Tödliches Verlangen. Madlen Schaffhauser

Tödliches Verlangen - Madlen Schaffhauser


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Panik und lässt mich innerlich erzittern. Wo bleiben nur die Krankenschwestern und Ärzte, wenn man sie braucht? Schiesst es mir durch den Kopf. Ich bin seiner Nähe und seinem durchdringendem Blick, den ich schon seit längerer Zeit verabscheue, ausgeliefert. Fieberhaft überlege ich, wie ich ihn loswerden kann, aber es fällt mir nichts Brauchbares ein.

      Ich spüre, wie sich Noah nach vorne beugt und mich küssen will. So schnell es in meinem Zustand möglich ist, drehe ich meinen Kopf zur Seite, so dass er gerade noch mein rechtes Ohr berührt.

      „Lass das!“ schreie ich empört auf. Ich merke gar nicht, dass die Zimmertür halb offen steht. Erst als ich Pams Stimme höre und sich Noah versteift, bemerke ich was für eine Angst mich in Noahs Nähe ergriff. Ich atme so gut es geht tief durch und lächle meine Freundin erleichtert an.

      „Verschwinde!“ höre ich Pam verärgert rufen.

      „Du hast mir gar nichts zu sagen.“ Noah bleibt seelenruhig auf seinem Stuhl sitzen.

      „Muss ich es wiederholen oder soll ich gleich jemanden holen, der dich rausbringt? Zoe hat mit dir Schluss gemacht und sie möchte dich nicht mehr sehen, geschweige denn etwas mit dir zu tun haben. Hast du das immer noch nicht begriffen?“

      „Woher...?“ weiter kommt Noah nicht, als ihm dämmert, dass ich meiner besten Freundin von unserer Trennung erzählt haben muss. Er sieht mich mit seinem finsteren Blick, den ich in letzter Zeit öfters zu sehen bekam und mir ziemlich Angst einjagt, an. Seine Augen auf meinen geheftet steht er langsam auf. „Ich werde nicht so leicht klein beigeben. Das kannst du mir glauben und ich werde dich zurückbekommen. Das schwöre ich dir.“

      Ich sehe ihm nach, wie er mit wütenden Schritten an Pam vorbeigeht und sie für eine Sekunde gereizt anstarrt. Kaum ist er draussen, schliesst Pam die Tür hinter ihm zu und kommt auf mich zu, um neben meinem Bett Platz zu nehmen.

      „Ich habe von deiner Mam erfahren, dass du endlich aufgewacht bist. Wie fühlst du dich?“

      „Wie sehe ich denn aus?“

      „Wie ein verbeulter Apfel.“

      „Was?“ frage ich verdattert.

      Pam kann kaum an sich halten und fängt schlussendlich an loszulachen. Ich kann nicht anders und muss in ihr Gelächter einstimmen. Obwohl ich überall Schmerzen habe, ist unser Lachen ein wohltuender Klang in meinen Ohren. Pam versteht sich gut darin, mich auf andere Gedanken zu bringen. Sie ist ein wahrer Segen.

      Als wir uns etwas erholt haben, wird die Miene meiner Freundin gleich wieder ernst, als sie meine sichtbaren Verletzungen betrachtet.

      „Du hast mir einen ziemlichen Schrecken eingejagt. Weisst du das?“

      „Ich kann mich leider an nichts mehr erinnern. An rein gar nichts.“

      „Das ist vielleicht auch besser so. Du hast wirklich übel ausgesehen und ich dachte schon, dass ...“ Pams Stimme bricht und als ich ihr in die Augen sehe, bemerke ich Tränen, die sich einen Weg über ihr Gesicht bahnen.

      Mir wird ganz flau im Magen, wenn ich daran denke, was sie soeben aussprechen wollte. Ich bin froh, dass ihr die Stimme für einen Moment versagt hat und kämpfe gegen die Tränen an, die sich in mir aufstauen.

      Pam wischt sich mit einer energischen Bewegung die Tränen fort und streicht über meine bandagierte Hand.

      „Ich möchte so etwas nie mehr erleben. Hörst du?“

      Wir sitzen einige Minuten stumm da, was ich geniesse. Ich fühle mich immer noch müde und niedergeschlagen. Sowas kenne ich gar nicht von mir. Ich schliesse meine Augen und dämmere vor mich hin, bis Pams Stimme mich aus meinen wirren Gedanken reisst.

