Vor dem Imperium. Martin Cordemann

Vor dem Imperium - Martin Cordemann


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      „Spannend?“ fragte DuValle.

      „Im höchsten Maße!“ Der Captain wandte sich an seine Brückenoffiziere. „Landefähre 2 vorbereiten.“

      „Wofür?“

      „Für den Notfall. Unseren Jungs da unten steht eine gefährliche Aufgabe bevor und ich hätte gerne ein Rettungsteam in Bereitschaft. Nur für den Fall.“

      DuValle hob die Schultern.

      „Was soll das Landeteam denn machen?“

      „Das Ding untersuchen, das ist doch klar.“

      „Aber...“

      „Doktor, es ist das erste Mal, dass wir auf etwas gestoßen sind, das möglicherweise nicht von der Erde stammt. Dies ist unsere erste Chance darauf, Beweise für intelligentes Leben zu finden. Sie wollen doch nicht, dass unsere Crew da unten die Triebwerke anschmeißt und wieder hier rauf fliegt, ohne sich das Ding wenigstens mal angesehen zu haben, oder?“

      „Es... es... nein.“

      „Gut. Clausen, bringen Sie uns in eine Umlaufbahn über dem Objekt. Harris, Verbindung zur Landefähre.“

      „Hier ist die Asimov, Pilot Doyle.“

      „Doyle, es geht los. Nehmen Sie eine genaue Sensoranalyse des Objekts vor.“

      „Haben wir schon gemacht.“

      „Und?“

      „Ohne Befund.“

      „Könnte es sich bei dem Objekt um das 'Radarecho' handeln, das wir beim Anflug bemerkt haben?“

      „Nein, Sir, es ist teilweise im Eis begraben. Wahrscheinlich liegt es hier schon länger.“

      „Das stimmt, Captain“, mischte sich DuValle ein, „die Daten von der Oberfläche sind jetzt angekommen. Laut unseren Berechnungen liegt das Ding da schon seit mehr als zehn Jahren.“

      „Dann war das andere vielleicht... eine Rettungsmission?“ mutmaßte Clausen.

      „Da haben die aber lange gebraucht. Tja, Mr. Doyle, ich fürchte, Sie müssen da jetzt raus.“

      „Haben wir uns schon gedacht, Sir. Ito und ich haben unsere Raumanzüge schon an. Wir haben alles so eingestellt, dass Sie unseren Funkverkehr mitverfolgen können.“

      „Sehr gut.“ Captain MacAllister nickte befriedigt. Er hatte eine gute Crew. „Ach, Doyle, Ito?“

      „Ja, Sir?“

      „Viel Glück!“

      Durch die Schleuse der Fähre verließen Doyle und Ito den Schutz des kleinen Raumes und traten hinaus in die eisige Welt von Pluto. Der Himmelskörper war zu klein, um eine Atmosphäre zu haben.

      „Was ist denn das für Schnee, auf dem wir hier laufen?“ fragte Doyle und sah sich um.

      „Gefrorenes Methan“, meinte Ito, der der wissenschaftlichen Abteilung angehörte. Für ihn ging gerade ein Traum in Erfüllung. Einmal einen Fuß auf einen fremden Planeten setzen. Und dann noch einen Beweis für fremdes Leben finden... zwei Träume, möglicherweise. Er war so froh, dass er sich für diese Mission gemeldet hatte. „Wir müssen da lang“, sagte er und deutete nach links. Langsam bewegten sich die beiden vorwärts.

      „Ein Kilometer... ist das Luftlinie?“

      „Luftlinie ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort – aber ich weiß, was Sie meinen. Warten Sie, gleich müsste es soweit sein.“ Als sie einen kleinen Hügel überquert hatten, konnten sie im Tal vor ihnen, keine hundert Meter entfernt, das Objekt sehen. „Mein Gott“, stieß Ito hervor, „es sieht fast so aus wie ein Raumschiff!“

      „Es sieht aus wie eine lange Röhre.“

      „Petronia, wir sind jetzt 50 Meter davon entfernt. Bisher keine Reaktion auf unsere Funkbotschaft.“ Ito trug ein Gerät bei sich, das automatisch eine Botschaft des Friedens in verschiedenen Codes aussendete.

