Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Band 3. Holger Dahl
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Zentrale Norm für die Mitbestimmung des Betriebsrats im Bereich der Vergütungsgestaltung ist § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Die Nr. 10 des § 87 BetrVG enthält damit eine Generalklausel, durch die dem Betriebsrat nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Gestaltung des Arbeitsentgelts ein umfassendes Mitbestimmungsrecht eingeräumt wird.3 Sie wird ergänzt durch die Regelungen in § 80 Abs. 1 BetrVG sowie in den Nr. 4, 8, 9 und 11 des § 87 Abs. 1 BetrVG. Gegenstand des Mitbestimmungstatbestands bilden nicht nur Lohn und Gehalt im herkömmlichen Verständnis, also das Arbeitsentgelt, das nach Inhalt und Umfang in einem Synallagma zur Arbeitsleistung steht, sondern es werden von den Fragen der betrieblichen Lohngestaltung alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen erfasst, bei denen die Bemessung nach bestimmten Grundsätzen oder nach einem System erfolgt.4 Zum Lohn in diesem Sinne gehören insbesondere laufende Entgelte, übertarifliche Zulagen, Leistungen bei betrieblicher Altersversorgung und sonstige Sozialleistungen sowie einmalige Sonderzahlungen. Zweck des 1972 angepassten Mitbestimmungsrechts ist nicht die Sicherstellung einer gerechten Lohnpolitik, sondern nach einhelliger Auffassung die Lohnfindung unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit.5
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§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG knüpft also an Fragen der betrieblichen Lohngestaltung an. Sie beinhaltet die Festlegung abstrakt-genereller Grundsätze zur Lohnfindung.6
1. Begriffsentwicklung
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Wie vorab bereits ausgeführt, bezieht sich das Mitbestimmungsrecht insbesondere auf Entlohnungsgrundsätze und Entlohnungsmethoden. Im Folgenden werden die beiden maßgeblichen Begriffe näher beleuchtet:
a) Entlohnungsgrundsatz
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Literatur und Rechtsprechung bestimmen den Begriff des Entlohnungsgrundsatzes nicht deckungsgleich. Bei Auswertung der Rechtsprechung der letzten zwei Jahre zur Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG fällt auf, dass sowohl Entscheidungen einiger LAG7 als auch des 7. und 10. Senats des BAG8 in ihren Ausführungen den Begriff des Entlohnungsgrundsatzes nicht weiter problematisieren und final nicht (mehr) definieren. Dies ist wohl Resultat einer jahrzehntelangen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte.
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Dem entgegen definiert der erste Senat des BAG den Entlohnungsgrundsatz weiterhin stets als abstrakt-generelle Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmten das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden. Entlohnungsgrundsätze seien damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergebe. Zu ihnen zählten neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems.9 Damit übernimmt der 1. Senat des BAG für die Bestimmung des Entlohnungsgrundsatzes die Definition, die ursprünglich für die betriebliche Lohngestaltung verwendet wurden. In der Konsequenz versucht das BAG die Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unter den Begriff des Entlohnungsgrundsatzes zu subsumieren, obwohl eigentlich die betriebliche Lohngestaltung der übergeordnete Begriff ist. Verschiedene LAG haben diese Definition übernommen.10
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In der Literatur wird der Begriff des Entlohnungsgrundsatzes unterschiedlich definiert. So heißt es bspw.: „Entlohnungsgrundsätze sind sowohl die Grundsätze des Lohnsystems als auch die Festlegung abstrakt-genereller Faktoren zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers“11 oder „Die Entlohnungsgrundsätze betreffen die Primärentscheidung über die Einführung des Systems nach dem das Arbeitsentgelt im Betrieb allgemein, d.h. abstrakt-generell für die Belegschaft ermittelt werden soll“12.
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Alle Definitionsversuche der Rechtsprechung und der Literatur haben hierbei gemein, dass Entlohnungsgrundsätze lediglich ein abstraktes System verkörpern, nach welchem der Arbeitgeber Entgelt bemisst.
