Schnee am Strand. Rohan de Rijk
setzte er in Gedanken hinzu), um danach in den Sog von Job und Karriere hineingezogen zu werden.«
»Damian, du siehst das aber ganz schön schwarz, ich dachte, dir sind solche gesellschaftlichen Konventionen scheißegal?«
Damian richtete sich auf und beugt sich über Ashley, bis er die braunen Sprenkel in ihren tief grünen Augen sehen konnte.
»Und du? Willst du nicht auch manchmal abhauen? Weg von dem ganzen Mist? Verlogene Geschäftsfreunde, die es nur auf den Arsch von deiner Mutter abgesehen haben.«
»Ich bin fein raus, meine Mutter hat einen alten, faltigen Arsch, da will keiner ran.«
»Verstehst du, was ich damit sagen will Ashley? Wenn wir es jetzt nicht machen, haben wir vielleicht nie wieder die Gelegenheit dazu. Das macht mir Angst.«
»Moment«, Ashley stieß Damian zur Seite und wälzte sich aus dem Bett. Sie schaute zum Fenster hinaus, sah die Wagen, die auf der endlosen Landstraße nach irgendwo fuhren. Dass sie nackt war, störte sie nicht.
»Dir ist es Ernst Damian und jetzt versuchst du mich zu überreden, dass ich deinen Traum von der temporären Freiheit mitträume?«
»Kommst du mit? Was haben wir zu verlieren. Der Wagen steht draußen und wir können sofort starten.«
Ashley schaute immer noch zum Fenster hinaus. Tat so, als würde sie die ganze Sache überdenken, das Für und Wider auf imaginäre Waagschalen werfen, dabei stand ihr Entschluss fest. Sie würde mit Damian McLoy auf diese Reise gehen. Nicht, dass ihr etwas daran lag, wie Vagabunden durch die Gegend zu ziehen und jede Toilette und Dusche mühsam zu suchen. Sie wollte ihren Eltern, wenn sie ehrlich zu sich war, ihrer Mutter eins auswischen. Sie wollte sich an der Angst laben, die ihre Mutter ausstehen würde. Die Verzweiflung dieser Frau trieb ihr ein Kribbeln der Freude in die Magengegend.
Ihre Eltern hatten nichts Besseres zu tun, als abzusehen war, dass Ashley ihren Abschluss schaffen würde, sich einen amerikanischen Traum zu verwirklichen. Eine Reise nach Europa. Einen Tag nach der Abschlussfeier, also heute, ging ihr Flieger über den Atlantischen Ozean und hinterließ in Ashley das Gefühl, dass ihre Eltern die Schuldigkeit getan hatten und nun wieder das Leben genießen wollten. Ohne den Hemmschuh Ashley.
Langsam drehte sie sich um. Die Sonne spielte mit dem zarten Flaum, der ihre Brüste bedeckte, und ließ sie wie Miniatur-Diamanten aufblitzen.
»Damian, wir haben kein Ziel, wir haben kein Geld, also lass es uns machen. Ich will dieses Abenteuer. Aber ich will es nur, wenn wir hart und schnell leben.«
Kapitel 3
Schwüle Sommerluft schlug Damian ins Gesicht, als er die Tür des Motel-Zimmers öffnete. Die Nacht war sternenklar und still. Nur ab und zu zerriss der Motorenlärm eines durchfahrenden Trucks die Nacht, bevor er wieder in der fernen Dunkelheit verschwand. Damian trat auf die morsche Veranda und achtete darauf, so leise wie möglich zu sein. Er schaute hinüber zur Rezeption. Ein schwaches bläulich zuckendes Licht erhellte den Raum, aber von dem schmierigen Besitzer des Motels war keine Spur zu entdecken. Auf dem riesigen U, das die Motelanlage bildete, waren nur wenige Autos abgestellt. Fast ausnahmslos Pick-ups, denen man das Alter ansah. Die meisten Zimmer waren dunkel und hinter denen, wo Damian Licht vermutete, hatte es den Anschein, dass es sich um eine optische Täuschung handelte, Widerspiegelungen von den wenigen Lichtern der Nacht. Damian winkte Ashley herbei, die die ganze Zeit in der Dunkelheit des Zimmers gewartet hatte.
»Die Luft ist rein«, flüsterte Damian in den Raum hinter sich. Ashley löste sich aus den Schatten und trat ins Freie.
Die Wärme der Sommernacht schlug ihr unvermittelt ins Gesicht, die alte Klimaanlage im Zimmer hatte die Temperaturen auf einem annehmbaren Level gehalten. Der Temperaturunterschied jagte ihr eine Gänsehaut über den ganzen Körper und ließ sie kurzzeitig erschauern.
Damian winkte Ashley heran und über seinem ausgestreckten Zeigefinger erkannte sie den Wagen, von dem er gesprochen hatte. Er stand unweit der Motelreklame und das fahle Licht, das auf ihn fiel, verwandelte die eigentliche Farbe in ein undefinierbares Grau. In der Dunkelheit wirkte der Wagen geduckt, bösartig, irgendwie abstoßend.
