Eine Frau für jede Gelegenheit. Susanna Egli

Eine Frau für jede Gelegenheit - Susanna Egli


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schaute auf und schüttelte den Kopf. „Nein, bestimmt nicht.“

      Sie grunzte. „Ist auch besser. Ich habe keine Lust, mir eine deiner Predigten anzuhören.“

      „Dein Kaffee wird kalt. Trink ihn lieber.“

      Sie trat an den Tisch, und das um den Leib geschlungene Badetuch zeichnete ihre Kurven sehr deutlich nach. Sie setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl, nippte am Kaffee und zog eine Grimasse. „Äh! Der schmeckt ja grausam!“

      Arjen lachte, und wenn er lachte, zeigte er ein sehr weißes, sehr ebenmäßiges und gesundes Gebiss, und das sah zu seinem gebräunten Gesicht sehr hübsch aus. Seine grauen Augen hingen an dem Tal zwischen ihren Brüsten, die vom Handtuch seitlich zusammengedrängt wurden.

      „Ich fürchte“, meinte er, „das Kochen gehört nicht gerade zu meinen zahlreichen Talenten.“

      Noelle schlug ihre langen, nackten Beine übereinander und sah nach, ob das Handtuch auch sämtliche strategischen Punkte ausreichend bedeckte.

      „Wenn wir schon von deinen vielen Talenten reden - sag mal, hast du eigentlich mal wieder etwas von diesem Magazin gehört?“

      Arjen runzelte die Brauen. „Habe ich. Leider. Sie sagten, es sei eine ausgezeichnete Arbeit, die aber leider, leider nicht dem Genre entspräche, das sie pflegten. So ungefähr schrieben sie.“

      Noelle nickte. „Hm. Das habe ich mir genauso vorgestellt. Sag mal, warum schreibst du eigentlich nichts, was man eventuell verstehen könnte? Immer hast du nur dieses hochgestochene Zeug, das kein Mensch lesen will.“

      Arjen musterte sie amüsiert. „Und warum wirst du nicht einmal ein bisschen sesshafter, statt immer mit acht Zylindern herum zu surren? Jeder hat doch schließlich seinen eigenen Sparren, meinst du nicht auch?“

      Noelle schüttelte missbilligend den Kopf. „Ich verstehe nur nicht, dass es dir nie zu viel wird, wenn du ständig vor deinem Computer sitzt.“

      „Ich schreibe eben gerne“, meinte er achselzuckend und nippte an seinem Kaffee. „Die Welt meiner Fantasie gefällt mir viel besser als jene, die mich umgibt. Mit einer einzigen Ausnahme selbstverständlich.“

      „Und die wäre?“

      „Nun ja, wer denn? Du natürlich.“

      Noelle schnitt eine Grimasse. „Ach ja, das alte Lied. Klar.“

      „Es ist wahr, wenn auch wahrscheinlich hoffnungslos. Ich denke jedenfalls ständig an dich. Heute früh im Bett, um nur ein Beispiel zu nennen.“ Arjen grinste lausbübisch. „Du hast keine Ahnung von meinen Gedanken und Vorstellungen, wenn ich so nackt zwischen meinen Decken liege.“

      Noelle schniefte. „Na, ja. Deine Gedanken und Vorstellungen.“ Sie zuckte eine nackte Achsel. „Wenn es dir Spaß macht. Hoffentlich hast du wenigstens dein Vergnügen dabei.“

      Er lachte. „Es tut keinem etwas Böses, wenn man stellvertretend lebt. Wunschträume und Fantasien...“

      „Schon wieder fängst du mit diesem Unsinn an!“, unterbrach sie ihn ungeduldig. „Immer diese großen Worte! Versuchst du schon wieder, mich zu erziehen?“

      Arjen zuckte die Achseln. „Das scheint eine Seite deines geheimnisvollen Lebens zu sein, die sehr nachdrücklich vernachlässigt wurde“, erwiderte er.

      „Ich komme auch so ganz gut zurecht.“

      „Das weiß ich.“

      Noelle warf den Kopf zurück. „Soll das vielleicht ein Vorwurf sein?“

      „Du lieber Himmel, bist du aber heute empfindlich!“, bemerkte er und lächelte dazu.

      Noelle schaute in ihre Kaffeetasse. „Ich hatte eine schwere Nacht. Bist du jetzt zufrieden?“

      „Hoffentlich war sie auch ertragreich, oder?“

      Sie wusste, dass er sich nicht klar darüber war, wie nahe er der Wahrheit war.

