Das Magische Universum. Christian Sternenfeuer
für den Tempel herauszuholen.
In der Zwischenzeit hatte der Bootsmann, am Fallreep hängend,
mit einer wahrhaft artistischen Leistung den Ghurka gepackt, um
ihn auf die Strickleiter zu hieven. Er wirkte geschwächt, konnte
sich jedoch aus eigener Kraft festhalten und mit Hilfe des Bootsmannes
mühsam das Fallreep hochklettern. De’Soto überwand
seine Abneigung, packte den fremden Seefahrer am Arm und half
ihm persönlich über die Reling. Dann betrachtete er den durchnässten
Fellberg aus unmittelbarer Nähe.
»Ich kann nicht sagen, dass ich über die Rettung eines Ghurka
hocherfreut bin. Doch Nantau erbarmt sich jeder Kreatur. Damit
gewährt der Tempel auch Angehörigen anderer Rassen Schutz und
Hilfe, so sie denn benötigt wird. Seid ihr soweit bei Kräften, dass
ihr mir euren Namen nennen könnt, Ghurka?«
Leicht schwankend stand der löwenköpfige Riese vor ihm. Erleichtert
und dankbar schaute er seinem Retter in die Augen.
»Mein Name ist Ja’hir el Prado. Ich danke euch für eure Hilfe. Ihr
habt mir das Leben gerettet, Mylord. Denn ohne eure Unterstützung
wäre ich sicherlich umgekommen. Könnte ich etwas Wasser
zu trinken bekommen? Ich treibe seit drei Tagen in der heißen
Sonne und bin am verdursten«, bat der Ghurka mit grollender,
jedoch schwacher Stimme. Sein Banderash war einwandfrei zu verstehen
und keinerlei Akzent darin zu vernehmen.
Herrisch winkte de’Soto einen Matrosen herbei und befahl ihm
einen Krug mit frischem Wasser für den Schiffbrüchigen zu bringen.
»Natürlich, Ja’hir. Wir danken Nantau, dass wir euch retten
konnten. Schließlich wird jede gute Tat von den Göttern vergolten,
also haben wir alle gewonnen. Ihr euer Leben und wir steigen
eine Sprosse höher auf der Leiter der Glückseligkeit, so wie es uns
unser Glaube verheißt. Ich bin übrigens der erste Offizier dieser
Galeone. Mein Name ist Master de’Soto, ihr solltet euch diesen
Namen gut merken«, informierte der stellvertretende Kommandant
der Heiligen Kuh den Geretteten zweideutig.
Der Ghurka setzte den herbeigebrachten Krug an den Mund.
Mit gierigen Schlucken trank er die Hälfte des Gefäßes leer, bevor
er es erstmals absetzte.
»Maat, besorgt einigermaßen passende Kleidung für unseren
Gast und bringt sie in die Kapitänsmesse«, erteilte der Erste Anweisung,
bevor er sich wieder dem Ghurka zuwandte.
»Seid so freundlich, mich in die Kapitänsmesse zu begleiten,
Ja’hir. Dort werdet ihr euch umkleiden können. Außerdem stehen
Wein und Speise zur Stärkung für euch bereit. Kapitän Lethos
wird euch empfangen und einige Fragen haben, die ihr, so ihr euch
dazu imstande seht, bitte beantwortet.«
»Ich nehme euer Angebot dankend an, Master de’Soto«, antwortete
Ja’hir mit bereits kräftigerer Stimme, wobei er die allgemein
gebräuchliche Anrede für Personen mit Befehlsgewalt benutzte.
»Steuermann, setzt das Schiff wieder auf alten Kurs«, gab
de’Soto lautstark Anweisung an den Rudergast, bevor er sich in
Richtung Kapitänsmesse bewegte, um gleichzeitig mit einer Handbewegung
die beiden bewaffneten Matrosen fortzuscheuchen.
»Lasst mich bald mit dem Kapitän sprechen, Master de’Soto.
Möglicherweise gibt es einen Grund, noch etwas in diesem Gebiet zu bleiben.«
Erstaunt blickte de’Soto den in einer aufgeweichten Uniform
steckenden Ghurka fragend an, sagte jedoch nichts.
›Was sollte uns in dieser öden Wasserwüste interessieren‹, dachte
er verächtlich. ›Die Sonne hat ihm wohl zulange das Hirn gebraten
und er ist nicht mehr ganz bei Verstand.‹
Die Kapitänsmesse war ein großer geräumiger Raum und, wie
es dem Kapitän einer Hallelujagaleone zustand, üppig ausgestattet.
Aurelia erwartete bereits mit Spannung den geretteten Ghurka, den
sie mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen begrüßte.
»Darf ich vorstellen, Käpt’n . Ja’hir el Prado, der in Seenot geratene
Ghurka, den zu retten uns Nantau erlaubte. Dies ist der
Kapitän der Heiligen Kuh, Mylady Aurelia von Lethos«, beendete
de’Soto die formelle Vorstellung.
Es klopfte an der Tür und nach einem kurzen Moment des
Zögerns trat der Bootsmaat ein, der ein Bündel Kleidung hereinbrachte.
»Bevor wir unsere Unterhaltung fortsetzen, sollte sich unser
Gast erst einmal frisch machen und trockene Kleidung anziehen.
Danach kann er sich ausgiebig stärken, um nebenbei zu berichten,
was ihm zugestoßen ist«, schlug Aurelia vor, wobei sie auf die Tür
zum Nebenraum wies.
»Dort findet ihr alles, um euch herzurichten, Master Ja’hir. Seid
so freundlich und nutzt die Annehmlichkeiten, die mein Schiff zu
bieten hat. Betrachtet euch als mein Gast.«
»Mein ergebener Dank, Kapitän Lethos. Ich nehme euer Angebot
an und werde es gerne nutzen. Doch zuvor möchte ich euch
noch bitten, das Schiff solange kreuzen zu lassen, bis ich euch
weitere wichtige Informationen gegeben habe, die von großer Bedeutung
für euch sein könnten.«
Überrascht, wie zuvor de’Soto, schaute Aurelia den immer noch
nassen Ghurka an. Sie blickte in zwei schwarze Augen, die ihr vertrauenswürdig
erschienen. Einer inneren Eingebung folgend, entschloss
sie sich auf ihre Intuition zu hören, obwohl dies eindeutig
gegen die Dienstanweisungen eines Kapitäns verstieß.
»In Ordnung, Master Ja’hir. Ihr habt mich neugierig gemacht.
Ich denke, dass eine Stunde Verzögerung genügen sollte, eure Geschichte anzuhören.
Danach werde ich entscheiden, wie wir weiter verfahren werden. Es wäre jedoch in
unser aller Interesse wenn ihr euch etwas beeilen könntet, damit die Mannschaft nicht beunruhigt wird.«
»Danke für