Eine Frau für jede Gelegenheit. Susanna Egli

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war zu weit herumgekommen, als dass sie sich noch in diese zärtliche Falle locken ließe. Außerdem hatte Arjen als Schriftsteller absolut keine Chance, solange er nicht mit diesem intellektuellen Unsinn aufhörte, auf dem er bestand und von dem er nicht lassen wollte. Wer wollte schon schwarz auf weiß unter die Nase gerieben bekommen, dass er im Grund doch nur ein recht dummer Hund war? Er müsste endlich selbst ein bisschen lebenstüchtiger und klüger werden und sich entweder einen Job suchen, von dem er leben konnte, oder sich auf Romane umstellen, die jeder kaufte.

      Dieser blöde Affe... ein netter Kerl, ganz gewiss. Trotzdem ein blöder Affe.

      An der Ecke kam der Bus zum Stehen, und Noelle hob ihren Rock an, um die hohe Stufe ersteigen zu können. Nachdem sie bezahlt hatte, schlängelte sie sich nach hinten, da dort ein bisschen mehr Platz und Luft zum Atmen zu sein schien. Sie hielt sich an einer Stange fest, um nicht an der nächsten Haltestelle aus dem Stand geworfen zu werden. Das war gut so, denn Noelle musste noch immer über den jungen Schriftsteller nachdenken, der seit drei Monaten ihr Nachbar war.

      Nein, für diesen Spaß gab es keinen Platz in ihrem Leben. Falls und wenn sie einmal beschloss, mit einem jungen Mann eine ernsthafte Beziehung zu führen, dann tat sie das sicher nicht aus Liebe, sondern nur deshalb, weil sie etwas davon haben wollte. Ein Haus oder wenigstens eine schöne Wohnung, ein schickes Auto, elegante Kleider, Schmuck, Gesellschaften und Reisen. Liebe - das war doch etwas für die Bekloppten und Idealisten, aber nicht für ein Mädchen mit dem Gesicht und dem Körper einer Noelle Enckevort. Nein, solche Dummheiten machte sie gewiss nicht.

      Noelle wurde plötzlich aus ihren ein wenig wehmütigen Erinnerungen gerissen, als sie von hinten einen etwas zu nachdrücklichen Stoß verspürte. Sie drehte sich um und schaute den sommersprossigen Jungen, der hinter ihr stand, wütend an. Der Bursche grinste und drängte sich diesmal sogar noch nachdrücklicher an sie.

      Noelle seufzte, musterte ihn von oben bis unten verächtlich und wandte sich dann wortlos ab. Sehr bestimmt und genau gezielt und sehr nachdrücklich stellte sie ihren hohen Absatz auf die Schuhspitze des Jungen und verlegte ihr ganzes Gewicht darauf.

      Der Junge stöhnte schmerzlich auf, verstärkte allerdings auch wieder den Druck seines Körpers. Selbst um den Preis eines Wadenkrampfes ließ sie ihr Gewicht weiter auf dem einen Bein, bis der Junge noch einmal stöhnte, sie dann verzweifelt von sich schob und endlich jämmerlich hinkend den Gang entlang humpelte.

      Noelle lachte in sich hinein und strich den Vorgang aus ihrem Gedächtnis, um sich der Vorschau auf den kommenden Job zu widmen. Dieser Mann namens Claes Iddekinge... Wie mochte er sein? Ob es ihr wohl sehr schwerfiele, ihn zu befriedigen? Vielleicht gehörte er zu denen, die noch einen kleinen Bonus zulegten, wenn man sie zufriedenstellend bediente...

      Der Gedanke an die zweihundert Euro oder sogar mehr, die sie innerhalb einer Stunde verdienen würde, gefiel ihr recht gut. Wenn sie dann noch das Geld dazurechnete, das sie von Frieda Rendorp kassiert hatte, dann konnte sie auf sich selbst eigentlich doch recht stolz sein. Und das war sie auch. Dementsprechend straffte sie ihre Schultern und hob ihr Stupsnäschen kecker in die Luft.

      Sie hatte das Gefühl, nun auf dem richtigen Weg zu sein, sodass ihre Tagträume allmählich Form und Gestalt annehmen konnten.

      Dieses Gefühl behagte ihr. Es füllte sie so sehr aus, dass kein Raum mehr blieb für einen Gedanken an Arjen Calkoen.

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