Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
der Suche nach ihrer Tochter keinen festen Gefährten und
nur gelegentlich durfte ein Liebhaber ihr Lager teilen. Doch leider,
Neptun sei es geklagt, gehörte er nicht zu den Auserwählten, dem
diese Ehre und Lustbarkeit zuteil geworden war.
Überhaupt, fiel ihm nach kurzer Überlegung ein, erhielt nie
ein Angehöriger des Tempels je ihre Gunst. Abgesehen von ihrem
Ex-Mann Fürst Ramoris, doch dies war eher der Familienpolitik
geschuldet als wahrer Liebe. Am auffälligsten war jedoch ihr
kupferfarbenes Haar, das in einer fülligen lockigen Mähne über
den halben Rücken fiel und im immer noch heftigen Wind wie
ein Banner wehte. Über der Kapitänsuniform trug sie einen regenfesten
grauen Umhang aus weichem Leder, der bis hinab zu den
Knöcheln reichte und die langen Stiefel aus Brontushaut verdeckte.
De’Soto hatte nie ganz verstanden, warum sich der Fürst von dieser
Frau getrennt hatte. Zwar besagten Gerüchte, dass es mit dem
Verschwinden ihrer gemeinsamen Tochter Mylinda zusammenhing,
die vor vielen Jahren entführt worden war. Allerdings konnte es
das nicht allein gewesen sein. Er schüttelte den Kopf und machte
sich frei von diesen Gedanken, denn er musste der Schiffsführerin
seine ganze Aufmerksamkeit widmen. Eines der Dinge, die
sie absolut nicht vertrug, war Unaufmerksamkeit gegenüber dem
Gesprächspartner. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um den
Vorgesetzten handelte.
Aurelia musterte ihren ersten Offizier scharf. Sie wusste um die
menschliche Rücksichtslosigkeit in den Reihen des Tempels, vor
allem bei den ranghöheren Offizieren. Daran war letztendlich auch
ihre Ehe gescheitert, da ihr Ex-Mann dieselbe Geisteshaltung offenbarte.
Diese war bei fast allen Angehörigen der Führungselite
der Priesterschaft anzutreffen. Auch, dass de’Soto Ambitionen auf
die Insignien des Kapitäns verspürte, war ihr nicht verborgen geblieben.
Doch bis jetzt hatte sie keinen Anlass gefunden, ihn seines
Postens zu entbinden und es war sicher auch nicht ratsam, sich
seiner zu entledigen.
Denn der Arm des Tempelgeheimdienstes reichte weit, sehr
weit, daher musste sie noch gute Miene zum finsteren Spiel der
Priester machen. De’Soto war ein gut ausgebildeter Geheimdienstoffizier
der Sekte und ihr sicher mit Bedacht und im Auftrag ihres
Ex-Mannes zugeteilt worden. Es war ihm einfach nicht beizukommen.
Außerdem erledigte er seine Arbeit pflichtgetreu und zuverlässig,
auch wenn ihr klar war, dass er als Aufpasser und Wächter
im Auftrag ihres Ex-Mannes fungierte. Zudem brauchte sie seine
magischen Fähigkeiten für die Fahrten im Sternenmeer. Den dafür
notwendigen Sternenstaub lieferte der Tempel während de’Soto
seine speziell dafür ausgebildete Magie beisteuerte, ohne die Sternenfahrten
nicht möglich waren. Sie hätte längst selbst diese Ausbildung
gemacht, doch unter fadenscheinigen Vorwänden war ihr
dies stets verwehrt worden.
Sie vermutete nicht zu unrecht, dass dies der offizielle Anlass
war, ihr einen zuverlässigen Aufpasser des Tempelgeheimdienstes
an die Seite zu stellen. Und so hatten sie in mehreren Jahren einige
Fahrten zusammen gemacht und dabei wertvolle Fracht zu den
geheimen Schatzdepots des Tempels befördert.
»Das ist bedauerlich, es tut mir um jeden Mann leid, den sich
die See holt. Neptun möge seiner Seele gnädig sein, auch wenn es
sich nur um einen einfachen Matrosen handelt, der sicherlich ein
loyaler Anhänger des Tempels war. Sorgen sie dafür, dass seine Angehörigen
benachrichtigt werden, de’Soto und dass seine Familie
die offene Heuer sowie die ihm zustehende Entschädigung erhält,
die der Tempel großzügigerweise für die Hinterbliebenen zahlt.«
Ehrliches Mitgefühl war der Stimme Aurelias zu entnehmen.
›Sie ist einfach zu weich‹, dachte de’Soto verächtlich und sagte
laut: »Wird erledigt, Käpt’n. Ich werde dem Zahlmeister entsprechende
Anweisung geben und er wird im nächsten Hafen das Erforderliche
veranlassen. Die dortige Niederlassung des Tempels
wird über das Netz die Nachricht an die Zentrale zur weiteren Erledigung
weiterleiten.«
»Gut, dann wäre das geklärt. Lasst unverzüglich alle Schäden,
die der Sturm angerichtet hat, feststellen und soweit als möglich
beheben. Meldet mir anschließend Vollzug, de’Soto. Wenn das
Schiff wieder seetüchtig genug ist, nehmen wir mit ganzer Takelage
und mit Vollzeug Kurs auf Shan’hor, um den Hafen noch rechtzeitig
zu erreichen. Jedoch erst, wenn die Schäden an der Takelung
behoben sind. Der dortige Agent hat wertvolle Fracht für mich
und wartet ungeduldig auf mein Erscheinen. Wir sollten ihn nicht
zu lange warten lassen.« De ’Soto nickte zustimmend, denn er
wusste, auch ohne die Andeutung des Kapitäns, von der kostbaren
Ware, die sie erwartete. Im Anschluss ging es noch nach Ladimara,
wo sie weitere Handelsgüter entladen würden, die sie zur Tarnung
ihres eigentlichen Tuns mit sich führten. Danach war endlich der
Zeitpunkt gekommen, das unendliche Sternenmeer aufzusuchen,
um Kurs auf das Geheimdepot des Tempels zu nehmen. Nur er
und die Schiffsführerin waren über die Route zu dieser Schatzkammer
der Sekte informiert, von denen es sicher mehrere gab.
Doch aus Gründen der Geheimhaltung und Angst vor Verrat, wurde
auch ein verdienter und loyaler Offizier wie er, nur mit den nötigsten
Informationen versehen. Die Besatzung musste nach jeder
Fahrt zum Depot einer aufwendigen Prozedur unterzogen werden,
in der ihr mit einem speziellen Zauber die Erinnerung an Kurs
und Aufenthalt genommen wurde. Dies war eine weitere, wenn
auch teure, Sicherheitsmaßnahme der Tempelführung.
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