,
die er je bei einer Frau gesehen hatte. Sie passte einfach perfekt
in dieses Gesicht. Kühn und edel geformt, nicht zu groß oder
zu breit, verlieh sie ihr das gewisse Etwas. Ihre Miene trug einen
kraftvollen Ausdruck, der noch durch ein Paar grüner Augen verstärkt
wurde, die allerdings für seinen Geschmack eine Winzigkeit
zu weit auseinander standen.
Ein diesen Augen innewohnender Schimmer zog unweigerlich
jeden in den Bann, der zu lange hineinschaute und sich in ihnen
verlor. Obwohl ein solcher Austausch tiefer Blicke bei ihr zu den
eher seltenen Vorkommnissen zählte, wie er ihrer Akte entnommen
hatte. Denn im Umgang mit Menschen verhielt sich die schöne
Frau