DarkZone. Juryk Barelhaven

DarkZone - Juryk Barelhaven


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in der Nähe der Hotelanlage auseinandergebrochen. Dann brach alles zusammen. Mehr weiß ich nicht, aber von da an wurde die Anlage abgeriegelt. Soldaten gingen rein und verschwanden. Dann wurde das Tor zugelassen und der Schlüssel in ein tiefes, dunkles Loch geschmissen. Und das Loch in ein anderes Loch.“ Er zündete sich eine Zigarette an und paffte einen Kringel in Charlies Richtung. „Eplexherix-10.“

      „Ich kenne es. Wir haben es so modifiziert, dass es nach einem Monat zerfällt. In drei, wenn es in geschlossenen Räumen ist. Also ist es sicher dort. Warum die Barrikaden nicht auflösen?“

      „Kennen Sie The walking dead?“

      „Zombies? Nonsens.“

      „Nein, keine Zombies. Aber Tragödien. Und das multiplizieren Sie mal schön mit Game of Thrones.“ Mahershala verzog keine Mühe und spielte mit dem Drink in seinen Glas. „Wir können uns Ihr teures Medikament leider nicht leisten…“

      Charlie war nicht beeindruckt. In seiner Welt hatte er schon mit Brokern zu tun gehabt, die ohne mit der Wimper zu zucken Firmen teilen und deren Mitarbeiter innerhalb einer Stunde auf die Straße setzen konnten. Mahershala war in seinen Augen ein blasser Mann, der ganz unten in der Hierarchie stand. „Gibt es einen Weg hinein?“

      „Ja, den gibt es. Über einen Kanalisationsschacht, der nur mit einem sechsstelligen Code zu erreichen ist. Und auch nur, wenn ich den Entriegelungsprozess im Sicherheitskorridor überwache. Falls der Alarm losgeht…“

      „Nur für ein paar Stunden.“

      Keiner der Männer sagte etwas, bis der Kellner mit ihrer Bestellung zurückkam.

      „Danke“, sagte Mahershala und kippte den Drink in einem Zug herunter. Dann atmete er tief ein. „Warum, Mister O´Neill? Sie haben doch schon alles. Muss nicht irgendwo ein Kinderkrankenhaus eingeweiht werden?“

      „Sie sind verwirrt, aber der Zustand ist bestimmt nichts Neues. Der Ausflug ist mir wichtig, und Geld spielt keine Rolle. Also“, er beugte sich leicht vor und setzte sein Haifisch-Lächeln auf. „Entweder helfen Sie mir, drücken ein paar Knöpfe und bekommen ganz viele Umschläge wie den hier und sehen mich nicht wieder“, drohend sah er ihn an, „oder wir trennen uns und ich erzähle dem Gouverneur eine Horrorgeschichte mit Ihnen als Hauptfigur. Und ihre verarmte Familie muss lernen aus Gras und Steinen schmackhafte Suppenrezepte zu kreieren.“ Charlie lehnte sich langsam zurück und genoss die Wutfalten auf dem Gesicht seines Gegenübers. Diesen Teil liebte er besonders. „Euer Land ist so toll. So gastfreundlich…, wenn man vermögend ist. Aber für ausgebrannte Staatsdiener gibt es keinen Rentenfond. Schade. Naja, Einzelschicksale langweilen mich.“ Einer seiner Finger deutete auf das Ziffernblatt seiner Uhr. „Ticktack, ticktack…“

       „Dienstagmorgen“, zischte Mahershala und riss Charlie den dargereichten Umschlag aus der Hand. „Meine Schicht beginnt um 5 Uhr. Um 13 Uhr stehen Sie wieder am Tor. Dann bringe ich Sie raus und kriege meinen Anteil.“

      „Das ist ein Wort.“ Triumphierend stand Charlie auf und lächelte versonnen. „Wir sehen uns in der DarkZone!“

      3. Kapitel

      „Starkes Verlangen. Wunsch oder Zwang, eine Substanz zu konsumieren oder etwas immer wieder zu tun. Kontrollverlust. Abstinenzunfähigkeit. Toleranzbildung. Entzugserscheinungen. Das macht eine Sucht aus.“

      (Ratgeber Gesundheit)