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Zu der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen gehört ferner die Entscheidung, ob das Arbeitsentgelt zeitbezogen oder leistungsbezogen gestaltet sein soll.13 Bei Wahl eines zeitbezogenen Entgelts hat der Betriebsrat deshalb mitzubestimmen, ob die Lohn- oder Gehaltsfestsetzung nach abstrakten Tätigkeitsmerkmalen erfolgt, wie sie in den Tarifverträgen üblich ist, oder ob für sie eine Positionsrangfolge und eine Leistungsbeurteilung maßgebend sind. Zu den Entlohnungsgrundsätzen zählt weiterhin, ob die Vergütung durch eine Gehaltsdifferenzierung nach Lebensalterstufen und/oder durch die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs aus bestimmten Vergütungsgruppen gekennzeichnet ist.14 Bei den leistungsbezogenen Entgelten müssen Bezugsgröße und Bezugsbasis festgelegt werden, um den Entlohnungsgrundsatz in seiner konkreten Struktur zu bestimmen. Zur Ausformung des Systems und damit zum Entlohnungsgrundsatz gehört daher auch die Frage, ob es sich um arbeitsabhängige oder erfolgsabhängige Entgelte handelt.15 Zu den Entlohnungsgrundsätzen gehört weiterhin die Ausformung des Systems, nach der das Entgelt bemessen werden soll.16 Mitbestimmt sind etwa die Fragen, ob im Zeitlohnsystem, im Prämienlohnsystem oder im Akkordlohnsystem, ob im Gruppenakkord oder im Einzelakkord gearbeitet werden soll, ob Gruppenprämien oder Einzelprämien zu zahlen sind.17
b) Entlohnungsmethode
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Neben den Entlohnungsgrundsätzen werden als Unterfall der betrieblichen Lohngestaltung die Entlohnungsmethoden genannt. Darunter verstehen sowohl das BAG als auch die (wohl) überwiegende Literatur die Art und Weise der Ausführung und Durchführung des gewählten Entlohnungssystems.18
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Gemeint ist damit das Verfahren, wie der Entlohnungsgrundsatz technisch durchgeführt wird, um das Arbeitsentgelt zu bestimmen. Dabei geht es zum einen um die Ermittlung des Arbeitswertes, d.h. um die Feststellung des Schwierigkeitsgrades einer Arbeit, von dem die Zuordnung einer bestimmten Arbeit zu einer Entgeltgruppe abhängt. Zum anderen hat der Betriebsrat mitzubestimmen über die Frage, wie der Leistungsgrad der einzelnen Arbeitnehmer insb. beim Akkord- und Prämienlohn zu ermitteln ist.19
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Zum Begriff der Entlohnungsmethode gibt es kaum Rechtsprechung. Der Grund dafür liegt in der Praxis. Beteiligt der Arbeitgeber den Betriebsrat bei der Aufstellung eines Entlohnungssystems erst gar nicht, findet der Streit über die abstrakte Beteiligungspflicht und weniger über Inhalte und Abgrenzungen von Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode statt. Hat der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht gerichtlich durchgesetzt, wird der Arbeitgeber ihn auch bei der Art und Weise der Ausführung und Durchführung des gewählten Entlohnungssystems beteiligten, sodass es m.E. weniger Streit über die Mitbestimmung bei der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden als bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen gibt.
2. Verhältnis von Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode
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Für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts kommt es darauf an, in welcher Relation die genannten Begriffe stehen. Einigkeit herrscht in Rechtsprechung und Literatur darüber, dass „betriebliche Lohngestaltung“ gegenüber Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode der weitergehende Begriff ist.20
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Zu klären bleibt letztlich, in welchem Verhältnis Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode zueinander stehen.
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Auf den Wortlaut abgestellt, wäre davon auszugehen, dass die Begriffe des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kumulativ auf