Handwerker gesucht. Thabita Waters

Handwerker gesucht - Thabita Waters


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praktisch. Emotional musste er sich da auf nichts einlassen. Aber Martin wollte auch nicht so werden wie Stefan. Vor allem fühlte er sich dabei nicht besonders gut, denn was passierte, wenn eines der Mädchen doch mehr wollte? Auf Dauer konnte er das mit seinem Gewissen nicht vereinbaren und so wurden seine sexuellen Eskapaden immer seltener, denn das war ihm zu oberflächlich. One-Night-Stands waren Stefans Spezialität, seine eher weniger. So war er Single, auf der Suche nach Arbeit und am Rande der Verzweiflung. Eine Beziehung kam für ihn immer noch nicht in Frage. Silke hatte ein zu großes Loch in sein Herz gerissen.

       Er beschränkte seine Arbeitssuchen nicht nur auf die Printmedien, sondern suchte auch das Internet ab. Gerade sah er sich auf der Homepage eines örtlichen Anzeigenanbieters um, als sein Blick an einer Anzeige hängen blieb.

      »Suche dringend Hilfe zum Transport einer Lampe. Bitte nur mit Kombi. Bezahlung nach Vereinbarung. Bitte melden unter ...« Es folgte eine Mobilfunknummer, die er auf ein Blatt Papier kritzelte. Na, ja der Dauerjob war es nicht. Aber er hatte einen Kombi und sowieso nichts Besseres zu tun. Und es war allemal besser, als vor Langeweile zu sterben. Also schnappte er sich sein Telefon und wählte die Handynummer. Es dauerte nicht lange, da meldete sich eine weibliche Stimme. »Ja, Hallo.« Hmm, das klang ja schon mal mehr als sympathisch. Von der Stimme her würde er sagen, seine Gesprächspartnerin war nicht älter als 30. »Ja, also. Ich rufe an wegen der Anzeige. Sie brauchen jemanden, der eine Lampe fährt, mit Kombi? Ich wäre bereit, da auszuhelfen. Von wo, nach wo, muss denn das gute Stück?« »Also die muss von Bornheim nach Frechen in eine Diskothek. Und bitte, nicht denken, es handelt sich um eine Stehlampe, oder so etwas in der Art. Es ist eine Auftragsarbeit und ist etwas größer.« Aha, eine Lampengestalterin also. Und dazu mit einer sehr Sympathischen, wenn nicht sogar einer sehr sexy Stimme.

      »Hmm, okay. Aber warum fahren Sie nicht selber? Ich denke, Sie haben öfters solche Transporte.«

      Es kam ihm komisch vor, dass sie eine Anzeige aufgab, denn wenn sie jedes Mal einen Transport benötigte, würde das Geschäft als Lampendesignerin nicht sehr viel abwerfen.

       »Ja klar, die habe ich. Aber mir hat so ein Hut tragender Depp, meinen parkenden Kombi zerlegt. Der war danach Totalschaden. Nun muss ich mir einen Neuen kaufen, was aber aus finanzieller Sicht erst nach dem Auftrag in Frechen möglich ist. Deswegen sitze ich in der Zwickmühle.

      Und damit haben wir auch schon den nächsten Punkt. Zahlen kann ich nicht viel, ich dachte so an dreißig Euro, wäre das so Okay für Sie?«

       Martin überlegte, viel war es ja nicht. Aber die Stimme gefiel ihm und plötzlich überzog ein Grinsen sein Gesicht. Sollte er das wagen? Das wäre verdammt frech, doch er war neugierig und wollte wissen, ob Frechheit siegen würde.

       »Na ja, vielleicht haben Sie ja auch etwas Anderes zu bieten?« Er schloss die Augen und hätte sich fast vor die Stirn geschlagen. Wollte er nicht abstinent leben? Stefan verurteilte er und was tat er hier. Mensch Junge, du bist keinen Deut besser.

       »Ich könnte ihnen eine Lampe machen. Ist garantiert ein Unikat.« Irgendwie klang ihre Stimme plötzlich anders. Vorsichtiger, als wenn sie ahnen würde, worauf es hinausläuft. Sollte Martin weiter gehen, oder eine Lampe nehmen? Nein, dachte er, nun wollen wir doch mal sehen, wie weit ich komme.

       »An eine Lampe habe ich dabei weniger gedacht.«

       Nun war es raus. Na ja, fast raus. Zu verlieren hatte er ja nichts. Im gleichen Moment dachte er, Oh Martin, was machst du hier eigentlich? Du weißt ja nicht mal, wie sie aussieht.

      Nun schlug er sich wirklich mit einer Hand vor die Stirn und unterdrückte einen gequälten Seufzer.

       Auf der anderen Seite der Leitung war auch erst mal Stille. Martin hielt die Luft an und wagte sich noch weiter nach vorne. Nun war echt alles egal, entweder sie legte auf, oder sie schnauzte einfach los. An eine dritte Möglichkeit wollte er gar nicht denken. Am liebsten hätte Martin den Anruf beendet, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht Neugierde oder völliger Irrsinn. Sein Verstand sagte ihm, das es Letzteres war.

