DarkZone. Juryk Barelhaven

DarkZone - Juryk Barelhaven


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Abend zu ihrer Kollegin, „er verhält sich sogar so, als gäbe es mich überhaupt nicht.“

      „Vielleicht war er nur in Gedanken“, sagte die Kollegin. „Du weißt ja, wie Geschäftsleute manchmal sind.“

      „Vielleicht hast du recht“, sagte die Stewardess, aber ihre Worte klangen nicht überzeugt.

      Charlie O´Neill fand am Flughafen ein Taxi, mit dem er sich zum Cheshire Hotel bringen ließ. Er musste nicht an der Rezeption warten, denn seine Ankunft wurde schon angekündigt. Der Hotelier mitsamt Belegschaft buckelte vor ihm und erfüllten seine Wünsche, während Charlie ohne großes Aufsehen zur Bar strebte und seinen Sekretär die Formalitäten erledigen ließ. Nach einem Drink klappte er sein Handy auf und tippte eine Nummer ein. „Geben Sie mir Kurt. Ich warte in der Bar.“

      „Was soll ich ihm bestellen, wer anruft?“ erwiderte die Stimme.

      „Sein Boss.“

      Nach knapp einer Minute drang die Stimme eines anderen Mannes durch die Leitung. „Hier ist Kurt“, sagte er. „Ich stecke leider im Verkehr fest. Die Rushhour ist die Hölle, Sir. Tut mir leid.“

      „Das ist in Ordnung. Ich will nur wissen, ob alles vorbereitet ist.“

      „Ihre Ausrüstung ist bereits heute Morgen auf Ihr Zimmer gebracht worden. Unser Schneider hat sich exakt an Ihre Vorgaben orientiert.“ Kurt war einer von vielen Charlies Angestellten, die über kurz oder lang Informationen besorgen und wichtige Aufträge, die in keiner Jobbeschreibung stehen durften, erledigen konnte. Seine „Kurts“ wandelten zwischen Legalität und dubiosen Machenschaften, was Charlie nicht im Mindesten störte.

      „Die Sache hat mich angefixt. Das könnte das neueste Ding sein. Das stellt alles in den Schatten. Meinen Sie, ich sollte eine Waffe mitnehmen?“

      „Sir, ich glaube nicht, dass Sie mit einer Erlaubnis einfach durch das Tor marschieren können. Selbst CNC berichtet nicht darüber. Ist für die Medienlandschaft ein schwarzes Loch. Keinerlei Wiki-Einträge. Als wäre es nicht existent. Das Militär lässt niemanden durch. Mein Freund beim Pentagon sagt das auch. Die Mauern sind zwanzig Meter hoch. Geschütze. Schichtwechsel bei der Wache. Nein, da geht kein Weg rein.“ Die Stimme an der anderen Leitung holte kurz Luft und fügte etwas leiser hinzu. „Aber auch dafür kenne ich den Richtigen.“

      „So kenne ich Sie, Kurt. Immer auf Zack! Was mache ich, wenn ich drin bin?“

      „Alleine?“ Zum ersten Mal wirkte der Sprecher überrascht. „Kennen Sie nicht noch ein paar… „

      „…CEOs, die mich begleiten?“ Charlie kicherte amüsiert. „So eine Art Safarigruppe mit reichen, alten Millionären die mit Schrotflinten auf Bussarde schießen? Nein, damit kann ich nicht dienen. In der Gruppe könnten wir zu laut sein. Nur rein und raus. Der ganze Spaß für mich allein.“

      Sein Kontakt schien nicht überzeugt. „Sir, ich habe Gerüchte gehört. Sie sollten da nicht hin…“

      „Vielleicht komme ich darauf zurück.“ Nicht mal im Traum, dachte Charlie bei sich und grinste feist. „Relaxe, Mann. Ich schaffe 21 Liegestütze, laufe 2000 Meter unter 12 Minuten. Ich war viermal in einer der besten Trainingsanlagen in Thailand zum Muay Thai und Mixed Martial Arts. Laut meines Plans sind es vom Tor bis zum Ziel zu Fuß sechzig Minuten, zwanzig im Hotel und sechzig wieder zurück. Ein Spaziergang.“

      „Ich wünsche Ihnen das Beste, Sir. Ich gebe jetzt die Daten durch.“

      Charlie legte auf, entpackte die per SMS gesendete Datei und las sich alles durch. Nach einem kurzen Stopp auf seinem Zimmer nahm er ein Taxi.

