Vor dem Imperium. Martin Cordemann
„Wir versuchen es, Sir.“
„Vier Minuten dreißig Sekunden bis Schussweite.“
MacAllister klopfte auf seiner Konsole herum. Er war nervös.
„Fähre bereit zum Eindocken.“
„Rein damit.“
„Station ruft Schiffe zurück. Drei der Schiffe drehen ab. USS Denham und USV Belgrad ändern ebenfalls den Kurs.“
„Hätte mich auch gewundert, wenn Bricket sich durch sowas irritieren lassen würde.“
„USS Carter eröffnet Feuer, Sir.“
„Treffer?“
„Sie befindet sich noch außerhalb der Schussweite.“
„Sehr gut. DuValle, schießen Sie die vorbereiteten Sonden ab. Vielleicht irritiert ihn das ja ein bisschen.“
„Fähre gedockt, Sir.“
„Volle Kraft voraus.“
„Wohin?“
„Zum Mars.“
„Kurs ist berechnet. USS Carter hat unsere Sonden mit ihren Lasern zerstört... und setzt die Verfolgung fort.“
„Soll sie. Verbinden Sie mich mit dem Kapitän.“
„MacAllister!“ Auf dem Bildschirm erschien ein gerötetes Gesicht. „Geben Sie auf, Sie haben keine Chance!“
Der Captain lächelte und sagte ruhig: „Das wollte ich auch gerade sagen.“ Dann schaltete er ab.
DuValle winkte ihn zu sich herüber. „Captain, sehen Sie sich das mal an. Wir bekommen jetzt die Daten vom Pluto.“
Der Captain seufzte. „Sie werden mir doch nicht sagen wollen, dass die da jetzt eine Freiheitsstatue gebaut haben?“
„Nein. Sie haben uns lediglich die Möglichkeit genommen, etwas mehr über sie herauszufinden.“ Er deutete auf den Bildschirm. Der Zylinder, das einzige Artefakt einer fremden Zivilisation das die Menschheit jemals zu Gesicht bekommen hatte, war verschwunden!
Der Gott des Krieges
Mars, der rote Planet mit seinen ausgetrockneten Flussbetten, die man vor vielen Jahren für Kanäle, für Anzeichen einer alten Zivilisation gehalten hatte, mit seiner Bergformation, die aus der Luft betrachtet wie ein Gesicht aussah, mit all seinen Eigenschaften, die schon oft den Stoff für Zukunftsgeschichten geliefert hatten. Nun nahm dieser Planet, der äußere Nachbar der Erde, auf dem Bildschirm mehr und mehr Gestalt an.
„Nun, Doktor“, wandte MacAllister sich an DuValle, „was können sie uns über den Mars erzählen?“
„Außer, dass er die Autoren immer wieder zu Geschichten inspiriert hat?“
„Ja, das wissen wir schon.“
„Seine Atmosphäre besteht zu 95% aus Kohlendioxid, 3% Stickstoff, 1.5% Argon, 0.3% Sauerstoff sowie Spuren von Wasserdampf, Krypton und Xenon.“
„Aha.“
„Im Äquatorialbereich liegen die Temperaturen zwischen +16 und +24 Grad Celsius, an den Polkappen zwischen -120 und -130 Grad. Die Oberfläche setzt sich zusammen aus 12-16% Eisen, 13-15% Silicium, 3-8% Calcium, 2-7% Aluminium und 0.5-2% Titan. Es gibt Vulkane, ausgetrocknete Flussbetten und ein Sonnentag dauert dort 24 Stunden 39 Minuten und 35 Sekunden. Die beiden Monde heißen Phobos, das ist der längliche, der von West nach Ost rotiert, und Deimos, der rundlichere.“
„Vielen Dank.“
„Das ist noch nicht alles“, fuhr der Wissenschaftler fort. „Es gibt zwei Raumstationen, eine militärische und eine wissenschaftliche. Auf der Oberfläche befinden sich die Stützpunkte Mars 1 und Mars 3.“
„Was ist mit Mars 2?“
„Der wurde durch einen Meteoriteneinschlag zerstört. Commander Coster und seine ganze Besatzung kamen dabei ums Leben.“
„Wann sind wir da?“
„In gut dreieinhalb Stunden.“
„Gut, dann nutz ich die Zeit, um mal etwas über unseren außerirdischen Fund in Erfahrung zu bringen.“
„Bitte nennen Sie es nicht so“, murmelte DuValle.
„Warum nicht?“
„Es... wir haben es nicht, also ist es kein Fund. Und da wir es nicht haben, werden wir vielleicht nie herausfinden, ob es wirklich außerirdisch war.“
MacAllister blieb stehen. „Sie meinen, jemand hat sich die Mühe gemacht, vor zehn Jahren einen Prototyp zu starten, damit zum Pluto zu fliegen, ohne dass irgendwer was davon mitbekommen hat und dann hat er es zufällig erst zu dem Zeitpunkt geschafft, als es Zeugen gab, den Prototyp zu bergen?“
„Ist das so undenkbar? Ich meine, dass man es geheim halten wollte? Immerhin ist dieses Schiff auch ein Prototyp und das erste was passiert ist, war, eine Krise auszulösen. Vielleicht wollte man genau so etwas vermeiden.“
„Guter Punkt. Schauen wir, was uns die Historiker sagen.“
Die Historiker waren nur einer und der hieß Calloway, war Professor und Humor war nicht unbedingt seine starke Seite. Als der Captain in sein Labor trat, sah er mäßig interessiert auf.
„Soll das ein Witz sein?“
„Das war auch meine erste Frage.“
„Was war die Antwort, die Sie bekommen haben?“
„Wenn es einer war, dann keiner von uns.“
„Das Band ist also echt.“
„Das Band ja. Was ist mit der Abbildung?“
„Könnten unglückliche Lichtverhältnisse sein.“
„Lässt sich das feststellen?“
„Nein.“ Der Professor schüttelte den Kopf. „Ob es wirklich da drauf ist oder nicht lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.“
„Was ist mit den Sonden?“
„Die zeigen auch nicht viel.“
„Wieviel ist nicht viel?“
„Nicht viel.“
„Im Sinne von sehr wenig.“
„Sogar noch weniger.“ Der Captain war kurz davor, die Geduld zu verlieren, doch Calloway fügte hinzu: „Sehen Sie selbst.“ Der Historiker schaltete auf Wiedergabe und auf dem Bildschirm erschien das Bild des Zylinders. Nach einiger Zeit, in der sich nicht das Geringste ereignet hatte, gab es eine kurze Bildstörung und dann war das Bild der Landschaft so klar wie vorher – nur, dass der Zylinder verschwunden war.
„Das ist alles?“
„Alles, was wir haben. Wenn man den Timecode vergleicht, dann sieht man, dass die Aufnahme gestört wurde. Aber nicht für lange.“
„Das heißt also, dass das Rätsel des Plutos ein solches bleiben wird. Schade. Was haben Sie über die Freiheitsstatue herausbekommen?“
„Sie war ein Geschenk der Franzosen an die...“
„In unserem aktuellen Fall?“
„Da kann ich nur spekulieren.“
„Na dann strengen Sie sich mal an.“
„Falls es wirklich Außerirdische waren und falls die wirklich die Freiheitsstatue auf ihr Ding da gepinselt haben, dann kann das einiges bedeuten. Vielleicht hat ihnen die Form gefallen? Vielleicht kannte man die menschliche Geschichte und das Objekt war gleichermaßen als ein Geschenk der Freundschaft gedacht – was allerdings die Frage aufwirft, warum man es wieder