       »Also, nicht dass Sie mich nun falsch verstehen. Ich finde Ihre Stimme sympathisch. Und na ja, es wäre ja auch in erotischer Hinsicht etwas, dass Sie anzubieten hätten.« Seine Hand umklammerte das Telefon so fest, dass das Plastikgehäuse leise ächzte, es war ja auch nicht das neuste Modell.

       Nun hörte er auf der anderen Seite ein Zischen, so als ob sie einmal tief Luft holen müsste.

       »Sie wissen schon, dass es eine ziemlich ungewöhnliche Art der Bezahlung ist. Und was machen Sie, wenn ich hässlich wie die Nacht bin?«

       Oha, sie war also nicht entsetzt. Aber ihre Frage war berechtigt. Kluges Mädchen, dachte er.

       »Hmm, also, ob ich nun der tolle Hecht bin, wissen Sie ja auch nicht. Ich denke in dem Fall, dass es nicht passt, sollten wir uns auf die 30 Euro einigen. Und glauben Sie mir, dass mache ich zum ersten Mal, aber Ihre Stimme ist schon der Hammer.« Und wie seine Phantasie überschlug sich, bei dem Versuch sich ein Bild der Frau am anderen Ende zu machen.

       Auf der anderen Seite war nichts zu hören. Martin wagte nicht, noch mehr zu sagen. Dann endlich brach sie das Schweigen.

       »Okay, abgemacht. 30 Euro, wenn einer von uns einen Rückzieher macht. Ach, Ihre Stimme ist auch sehr sympathisch. Und ich mache so was auch nicht oft. Um es genau zu sagen: nie.«

       Sie lachte leise und Martin schmunzelte. Gleichzeitig dachte er: Du bist vollkommen verrückt, völlig durchgeknallt. Stefan würde ihm dafür die Füße küssen. Auf das Blatt Papier, auf dem schon ihre Nummer stand, notierte er ihre Adresse und den Termin und legte auf. Darauf musste er sich erst einmal einen Bordeaux genehmigen. Aus dem einem Bordeaux wurden drei. Leicht angesäuselt ließ er das Gespräch Revue passieren und seine Nerven fingen an zu flattern. Nervös suchte er seine Zigaretten. Am Samstag wollte er Petras Lampe fahren und wir hatten gerade erst Montag. Bis Samstag war er ein nervliches Wrack. Gut, in dem Fall hätte er dann 30 Euro mehr. Doch trotz allem musste er grinsen.

      2 Petra und ihre Lampe

      Die ganze Woche fieberte Martin dem Wochenende entgegen. Dann, am Samstag, stand er pünktlich um zwölf Uhr mittags bei Petra vor der Tür. Nervös betätigte er die Klingel, in seinen Eingeweiden befand sich ein Kloß und seine Hände waren schweißnass. Sollte er umdrehen und wieder fahren? Mutlos drückte er die Tür auf, nachdem der Türsummer ihm signalisiert hatte, dass oben jemand auf die Klingel reagiert hatte.

       Aber er sagte sich, wenn sie ihm nicht zusagte, nahm er das Geld und dann würde er so etwas nie wieder machen. Zögernd stieg er die Stufen zum dritten Stock hinauf. Oben auf dem Treppenabsatz wartete sie und sah mindestens genauso nervös aus wie er. Erleichterung machte sich in ihm breit. Glück gehabt Junge, dachte er, hässlich ist sie zum Glück ja nicht. Vor ihm stand eine Mitvierzigerin, mit hellbraunem Haar und einer noch guten Figur. Wohlproportionierte Rundungen, was er nun nicht so schlimm fand, saßen sie doch am richtigen Fleck. Wenn er ihre Figur beschreiben müsste, würde er sagen, normal. Ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Jeans und ein blaues Shirt waren genau richtig, für das, was sie heute geplant hatten. Das Shirt hatte einen etwas weiteren Ausschnitt, sodass er den Ansatz ihre Brüste sehen konnte. Und dieser Anblick gefiel ihm sehr. Nicht zu groß und nicht zu klein.

       Dann sah er ihr ins Gesicht, ihre Augen glitzerten in einem faszinierenden Farbenspiel. Eine genaue Be- schreibung ihrer Augenfarbe war nicht möglich. Manche würden hier graublau sagen, aber sie schienen die Farbe mit ihrer Stimmung zu wechseln und ihr Gesicht war schmal. Aber ihr Mund war einfach der Hammer. Volle sinnliche Lippen mit einem eleganten Schwung. Wie es sich wohl anfühlte, diesen Mund zu küssen und auf der Haut zu spüren? Schnell verwarf er diesen Gedanken. Denn was würde er tun, wenn sie ihm einfach nur die 30 Euro in die Hand drückte? Sie lächelte schüchtern und reichte ihm die Hand zur Begrüßung.

      Ein lange verschollenes Gefühl machte sich in ihm breit. Martin, Martin, dachte er, du benimmst dich wie ein Teenager.

       »Hallo, du bist also Martin. Ich bin Petra. Wir sollten so schnell es geht aufbrechen, die Lampe wird schon erwartet. Und ich muss sie noch installieren.«

       Oha, dachte Martin, sie


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