      „Wir empfangen Ihr Signal klar und deutlich“, sagte MacAllister. „Machen Sie weiter so.“

      Als die beiden bis auf zehn Meter an das Objekt herangekommen waren, blieb Doyle plötzlich stehen und deutete Ito an, es ihm gleichzutun. „Ito, bleiben Sie hier“, sagte er. „Ich sehe mich mal um, schaue, ob ich ne Einstiegsluke oder sowas finden kann.“

      „Und ich...“

      „Sie halten hier die Stellung, für den Fall, dass wir hier nicht allein und die mir nicht besonders freundlich gesonnen sind.“

      Doyle trat langsam näher an das Gebilde heran. Es bestand kein Zweifel mehr, es handelte sich um einen künstlichen Gegenstand, auf keinen Fall um etwas Natürliches. Das hier war geschaffen worden, von wem oder was auch immer. Mit einem Schaber versuchte er, etwas von der Außenhaut abzukratzen, aber es gelang ihm nicht. Auch eine spektroskopische Analyse blieb erfolglos.

      „Jedenfalls ist es nicht von hier“, murmelte er. „Völlig fremdartige Zusammensetzung.“ Vorsichtig ging er um das Objekt herum. Nirgendwo war eine Luke zu sehen oder ein Fenster oder ein Schott. Es gab nicht mal die Spur einer Ritze in der Oberfläche. „Hier ist nichts. Ito, können Sie auf Ihrer Seite vielleicht ein Schott sehen?“ Doyle wartete und sah sich das Ding der Länge nach an. Keine Spur von einem Einschnitt. „Na, Ito, was ist?“ Wieder wartete er. Ito musste sich auf der anderen Seite des Objektes befinden. „Ito?“ Keine Antwort. Hektisch begann Doyle, um den Zylinder herumzulaufen. Seine automatische Kamera fing dabei etwas ein, das er in seiner Eile völlig übersah. „Doyle an Petronia, ich habe keine Verbindung mehr mit Ito. Doyle an Petronia, ich wiederhole, ich habe keine Verbindung mehr mit Ito.“ Er blieb stehen. „Petronia, können Sie mich hören?“ Nicht einmal Rauschen beantwortete seine Frage. Hastig setzte er seinen Weg um den Zylinder fort, doch wo er Ito verlassen hatte, fand er – niemanden! „Ito!“ brüllte er in sein Helmmikro. Keine Antwort. „Oh Gott, ich bin abgeschnitten. Ito ist verschwunden, keine Verbindung mit dem Schiff...“ Niedergeschlagen setzte er seinen Weg zu der Stelle fort, an der er Ito verlassen hatte.

      Plötzlich sah er aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Blitzschnell drehte er sich um. Im Schatten des fremden Objekts bewegte sich etwas. Etwas, das etwa so groß war wie er selbst. Doyle brach der Schweiß aus. „Ito, sind Sie das? Ito, verdammtnochmal, antworten Sie!“

      „Doyle?“ Das war nicht Ito. „Doyle, waren Sie das gerade?“

      „Captain?“

      „Wir dachten, wir hätten Sie verloren. Plötzlich war der Kontakt mit Ihnen abgebrochen.“

      Doyle sah zu der Figur, die sich aus dem Schatten des fremden Dings löste. Es war Ito.

      „Ito, wo waren Sie denn?“

      Keine Antwort.

      „Ito, wo haben Sie gesteckt?“

      Schweigen in seinem Kopfhörer.

      Misstrauisch sah Doyle der Gestalt entgegen, die nun langsam auf ihn zu kam. War das wirklich Ito? Vorsichtig wich er einen Schritt zurück. Dann plötzlich...

      „...ie die ganze Zeit gesucht. Doyle, können Sie mich hören? Ich habe Sie die ganze Zeit gesucht.“

      „Mich gesucht?“

      „Ich höre Sie. Plötzlich war die Verbindung mit Ihnen weg und nachdem auch das Schiff nichts mehr von Ihnen gehört hat, meinte der Captain, ich sollte mal nach Ihnen suchen.“

      Doyle hatte eine Idee. „Das könnte... bleiben Sie mal da stehen.“

      „Hier?“

      „Ja, ganz genau.“ Doyle ging langsam auf den Zylinder zu, während er laut zählte: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, se...“

      Ito winkte ihm zu. Doyle blieb stehen, sagte etwas und trat dann wieder einen Schritt vor. „...icht gehört?“


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