      „Wir hatten ein paar reiche Kerle im Club. Wir haben alle sehr lange gearbeitet, aber auch gut verdient.“ Sie musterte den jungen Schriftsteller kritisch. „Schließlich verdiene ich ja wenigstens einigermaßen ordentlich, und das ist immerhin mehr als manche Leute von sich behaupten können.“

      Arjen zuckte gleichgültig die Achseln. „Geld ist ziemlich leicht zu verdienen, wenn es dir egal ist, was du dafür zu tun hast, um es zu verdienen.“

      Noelles grüne Augen schossen Blitze. „Schau mal, Arjen, ich bin Kellnerin in einem Nachtclub, verstehst du? Das ist alles, was ich bin, und deshalb wäre mir lieber, du würdest nicht so spitze Redensarten führen.“

      Als sie seine bestürzte Miene sah, beruhigte sie sich wieder, da sie überzeugt war, dass er seine Bemerkung nicht auf sie gemünzt hatte. „Du redest manchmal daher, als sei ich eine Art Landstreicher oder so was“, fügte sie gekränkt hinzu.

      Arjen sah sie fest an. „So habe ich dich noch nie gesehen. Ich weiß, dass du ziemlich viel herumgekommen bist und dass es dir manchmal verdammt schlecht gegangen ist, aber meinen Respekt vor dir hat das absolut nicht beeinträchtigt.“

      Diese Worte trafen Noelle irgendwie sehr, und sie wich seinem Blick aus. Verlegen winkte sie ab und schaute angelegentlich in ihre Tasse.

      „So. Du respektierst mich also. Großartig. Dafür kann ich mir unheimlich viel kaufen. Pass auf, Arjen, ich glaube, wir verzichten lieber auf die Routine Herz - Schmerz - Blumen, meinst du nicht auch?“

      Um ihre Verlegenheit einigermaßen zu überspielen, stand sie auf und ging zur Tür, um sie ein Stück zuzumachen. Sie wusste, dass er sie beobachtete, und seine Gefühle verbarg er dabei nicht.

      Sie wusste, was er für sie empfand, auch wenn sie es niemals soweit hatte kommen lassen, dass er diese Gefühle auch aussprach. Dass er so fühlte und sie es wusste, störte sie. Er war anders als andere Männer, die sie kannte oder gekannt hatte; er bemerkte Dinge an ihr, die noch keiner an ihr bemerkt zu haben schien. Keiner hatte sich auch bisher die Mühe gemacht, Eigenschaften an ihr zu entdecken, die nicht so ins Auge sprangen wie ihre Schönheit und ihre ausgezeichnete Figur.

      Und er sorgte sich um sie. Das las sie unmissverständlich in seinen Augen.

      Arjen trank seinen Kaffee aus und sah sie an. „Hey, wie wär's denn mit einem bisschen Schwimmen? Hast du keine Lust? Heute ist doch ein so herrlicher Tag.“

      Noelle schüttelte ihr feuchtes Haar aus. Sie war froh, dass er das Thema gewechselt hatte. „Ich würde ja sehr gerne mitgehen, aber ich kann nicht. Ich erwarte noch einen wichtigen Anruf. Es ist sehr wichtig.“

      „Ein Job?“

      Noelle lächelte unschuldig. „Neue Kleidung vorführen. Weißt du, seit Monaten habe ich mich nun um diesen Kontakt bemüht. Halt mir den Daumen, ja? Für mich wäre das sehr wichtig.“

      Arjen nickte. „Klar, Mädchen. Ich halte dir sämtliche Daumen.“ Er stand auf, nahm Tassen und Kaffeekanne und ging durch die Tür, die sie ihm aufhielt. „Falls du doch Lust und Zeit haben solltest, mit zum Schwimmen zu gehen, brauchst du nur bei mir zu klopfen, hörst du?“

      „Okay, das werde ich tun.“

      Er blieb noch einmal kurz stehen, um die Wölbungen unter dem Badetuch zu mustern und dazu zu feixen. „Kleines Mädchen, du bist dir vermutlich nicht darüber klar, dass du mir in dieser Aufmachung sehr viel Stoff zum Nachdenken für morgen früh gibst, wenn ich aufwache.“

      Noelle lachte und schob ihn zur Tür hinaus. Sie ließ sie nur einen Spaltbreit offen, damit der leichte Durchzug für angenehme Frische sorgte. Dann ging sie quer durch den Raum, warf das Badetuch ab und schlüpfte in einen abgetragenen Bademantel und Pantoffeln. Dabei fiel ihr wieder ein, was er vorher gesagt hatte - dass er sie respektiere. Er war ein netter und sehr lieber junger Mann, aber nette junge Männer waren so zahlreich wie Sandkörner am Strand. Man musste in die richtigen Kreise kommen, wo die netten jungen Männer auch genügend dicke Bankkonten hatten. Klug war


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