      Die DarkZone war von außen nicht zu übersehen. Eine kilometerweite Betonwand trennte den Rest von der Welt von dem 840 Quadratmeilen größten Absperrplatz in der Geschichte der weltweiten Katastrophen. Vor dem Hauptgebäude, einem zweigeschossigen Betonpalast, war ein weiter Parkplatz, der von mehreren Kettenfahrzeugen und uniformierten Truppen des privaten Sicherheitstrupps belagert war. Langsam fuhr der schwarze Armeewagen um die Umzäunungen, bis er schließlich an einem Kontrollpunkt angekommen war. Gegen die schweren Raupenfahrzeuge wirkte der Wagen wie ein kleiner, erschöpfter Hund nach einer schweren Hetzjagd. Im Inneren des Wagens nahm der bewaffnete Wachmann seine Sonnenbrille ab, fuhr sein Fenster herunter und zeigte dem nächsten Wachmann seinen Ausweis. Weit um das gesamte Areal waren mehrere Reihen von Stacheldraht ausgelegt; dazu Betondecken, die wie Wellenbrecher jeden Ansturm von außen standhalten konnten. Die Republik von Kirgisien fürchtete Demonstrationen der Bevölkerung genauso stark wie ein Ausfall des gesamten Systems, als würden tatsächlich hinter den Mauern Zombies lauern. Charlie zog angewidert den Mund über diese in seinen Augen offensichtliche Verschwendung von Geldern und schaute auf seine Uhr.

       Dienstagmorgen, Viertel nach neun.

      Der Wachmann vor dem Wagen hatte seinen Stand verlassen und trug eine schwarze Panzerrüstung, die mit verstärkten Kevlar ausgestattet war. Seinen Helm nahm er nicht ab. Er winkte den Wagen durch.

      Im Armeewagen befanden sich neben dem Fahrer und einer weiteren Wache noch zwei andere Personen, von denen einer der neue Geschäftspartner des Militärkomplexes war. In einem auffälligen Dreireiher gekleidet war Charlie der Bestangezogene - ganz anders als sein Zweiter Sekretär, Arthur Lentings, der nur mit einem gewöhnlichen, dunklen Zweireiher gekleidet war und in alles eingeweiht war. Und er wollte nicht hier sein. „Das sollten Sie sich vielleicht nochmal überlegen, Sir.“

      „Schau sie dir an“, bemerkte Charlie abfällig. „Die Idioten bewachen einen toten Vorort. Ich hätte die Mittel schon längst gekürzt und etwas Neues darauf gebaut. Keinen Weitblick.“

      „Also, mir gefällt das nicht“, murmelte sein Gegenüber und knackte nervös mit seinen Knöcheln. „Ich wünschte, ich könnte Sie begleiten, Sir…“

      „Danke, Arthur.“ Noch bevor der Motor mit einem asthmatischen Keuchen verstummte, stand er schon draußen – ein großer, kräftiger Mann in mittleren Jahren, der zum Schutz gegen die morgendliche Kühle des Herbsttages einen teuren Anzug trug. Hinter ihm wuchtete sein Sekretär zwei schwere Koffer aus dem Wagen.

      Einer der Panzer drehte sein Geschützturm auffällig langsam in seine Richtung und zeigte mit seinem Rohr die Bereitschaft nötigenfalls den unerwünschten Eindringling zu den Sternen zu schicken. Es waren ständig Trupps in Dreiergruppen unterwegs, die mit schweren Maschinengewehren patrouillierten und sich wahrscheinlich langweilen mussten. Bei einem Frontalangriff - egal wie groß das angreifende Bataillon wäre - würden sie jedoch alle wie zornige Wespen zur Stelle sein.

      Der zugeteilte Wachmann ging mit einer Arbeitsmappe voraus zum Tor und ließ Charlie allein mit seinem Adjutanten.

      Angst und Erregung stiegen, als Charlie fast beiläufig auf seine Uhr blickte. Es war gleich acht Uhr und die Sonne kletterte langsam, sehr langsam über die Hochhäuser.

      Ein leichter Windhauch rauschte durch die Bäume. Der blaue Himmel war wolkenleer. Der Weg lag vor ihm. Der gewaltige Wall markierte die Grenze zwischen seiner Welt und einem Land, indem es keine Sicherheiten geben würde. Auf einmal war seine Erwartung stärker als seine Angst. Er wollte endlich gehen, wollte, dass die Sache endlich begann.

      „Da sind Sie ja. Willkommen bei unserer glorreichen Armee“, rief ihnen ein Mann zu, der wohl eine leitende Beraterfunktion beim Militär innehatte. „Wir freuen uns über ihr Erscheinen. Die Drinks werden im Besprechungszimmer serviert.“

      „Ich habe nicht viel Zeit, aber ich bin grundlegend mit allen Details einverstanden“, erwiderte Charlie und schüttelte im Gehen dem Berater die Hand. „Von mir aus können wir die Drinks weglassen und gleich zur Unterzeichnung übergehen.“

      „Vortrefflich, Sir. Sollen wir die Koffer in einen unserer Tresore verstauen?“

      „Bedaure. Dort pflege ich meine kostbaren Schätze von der Reise zu verstauen. Mein Sekretär wird sie anstaltslos tragen, bis wir wieder am Flughafen sind.“

      Der Berater runzelte knapp die Stirn und bedeutete den Wachen beiseitezutreten. Man behelligte sie nicht mehr.

      Im angrenzenden Besucherbereich wurde Charlie mit den Einzelheiten des „neuen,


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