Promise. Sarah L. R. Schneiter

Promise - Sarah L. R. Schneiter


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sie bäte trotz ihrem manchmal großen Ego darum, wenn sie wirklich Hilfe brauchte. Stattdessen trat sie zu Dan, griff nach ihrem Messer, schnitt seine Fesseln durch und half ihm, sich aufzusetzen. „Wie geht es dir?“

      „Frag nicht“, antwortete er kurzatmig. „Immerhin sehe ich nach der Blendgranate wieder etwas. Gib mir keinen Blaster, ich will nichts tun, was ich später bereue.“

      Nani begriff, insbesondere wegen seiner Kopfwunde, dass er wohl über die letzten Stunden mehrmals misshandelt worden war und kam sich nutzlos vor, da sie unsicher war, was sie für den Kameraden tun konnte. Das einzige, was ihr einfiel, war eine Gewohnheit aus ihrer Kindheit, wo ihr stets ein Tee angeboten worden war, wenn sie aufgebracht war, also meinte sie: „Wenn ich dir irgendwie helfen kann, sag es bitte einfach. Hol dir erst mal eine Tasse starken Tee, ich räume so lange mal hier auf und bringe den ganzen Müll raus.“

      Dan stand mechanisch auf. Er torkelte leicht, als er zur Theke ging, die hinten im Raum stand, um bei der Getränkemaschine seinen Wunsch einzutippen. Nani hätte ihm gerne geholfen, nur standen sie weiterhin unter Zeitdruck, weswegen sie entschuldigend erklärte: „Ich muss rasch Natala anrufen, wir haben noch immer eine ziemlich heikle Situation da draußen.“

      Er nickte mechanisch, trank die Tasse in einem Zug leer, um sich schließlich abwesend auf einen Sessel fallen zu lassen. Widerstrebend griff Nani nach ihrem Com und rief Natala an, während sie die bewusstlosen Gegner fesselte.

      „Gut“, sagte Natala eben, „dann müssen wir halt eine andere Lösung finden.“ Ihr Com zirpte und unterbrach sie in ihrer fruchtlosen Verhandlung. Den empörten Nate ignorierend, der zu viel Respekt vor dem Detonator hatte, um etwas zu unternehmen, zog sie das Gerät aus der Hosentasche und nahm den Anruf entgegen. Sie lauschte einige Sekunden Nanis Bericht, ehe sie sprach. „Gut, alles klar. Wir sollten bald fertig sein, gehen wir nach Plan vor.“

      Kaum hatte sie die Verbindung unterbrochen, wollte Nate genervt wissen: „Was sollte das?“

      Statt ihm zu antworten, wurde ihre Stimme kalt, als sie weiter in ihr angestecktes Mikrofon befahl: „Stan, schieß ihm ins Bein.“

      Bevor Nate reagieren konnte, hörte sie ein kurzes Zischen in der Luft und ein Lichtprojektil traf ihn ins linke Knie. Er brach zusammen, hob gleichzeitig den Blaser und schoss ohne zu Zielen in Natalas Richtung. Der Schuss verfehlte sie, da es Natala ein Leichtes gewesen war, sich wegzuducken, was Sven die Gelegenheit verschaffte, dem Gangsterboss derart hart gegen das Handgelenk zu treten, dass dieser seine Waffe fallen ließ. Kaum war er entwaffnet, hob Sven den Blaster auf und hielt ihn damit in Schach, was Natala Zeit verschaffte, sich nach dem anderen Gangster umzusehen, der an der Rampe Wache gehalten hatte; er lag betäubt auf dem Sand, Nani stand hinter ihm. Nate setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf und schrie keuchend in sein Com: „Bringt den Piloten um, verdammt!“

      „Niemand kann dich noch hören.“ Ein verächtliches Lächeln war alles, was sie für den Kerl aufzubringen bereit war. Natala genoss es, die Oberhand zu haben, ihm dies quälend langsam unter die Nase reiben zu können. Erst nach einer Pause erklärte sie: „Meine Crew hat das Schiff übernommen, all deine Leute sind unschädlich gemacht. Du hast keine Verhandlungsbasis mehr, es gibt nichts, das du uns noch anbieten könntest.“

      Nate schnaubte wütend, wenn Natala auch glaubte, nun Angst in seinen Augen zu erkennen. Sie hätte ihn liebend gerne erschossen, hielt sich aber zurück, da sie es als unehrenhaft empfand, einen unbewaffneten Gegner niederzumachen. Bislang hatte sie ausschließlich getötet, wenn es nicht anders ging, daran gedachte sie weiterhin festzuhalten. Als Stanley mit dem geschulterten Scharfschützengewehr über die Landebucht auf sie zukam, zog sie den Detonator aus ihrer Tasche, um ihn zu deaktivieren. Auf eine sichere Distanz achtend beugte sie sich zu ihrem Gegner hinunter und hob den Beutel mit dem Geld auf, den er fallengelassen hatte. „Du wirst uns so oder so tot sehen wollen, da holen wir lieber von Anfang an das Beste für uns heraus.“

