Du weißt doch, Frauen taugen nichts. Berthold Kogge

Du weißt doch, Frauen taugen nichts - Berthold Kogge


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soll man machen, wenn man einfach nicht kapiert was da passiert ist? Wenn man nur das Gefühl hat, mit voller Wucht gegen eine Wand geklatscht zu sein, man aber nicht versteht warum. Und man auch noch nach mehreren Jahren das Gefühl hat, immer noch an dieser Wand zu kleben, und nicht so richtig weiß, wie man von ihr loskommt.

      Und was soll man machen, wenn man nach vielen Monaten endlich die ganze Tragweite erkennt und dann feststellt, dass man darüber mit niemandem reden kann? Mit Leuten darüber reden, hieße Hilfe suchen, Antworten erwarten. Aber was für Antworten, welche Hilfe sollten sie denn einem geben? „Vergiss die Frau, die ist es nicht wert“, oder „Mein Gott, die war schon immer so; stell dich nicht so an, es gibt andere“, zieht nun überhaupt nicht mehr.

      Und wenn man von Freunden doch Hilfe angeboten bekommen würde, was soll man denen sagen, ohne die Frau bloß zu stellen, ohne dass ihre Gefängnismauer, ihre Fassade unkontrolliert über sie einstürzen, und sie unter der Mauer begraben werden würde?

      Was soll man machen?

      Oder eine noch viel schwierigere Frage:

      Wie soll man damit selber klarkommen – selbst in Frieden weiter leben? Man kann ja auf die Frau nicht einmal sauer sein, sie nicht einmal zum Teufel wünschen. Sie hat ja irgendwie keine Schuld für das, was sie einem angetan hat. Wenn man schmählich verlassen wird, kann man die Trennung auch durch Wut, durch Verfluchen der Person überwinden. Wie soll man sie aber verfluchen können? Sie ist doch nicht die Ursache ihres Verhaltens.

      Niemand will jemanden loswerden und klammert sich gleichzeitig an ihm geradezu verzweifelt fest. Niemand will wirklich mit anderen Männern ins Bett und hat gleichzeitig Angst, dass der Partner selbst ein Hallodrijan ist, dem man nicht vertrauen kann. Niemand will wirklich jemanden wegwerfen, wenn man doch der Meinung ist, dass er das Beste ist, was einem im ganzen Leben passiert ist.

      Aber alle sagen: „Vergiss die Frau.“

      Wie soll das aber gehen?

      Auch eine Frage ohne Antwort. Es gab und gibt nur Fragen. Fragen, Fragen, Fragen, aber keine Antworten.

      Dafür, dass ich mich letztendlich hingesetzt habe, um das alles niederzuschreiben, trägt mein Anwalt die Hauptschuld. Was man mir vorgeworfen hat und wie man sich gegen mich verhalten hat, hielt er, da war er anderer Meinung als die Frauenhilfsorganisation, bei der ich versucht habe mir Rat zu holen, moralisch verwerflich. Moralisch verwerflich, aber nicht unbedingt strafrelevant. Dazu hatte sie sich bei den Vorwürfen, notgedrungen, da sie absolut aus dem Zusammenhang gerissen und daher konstruiert waren, zu verschwommen ausgedrückt. Aber trotzdem meinte er, gäbe es eine Möglichkeit für einen juristischen Schritt. Nachdem ich aber die ganze Tragweite der Geschehnisse, leider viel zu spät, begriffen hatte, war mir eine friedliche Lösung immer wichtiger geworden. Aber mein Anwalt sagte ganz klar: „Vergessen sie es. Es wird von der Frau kein Einlenken geben, denn dafür ist sie bereits zu weit gegangen. Das mag moralisch verwerflich sein, und eine erwachsene Frau, egal was in ihrer Kindheit passiert ist, sollte sich, erst recht wenn sie selbst in einem therapeutischen Beruf arbeitet, so weit fangen können, um genug Einsicht zu haben, dass sie Hilfe braucht und sich helfen lassen. Aber in diesem Fall wird es nur auf einen „Showdown“ vor Gericht hinauslaufen. Wenn sie Skrupel haben, die Frau vor Gericht bloß zu stellen, wenn sie Skrupel haben, die von der Frau selbst gebauten Gefängnismauern, hinter der sie sich verkriecht, vor Gericht in Schutt und Asche zu legen, was für die Frau sicherlich ein „Super-GAU“ wäre, verzichten sie auf eine gerichtliche Auseinandersetzung, und verarbeiten sie die Sache anders.“

      Somit hat mein Anwalt Schuld, wenn ich, statt nachts im Bett schlaflos auf und ab zu gehen, mich an den Computer gesetzt habe, um in die Tasten zu hauen. Das meiste hier ist irgendwann zwischen zwei und sechs Uhr morgens geschrieben worden. Wenn man von einigen späteren Feinarbeiten, Ergänzungen und Streichungen absieht, binnen acht Wochen. Ich wollte das Ergebnis zuerst „Schlaflos in Lübeck“ nennen, aber es ist keine Liebesgeschichte und endet auch nicht Hände haltend auf der Aussichtsplattform eines Wolkenkratzers. Daher habe ich mich anders entschieden.