»Das ist mein Auto, du rennst zuerst und ich halte dir den Rücken frei, falls der Alte auftaucht«, mit diesen Worten drückte Damian Ashley einen Schlüssel in die Hand und drängte sie von der Veranda auf den staubigen Parkplatz.
Ashley bewegte sich vorsichtig und leise. Katzenhaft setzte sie einen Schritt nach dem anderen, immer darauf bedacht, so wenig Lärm wie möglich zu machen. Als sie bei dem Auto angekommen war, steckte Sie den Schlüssel in das Schlüsselloch und drehte ihn herum. Nichts tat sich. Der Sicherungsstift verharrte an Ort und Stelle und schien ihre Bemühungen zu verhöhnen. Ashley versuchte, den Schlüssel mit Gewalt zu drehen. Erst als sie merkte, dass sich das Metall leicht verbog, gab sie auf. Die Tür war immer noch verschlossen wie ein Bollwerk. Damian bemerkte Ashleys verzweifelten Blick gefolgt von einer pantomimischen Geste, die er nicht so recht zu deuten wusste. Er schaute zur Rezeption herüber. Immer noch schien nur das bläuliche Licht des Fernsehers durch die schmutzigen Scheiben.
Von dem fetten Mann war weit und breit nichts zu sehen. Damian schlich durch die Nacht zu dem Auto. Er zog den Schlüssel aus dem Schloss und wählte einen anderen. Dieser passte, der Sicherungsstift sprang mit einem metallischen Klicken nach oben und gab die Tür frei. Gerade als Ashley sich auf den Beifahrersitz sinken lassen wollte, hörte sie ein Geräusch. Ehe sie Damian warnen konnte, hatte dieser sich umgedreht und stand nun Auge in Auge mit dem Besitzer des Motels.
»Morgen bezahlt ihr den Rest und jetzt seid ihr zufällig auf dem Weg in die Stadt, noch ein Bier für die Nacht kaufen, habe ich recht?«
Kaum hatte er den Satz beendet, ließ er wie zur Demonstration seiner Macht, den Baseballschläger durch die fahle Dunkelheit sausen. Er zerschnitt die Luft mit einem sirrenden Geräusch und landete mit einem lauten Aufklatschen in der anderen Hand des Moteliers. Der nächste Schlag folgte unmittelbar. Damian konnte gerade noch den Kopf zur Seite drehen. Im nächsten Moment streifte der Baseballschläger seine Haare und landete mit einem hässlichen Krachen auf dem Vinyldach des Autos. Das Blech knirschte, als es sich unter der Wucht des Schlages verbog.
Damian nutze den Moment, in dem der Motelier durch den Schlag aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Er trat ihm mit voller Wucht zwischen die Beine. Die schlabberige Hose des Mannes fing einen kleinen Teil der Wucht auf, konnte aber nicht verhindern, dass Damian sein Ziel fand.
Der Motelier brauchte eine Sekunde, bis er den Schmerz bemerkte, danach zerriss ihn dieser den gesamten Unterleib. Seine Augen weiteten sich und die Knie gaben nach. Als er nach vorne kippte, hob Damian das Knie. Die Wucht des Aufpralls brach dem Motelier das Nasenbein und dunkles Blut strömte schwallweise über sein Gesicht. Ashley hatte sie Situation mit Schreck geweiteten Augen angesehen und sich dabei mit den Zähnen in ihrer Faust verbissen. Der Motelier versuchte, sich an der Motorhaube von Damians Wagen hochzuziehen. Blut lief immer noch aus seiner gebrochenen Nase und färbte das gerippte Unterhemd rot. Damian wartete, bis der Motelier stand. Er nahm sich Zeit. Weidete sich an dem Anblick des Schmerzes. Dann ging er, ohne ein Anzeichen von Eile auf den Mann zu. Für ein paar Sekunden standen sie sich gegenüber. Dann holte Damian aus. Der Schlag kam unsichtbar aus der Hüfte und traf den Motelier seitlich in die Leber. Pfeifend presste er die Luft aus den Lungen, unfähig, den Schmerz herauszubrüllen. Langsam glitt er an der Motorhaube des Wagens entlang und landete endgültig im Staub. Damian würdigte ihm keines Blickes. Er umrundete den Wagen und stieg ein. Ashley saß mit bleichem Gesicht auf dem Beifahrersitz und schaute Damian fragend an.
»Alles in Ordnung? Lass uns in das größte Abenteuer unseres Lebens starten.«, sagte Damian.
Er ließ den Wagen an und der V8 erwachte zum Leben.
Der Motor brüllte guttural durch die Nacht und als Damian Gas gab, erfüllte der Lärm alles um sie herum.
Der Staub senkte sich langsam über dem Motelier. Er konnte in der Dunkelheit der Nacht nur noch die Lichter von Damians Auto sehen, das sich in einer unglaublichen Geschwindigkeit entfernte. Dann war er