      Man konnte Nate ansehen, wie er gegen die Schmerzen ankämpfte, trotzdem gelang es ihm weiterhin, Wut zu zeigen, wenn auch seine Fassade bröckelte. „Verdammt Natala, du miese Verräterin bestiehlst mich!“

      Stanley gluckste und blinzelte Natala zu. „Wenn er wüsste, wie recht er damit hat.“ Ohne sich weiter um Nate zu scheren, ging er an den Frachtkisten vorbei, die vor der Promise auf dem sandigen Boden standen und trat die geöffnete Rampe hoch. Ohne anzuhalten rief er: „Sven, magst du mir beim Verladen helfen? Ich will von diesem öden Brocken runter.“

      Der Mechaniker folgte Stanley ins Innere des Laderaumes, um die Schwebekarre zu holen. Bevor er außer Hörweite war, fügte er hinzu: „Wir sollten in einer Viertelstunde fertig sein.“

      „Gut“, gab Natala zurück und kramte ihr Com hervor. Sie achtete zwar darauf, nicht nahe bei Nate zu stehen, doch so lange sie eine Waffe in der Hand hielt und er verletzt auf dem Boden saß, war er keine große Bedrohung mehr. Nachdem sie einen Befehl in das Hologramm eingetippt hatte, wartete sie, bis sich Nani am anderen Ende der Leitung meldete. „Wie schaut es bei euch aus?“

      „Mir geht’s soweit gut, ich werde gleich den anderen Abschaum rausbringen. Anaata und Dan sind auf der Brücke, beide leicht verletzt, ich denke, sie sollten klarkommen.“

      „Gut.“ Nach einer Pause wandte sich Natala wieder an Nate. „Deine Speichellecker gesellen sich bald zu dir. Du kannst von Glück reden, sind meine Leute unversehrt.“ Er warf ihr einen verächtlichen Blick zu und schwieg.

      Einige Minuten später schob Nani mit einem zweiten Schwebekarren Nates bewusstlose Handlager die Rampe herunter und kippte sie wie eine ziemlich wertlose Fracht einige Meter neben ihm auf den Boden. Sie konnte es nicht lassen, sich mit ihrem freundlichsten Lächeln an den Verletzten zu wenden: „Bitteschön, Lieferung für einen Mr. Nate Fullerton.“

      Natala, ein Lachen unterdrückend, konnte ihm ansehen, wie er seine Rage bloß mit letzter Mühe unterdrückte, sie wusste, sie hatten sich eben einen Feind fürs Leben gemacht. Trotzdem befand sie, dafür, dass er in ihr Schiff eingedrungen war und ihre Freunde als Geiseln genommen hatte, sprangen sie gnädig mit ihm um, wenn sie ihm eine Chance dazu gaben, die ganze Sache zu überleben. Noch vor fünf Jahren hätte Natala ihn bei der erstbesten Gelegenheit erschossen, ohne vorher zu diskutieren; wenn man lange genug mit derselben Crew zusammen war, bekamen Konzepte wie Loyalität und Ehre gar für eine Gesetzlose wie sie eine völlig neue Dimension. Trotzdem konnte sie keineswegs leugnen, eine sadistische Freude zu verspüren, Nate sein Versagen immer von neuem unter die Nase zu reiben. Es war ihr egal, denn für die Standards von Tenowia war ihre Rache außerordentlich mild und das wusste sie.

      Nani half mittlerweile beim Verlad von Marcos Frachtkisten mit, während Natala weiterhin die Gefangenen bewachte. Als ihre drei Freunde die letzten Kisten in den Laderaum der Promise schoben, wandte sie sich Nate zu. Sie hatte rasch begriffen, er befürchtete, sie würden ihn erschießen oder unterwegs aus der Luftschleuse werfen, weshalb er ungewöhnlich ruhig und schweigsam geworden war. Nun fragte sie ihn: „Weißt du, was dein Problem ist? Du hast zwar Macht auf diesem kleinen, staubigen Planeten, aber niemanden, der zu dir steht. Du verstehst nicht, was Loyalität bedeutet. Und genau darum wird auch niemand kommen, wird niemand dich retten.“

      Nate war nun trotz aller Angst mit seiner Geduld am Ende, denn er zischte schmerzerfüllt: „Bring es endlich hinter dich, Mastow.“

      Natala schnaubte amüsiert. „Das haben wir längst, du bist zumindest fürs erste erledigt. Das Geld, das wir dir gegeben und wieder genommen haben stammt aus dem Safe in deinem Büro. Du wirst einiges neu budgetieren müssen, wenn, oder falls, du nach Hause kommst.“

      Sie beobachtete, wie sein Gesichtsausdruck von Erschrecken zu Wut wechselte. „Ihr verdammten Verräter!“

      „Ich bin noch nicht fertig“, gab Natala kalt zurück. „Erinnerst du dich an Marco, einer deiner schlimmsten Konkurrenten in der Stadt? Wenn wir abheben, geben wir ihm Bescheid, wo du verletzt und unbewaffnet zu finden bist. Wenn du es aus dem Raumhafen schaffst bevor er da ist, ist das schön für dich. Und sonst haben wir dich nicht ermordet, sondern nur in die Position gebracht, leicht zu sterben.“

      Natala beugte sich herunter


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