      „Was wollte Noah hier? Du hast doch Schluss gemacht oder ist das schon nicht mehr der Fall?“

      „Er will es nicht wahrhaben, dass wir keine gemeinsame Zukunft haben werden. Sieh dir die vielen Rosensträusse an.“ Ich bewege langsam den Kopf Richtung Fenster. „Anscheinend sind die meisten von ihm.“

      „Es gefällt mir nicht, dass er dich besuchen kommt. Er hat irgendwas an sich, dass mir nicht geheuer ist.“

      „Du darfst nicht so streng zu ihm sein. Er ist manchmal ein etwas aufgebrachter Typ und stur, aber ansonsten total lieb.“

      „Gibst du ihm eine zweite Chance?“

      „Eine zweite Chance? Er hatte schon einiges mehr als zwei Chancen und nichts hat sich seit unserer Trennung geändert. Ich habe ihn wirklich von ganzem Herzen geliebt, aber seine ständige Eifersucht und seine Kontrollen, haben alles kaputt gemacht. Mein Leben bestand nur noch aus uns beiden. Wenn ich mit dir ausgehen wollte, hatten wir jedes Mal einen fürchterlichen Streit. Ich kann von Glück reden, dass ich nicht mit ihm zusammenzog, als er mich darum bat.“

      „Davon hast du mir ja gar nichts erzählt.“

      „Das war auch erst vor ein paar Tagen."

      „Wie hat er darauf reagiert?“

      „Nicht so angenehm. Er hat mich angeschrien, geriet völlig ausser sich und hat meine Sachen um sich geschleudert.“

      „Der gehört doch in die Klapse.“

      „Jetzt bist du etwas unfair.“

      „Warum? Weil er dir Angst eingejagt hat oder...?“

      „Du weisst, dass er ein ganz liebevoller Mann sein kann." schneide ich ihr das Wort ab. „Er ist zärtlich und kann gut zuhören. Er hat mir sehr über die Zeit hinweggeholfen, als das mit meiner Schwester war.“

      „Aber das ist nun schon über zwei Jahre her und sie hat sich ausgezeichnet erholt. Was ich jedoch sehe, ist dass du in letzter Zeit nicht so glücklich gewesen bist, wie du es eigentlich sein solltest.“

      „Ich habe nicht gesagt, dass ich zu ihm zurück gehe. Ich wollte nur, dass du verstehst, dass er auch gute Seiten an sich hat. Sonst wäre ich doch wohl nicht so lange mit ihm zusammen geblieben.“

      „Ich möchte dich glücklich sehen. Das ist alles.“

      „So wie du mit Ayden?“

      Ich sehe, wie sich die Röte in Pams Wangen ausbreitet. Nur schon den Namen ihres Angebeteten verleiht ihr ein kleines Schamgefühl.

      „Ja genau.“

      „Ich freue mich, dass ihr endlich zueinander gefunden habt. Hat ja eine halbe Ewigkeit gedauert.“

      „Ich liebe ihn.“

      „Ich weiss.“

      Wir lächeln uns an, während sie sich von ihrem Stuhl erhebt.

      „Ich lasse dich jetzt alleine, damit du dich ausruhen kannst.“

      „Pam.“

      Sie dreht sich zu mir um und sieht mich mit einem fragenden Blick an. „Ja?“

      „Ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt.“

      Pams Stirne erhält ein paar Falten. „Für was?“

      „Das du mich gefunden und den Krankenwagen gerufen hast.“

      „Dafür brauchst du dich gar nicht zu bedanken. Ich bin heilfroh, dass ich zur rechten Zeit gekommen bin und du mehr oder weniger wohlauf bist.“

      Sie beugt sich zu mir herunter und gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Ich komme morgen wieder.“

      „Grüss Ayden von mir.“

      Ich bemerke gerade noch, wie sich ein Lächeln auf Pams Gesicht stiehlt, bevor sich die Tür hinter ihr schliesst.

      Erschöpft bleibe ich im Bett liegen. Die Auseinandersetzung mit Noah hat mir mehr zugesetzt, als ich mir wirklich eingestehen will. Wie konnte es nur soweit kommen? Ich schliesse meine Augen und versuche auf andere Gedanken zu kommen. Vom vielen Nachdenken erhalte ich noch mehr Kopfschmerzen, als dass ich schon habe. Plötzlich spüre ich einen Drang zur Toilette zu gehen. Zum einen,


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