      Der Titel „Du weißt doch, Frauen taugen nichts“, ist keine Provokation, sondern war eine Begründung von ihr, um mir verständlich zu machen, warum die Flucht von mir weg geschah.

      Aber genau das verstand ich eben nicht.

      Ein Sommermärchen

      Mein Gott, war das ein Sommer. Man könnte meinen, Deutschland hatte in dem Jahr 2006 ein Sonderabkommen mit Petrus abgeschlossen. Oder Petrus war einfach nur ein großer Fußballfan und hatte daher zur Fußball-WM 2006 alle Register gezogen, um zumindest wettertechnisch ein Sommermärchen vom Stapel zu lassen. Auf jeden Fall war es ein fantastisches mediterranes Wetter, und die Stimmung im Land war so gut, wie schon lange nicht mehr.

      Auch mir ging es gut. Ich genoss das tolle Wetter. Mir ging es, da mögen einige verständnislos den Kopf schütteln, eigentlich sogar ziemlich gut.

      Vor zehn Monaten war meine Firma den Bach runter gegangen. Die ersten Monate nach der Pleite waren schlimm gewesen, der Schock hatte tief gesessen. Zuerst der langsame finanzielle Untergang, da es einfach zu viele Kunden gab, die zwar Arbeit, aber kein Geld verteilen wollten, und dann noch die absolute Krönung, einem professionellen Betrüger auf dem Leim gegangen zu sein. Das war schon hart.

      Da half es auch nicht als Trost, dass außer mir noch viele andere auf diesen Typen hereingefallen waren. Angefangen von den Justizbeamten im Hamburger Vollzug, die einen, wegen professionellen Betrugs einsitzenden, für sein letzte Jahr im Knast, in den offenen Vollzug gesteckt hatten, damit er von dort aus wieder in seinem Beruf (professioneller Betrüger?) zurückfinden und sich eingliedern konnte. Über Beamte in Brüssel, die ihm und seinem Kompagnon, während er sein letztes Jahr im Gefängnis, im offenen Vollzug absaß, Subventionen von über einer Million Euro zusagten (für eine Firma, die es gar nicht gab), bis hin zu den Firmenbesitzern, die er mit dem Wisch der Subventionszusage geleimt hat, da er angeblich mit dieser Million deren Firmen aufkaufen und sanieren wollte.

      Es war zu spät, als sich herausstellte, dass der Typ sich, als angeblicher Firmensanierer, nur mit uns und anderen Firmen beschäftigt hat, um die letzten Kröten aus den Firmen zu pressen, damit er die Zeit überbrücken konnte, bis die zugesagten Subventionen, die nicht zweckgebunden waren, fließen würden. Und außerdem benötigte er uns na klar auch, um Geschäftsbeziehungen und Investitionsabsichten in Brüssel zu belegen. Sobald das Geld aus Brüssel überwiesen worden war, wollte er sich wohl, nachdem seine Haftstrafe im offenen Vollzug, während deren er, sozusagen unter der Obhut der deutschen Justiz, mit einem geleasten Porsche durch ganz Deutschland fuhr, um seine schmutzigen Geschäfte zu machen, abgelaufen war, ins Ausland absetzen.

      Ich und so manch anderer waren somit nur Kollateralschaden in einem größeren Spiel gewesen.

      Und somit war meine Firma im August 2005 pleite. Es dauerte einige Zeit, bis ich den Schock verkraftet hatte. Allerdings ging es mir durch die Pleite nicht nur schlechter, sondern es gab auch Dinge, bei denen ging es mir eindeutig besser. Als der Schock über die verlorene Existenzgrundlage erst einmal verflogen war, wie auch die nervlichen Auswirkungen jahrelangen Stresses des Geschäftsführerdaseins, stellte ich fest, dass die Herzstiche, die Magenschmerzen, Kopfschmerzen, schlaflose Nächte und schlechte Träume der letzten Jahre, ganz schnell verschwanden.

      Zumindest gesundheitlich ging es mir somit nach der Pleite nun wesentlich besser. Das war nicht zu leugnen. Ich, im Oktober 2005 siebenundvierzig Jahre alt geworden, fühlte mich wieder wie siebenundvierzig, bzw. sogar noch jünger, und nicht wie vor der Pleite, als ich mich oft wie sechzig oder älter gefühlt habe. Als Chef gab es nur alle zwei oder drei Jahre Urlaub, die auch nur mal gerade jeweils zwei Wochen dauerten, eine 6,5 Tage Woche, und das, obwohl 40 Stunden Wochenarbeitszeit wohl schon immer am Donnerstag erreicht waren. Mir war eine Last von der Seele und dem Körper gefallen, und wenn man erst einmal ganz unten angekommen war, wie ich mit der Pleite, hatte es auch den Vorteil, dass es nicht mehr tiefer gehen konnte.

      Bereits fünf Jahre vorher war ich, zumindest wohntechnisch gesehen, wieder in meine alte Heimatstadt Lübeck zurückgezogen, nachdem ich acht Jahre vorher in ein kleines Dorf in Meck-Pomm umgesiedelt war. Aber nach acht


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