      Als es am Bordstein hielt, setzte er sich auf die Rückbank. „Wissen Sie, wo das Lavender Dragon ist?“

      „Ja, sicher. Aber hören Sie… ich meine, es geht mich ja nichts an, aber dieser Laden ist nur für…“

      „Sie haben recht“, sagte Charlie O´Neill mit harter Stimme. „Es geht Sie nichts an!“

      Die restliche Fahrt verlief herrlich still, da der Fahrer beleidigt schwieg. Seine Zerknirschtheit verwandelte sich in Wut, als der Fahrgast ihm den Fahrpreis auf den Cent genau aushändigte. „Was ist los, Kumpel“, sagte er spöttisch. „Bringt ein kleines Trinkgeld Sie an den Bettelstab?“

      „Haben Sie ein Problem?“ fragte Charlie ruhig und beugte sich ins Taxi. „Ich kaufe eure kleine Droschkengesellschaft auf und lasse Sie verschrotten, wenn es mir gefällt, Kumpel!“

      Das Taxi startete mit qualmenden Reifen und verschwand.

      Charlie betrat den Club. Er drängte sich durch ein Gewimmel von vorwiegend männlichen Körpern und reagierte nicht auf Angebote, ihm einen Drink zu spendieren. Als er den angesteuerten Platz erreicht hatte, wartete er, bis ein Mann in gelbem T-Shirt und einer Lederschürze sich auf die Theke stützte und fragte: „Was darf es sein?“

      „Mister Mahershala. Er ist bei euch Dauergast. Sagen Sie ihm, ich zahle seinen Deckel, wenn er zu mir kommt.“

      „Solche Gäste sind immer willkommen“, sagte der Barkeeper. Er zwinkerte ihm zu und entfernte sich. Wenig später kam ein älterer Mann mit feingeschnittenen Zügen und harten Augen auf ihn zu, verbeugte sich leicht und setzte sich ihm gegenüber. „Mister O´Neill, was? Die Mail habe ich für einen Scherz gehalten…“

      „Genau. Der bin ich.“

      „… der Typ, der den Preis für das Kindermedikament erhöht hat, das alle brauchen?“ fragte Mahershala, und seine Stimme klang heiser vor Abscheu.

      „Nur ein reicher Vorstadtjunge aus den USA. Das bleibt auch so, verstanden?“ Charlie zog eine Klammer mit Geldscheinen hervor und legte sie vor sich. „Hier etwas Lohn für Ihre Zeit.“

      Ohne sein Gegenüber aus den Augen zu lassen steckte der Mann das Geld ein. „Was wollen Sie? Für gewöhnlich suche ich mir die Leute aus, mit denen ich etwas trinke.“

      „Gibt es einen Weg in die Dark Zone?“

      „Nein.“ Langsam hob sich eine Braue fragend nach oben. „Sie wollen da nicht rein.“ Er schloss kurz die Augen, als wolle er die schrecklichen Bilder in seinem Geist vertreiben. Ein Kellner kam zur Nische. Nach einem fragenden Blick zu Charlie bestellte Mahershala für sie beide. „Er bekommt ein Wasser, das er sich gleich selbst ins Gesicht schütten kann. Damit unser Großkotz zu Vernunft kommt. Für mich einen Doppelten vom Üblichen.“

      „Einen Glen Moran mit Eis. Oder besser: lassen Sie das Eis weg. Wenn ich mir die Wasserqualität ansehe, fange ich mir bestimmt noch etwas ein.“

      „Und das wollen wir doch nicht.“ Mahershala nickte zum Kellner, der sofort wieder verschwand. „Ich werde Ihnen nicht helfen, Mister O´Neill. Sie haben sich umsonst hierherbemüht.“

      „Erzählen Sie mir etwas darüber. Als Schichtleiter der zuständigen Wachmannschaft muss man schließlich auch Brötchen bezahlen. Oder die nächste Bypass-OP. Und ihrer Tochter soll es auch nicht so gut gehen, hörte ich.“

      „Woher...?“

      „Infos. Und wenn du kleiner Knüppelschwinger nicht mitziehst, … tja, dann eben nicht.“ Charlie hielt den böse funkelnden Blick stand und zog einen prall gefüllten Umschlag hervor, den er langsam wieder zurückschob. Die Botschaft wurde verstanden.

       Mahershala litt Qualen – ohne Frage. Seine Abscheu gegenüber Charlie war nicht gespielt, aber das lockende Geld würde ihn gefügig machen. Kirgisien war nicht für sein Gesundheitssystem bekannt. Schließlich gab er klein bei: „Nun… viel weiß ich nicht, aber es gibt Gerüchte, die sich die Wachen erzählen…Wir dürfen natürlich nicht darüber reden…“

      „Biokampfstoffe? Strahlung?“

      „Nun… es ist kompliziert…“

      „Entkomplizieren Sie es, aber Vorsicht: Wenn Sie mich nur ausnehmen wollen, … ich kenne den Gouverneur eures wunderschönen Städtchens…“


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