Promise. Sarah L. R. Schneiter

Promise - Sarah L. R. Schneiter


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und geben das Schiff auf.“

      „Na super“, gab Stanley zurück. „Gerade jetzt, wo ich mein Zimmer aufgeräumt hab, soll es vaporisiert werden.“ Man konnte seiner Stimme anhören, wie wenig ihm der Gedanke behagte, die Fassade seiner nunmehr gespielten Selbstsicherheit begann zu bröckeln. Sie hatten alle Angst, obwohl sie noch rasch genug aussteigen konnten, die Promise war ihr Hab und Gut, war alles, was sie hatten.

      „Ach, komm schon, komm schon!“, beschwor Natala ungeduldig ihr Schiff, wobei sie mit der einen Hand die Finger kreuzte und mit der anderen wütend auf die Konsole hieb. Da sie nicht im Maschinenraum war, gab es wenig, was sie tun konnte. Sie mussten darauf warten, ob der Mechaniker Sven den Rechner neu starten konnte, bevor es zu spät wäre. Tatsächlich materialisierten sich im nächsten Moment über Dans Konsole alle Hologramme und Natala konnte einen starken Ruck fühlen, der durchs ganze Schiff fuhr, als die Triebwerke lautstark feuerten. Nun bremste die Promise mit viel Kraft ab, alles auf der Brücke, was nirgends befestigt war, rutsche weg. Natala konnte eben noch ihre Tasse mit dem Aufdruck „Bester Captain der Galaxis“ auffangen, ehe sie am Boden zerschellt wäre.

      „Ja verdammt, so muss es sein“, rief Stanley triumphierend aus und stieß eine geballte Faust in die Luft, als der Frachter langsamer wurde und sich nach wenigen Sekunden wieder normal auf die Oberfläche des hellbraunen Planeten zubewegte. Das Heulen der Triebwerke wurde schwächer, schließlich schien alles fürs Erste einigermaßen zu funktionieren.

      Dan atmete hörbar auf und Natala konnte erkennen, dass ihm Schweiß auf der Stirn stand; ein Schiff, das im Fallen begriffen war, mit der manuellen Steuerung abzubremsen war eine ziemliche Herausforderung. Insgeheim musste sie sich eingestehen, wie fest sie es gegen den Schluss mit der Angst zu tun bekommen hatte, was sie aber zu leugnen gedachte, einerseits aus Stolz und andererseits, weil sie glaubte, als Captain ein Vorbild sein zu müssen. Sie stellte eine Com-Verbindung mit dem Maschinenraum her. „Sven, lebst du noch dahinten? Was genau ist passiert?“

      Die Antwort kam prompt. „Der blöde Server ist komplett abgestürzt. Hab schon gedacht, es reiche für keinen Neustart mehr.“

      „Der verabschiedet sich doch nicht einfach so?“, gab Natala verwirrt zurück.

      „Sagst du“, konnte sie die trockene Antwort übers Com hören. „Die Promise ist ein Museumsstück, finde dich damit ab.“ Nach einer Pause, in der man über die Leitung einige hämmernde Geräusche hören konnte, fügte er hinzu: „Ich glaube, wir haben einen der Träger von den Triebwerken verloren, also sollten wir sowieso froh sein, so glimpflich davongekommen zu sein. Wäre das Triebwerk abgerissen und aufs Schiff geschleudert worden, hätten wir ein ganz schön großes Loch in der Hülle. Der Server ist wohl abgestürzt, weil die Daten vom Triebwerk plötzlich falsch waren.“

      Natala wandte sich instinktiv um, um nach hinten zu den Triebwerken zu sehen, obwohl man sie von der Brücke aus in einem toten Winkel lagen. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. „Ein Träger? Die Dinger sind solide, das ist Metall.“

      „Keine Ahnung“, gab Sven zurück. „Ich muss aussteigen und mir die Sache von da ansehen, wenn ich eine genauere Diagnose machen will. Bitte sag Dan, er solle das Ding vorsichtig landen, sonst fliegt uns plötzlich noch mehr Kram um die Ohren.“

      „Das wäre ja was Außergewöhnliches.“ Natala erhob sich mit einem dummen Grinsen, ehe sie ernst wurde. „Dan, bringst du sie alleine runter?“

      „Du kennst mich“, gab er zurück. „Ich verspreche dir, dass wir runterkommen.“

      „Genau das befürchte ich ja“, meinte sie lakonisch, als sie die Brücke verließ. Hinter sich hörte sie Stanley: „Ihr Humor wird auf ihre alten Tage auch nicht besser, was?“

      Es war stets ein erhebendes Gefühl, über den Steg mit dem rostigen Metallgitterboden zu gehen, der wie ein kleines Brückchen die Ladebucht überspannte, sinnierte Natala. Unter ihr standen alle Frachtboxen gestapelt, die sie transportierten, vor ihr lag die Wand des Wohnbereiches im Obergeschoß. Die Promise war viel mehr als bloß ihr Schiff, im Laufe der Zeit war sie zu ihrem Zuhause geworden. So weit hatte Natala es schon gebracht, vom Kind einer mittellosen Arbeiterfamilie aus den Neurussischen Kolonien zum Captain eines Frachters. Und obwohl die Promise ein Schmugglerschiff war und ihre Crew damit zu den Gesetzlosen gehörte, es gab doch jene Momente, in denen sie stolz auf ihr Leben war.

      Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als vor ihr jemand durch die Tür zum Aufenthaltsbereich auf den Steg trat. Es war eine hellhäutige Frau mit koreanischen Gesichtszügen, knapp dreißig, die ihr langes blondweißes Haar mit ein paar Nadeln hochgesteckt hatte und ein knielanges dunkles Kleid trug, bei dem Natala rätselte, aus wie vielen dünnen, übereinanderliegenden Stoffschichten es bestand. Die Absätze ihrer Stiefel machten auf dem Steg klackende Geräusche, als sie mit verzogener Mine auf Natala zuging. „Was um alles in der Galaxis ist jetzt schon wieder mit deinem Schiff los?“

      „Anaata, hast du da hinten alles gut überlebt?“, lachte Natala. „Kein Plan, wahrscheinlich wäre fast ein Triebwerk abgebrochen und explodiert.“

      „Überlebt? Ja. Gut? Naja. Ich klebte ein paar Sekunden in der Küche an der Decke, also alles normal. Kommen wir denn noch von Tenowia runter, wenn wir mal gelandet sind? Ich will nicht auf einer solchen Müllhalde festsitzen und das Wort ‚explodiert‘ sollte weniger oft fallen, wenn du über dein eigenes Sternenschiff sprichst.“

      „Die Promise wird’s schon überleben“, entgegnete Natala, bevor sie etwas leiser hinzufügte, beinahe so, als spräche sie mit sich selbst: „Das tut sie immer.“

      „Das sagst du jedes Mal. Ich will den Tag noch erleben, an dem dieses Versprechen gebrochen wird“, gab Anaata amüsiert zurück, fügte sogleich rasch und mit Überzeugung hinzu: „Das sollte anderswo als auf Tenowia sein, da will ich nicht enden.“ Natala ging nun zusammen mit ihr in Richtung des Wohnbereichs. „Was ist denn so schlimm an dem Brocken? Ist doch ein Planet wie jeder andere auch.“

      „Für euch Schmuggler ist so eine heruntergekommene Welt ohne echte Gesetze ja super, nur, was soll ich als Diebin da klauen? Da gibt es kaum Wertsachen und seit ich euch kenne, fiele es mir nicht einmal mehr im Traum ein, Schmuggelware zu stehlen.“

      „Wieso das denn? Wäre ein rentables Geschäft.“

      Anaata schüttelte überzeugt den Kopf. „Vielleicht. Aber ihr Schmuggler schießt immer gleich auf jeden, der sich mit euch anlegt. Ich finde das etwas gruselig. Und ungesund.“

      Natala gluckste, als sie durch die Tür in den Gang zum Aufenthaltsraum traten, die Diebin war eine Klasse für sich. „Auch ein Argument.“ Sie sah sich kurz um. „Wo ist eigentlich Nani?“

      Noch als Anaata ein gleichgültiges Geräusch von sich gab, trat aus einem der Apartments weiter hinten im Gang eine nordische, athletische Frau in der Mitte ihrer Dreißiger, die wie eine Abenteurerin aussah. Sie trug ihr rostrotes Haar in einer chaotisch anmutenden Kurzhaarfrisur, die ihre charakteristischen, kantigen Gesichtszüge betonte und war praktisch in dunkle Hosen und ein helles Tank-Top gekleidet. An ihrem Gürtel hing gut sichtbar ein handlicher Blaster, mit dem sie, wie Natala wusste, ziemlich gut umzugehen verstand.

      „Dieses Boot wird eines Tages noch unser Grab“, brummte Nani, während sie auf die beiden zuging.

      „Was haben denn heute alle gegen die Promise?“, erkundigte sich Natala rhetorisch, ehe sie ernster fortfuhr: „Sie hat uns am Ende stets sicher von überall weggebracht.“

      „Bisher.“ Nani hielt zwei gekreuzte Finger neben ihrem Gesicht in die Luft, unter Raumfahrern ein gängiges Zeichen, und wechselte das Thema. „Wie sieht der Plan aus?“

      „Sobald wir gelandet …“

      „… oder abgestürzt …“, warf Anaata ein, was den Captain kurz aus dem Redefluss brachte, „… sind, schauen wir uns erstmal das Schiff an. Unser Kunde wird die Fracht abholen und damit wäre dieser Job erledigt. Die neue Sache ziehen wir erst durch, sobald wir wissen, dass wir wieder von hier wegkommen können. Es wäre dumm, für den Deal zu Marco zu gehen, ohne einen Fluchtweg zu haben. Er ist ein guter Kunde, der


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