Die Regulierung innovativer Finanzinstrumente. Thomas Weck
man bei Finanzinstrumenten das Risiko, dass unerwartete Kursänderungen (Preisänderungen) zu finanziellen Verlusten führen. Zu diesen Risiken zählen neben dem Zinsänderungsrisiko auch das Währungs- bzw. Wechselkursrisiko und das Rohstoffrisiko, also Risiken, dass speziell die im Wechselkurs ausgedrückten Wertveränderungen bei einer Fremdwährung oder die Veränderung der Rohstoffpreise zu finanziellen Verlusten führen.
Marktpreisrisiken sind durch die Transaktion selbst bedingte Risiken, die an einem Finanzinstrument in seiner Eigenschaft als Handelsobjekt auf den Geld- und Kapitalmärkten anknüpfen. Sie sind unmittelbar mit dem Handelseinsatz von Finanzinstrumenten verbunden und folgen aus Unsicherheiten bei der Preisfindung. Dabei wird unterschieden zwischen allgemeinen Kursrisiken, die vom Markt abhängig sind, und spezifischen Risiken, die vom jeweiligen Emittenten abhängen. Diese Unterscheidung ist bedeutsam in Hinblick auf die Möglichkeiten, Marktpreisrisiken durch Absicherungsstrategien (z.B. hedging, Diversifikation) zu vermindern.16 Eine ähnliche Unterscheidung lässt sich zwischen systematischen und unsystematischen Risiken treffen, je nachdem, ob das Risiko alle Einzelwerte einer Anlageklasse trifft und ob es dem entsprechend vom Markt vergütet wird oder nicht.17 Die systematischen Risiken können durch Diversifikation vermindert werden.
Die Entwicklung eines Marktpreisrisikos ist in der Beurteilung komplexer, wenn der Marktwert eines Finanzinstrumentes von den Risiken oder der Wertentwicklung eines anderen Finanzproduktes abhängt (Basis bzw. Referenzwert). Dies ist bei Anleihen der Fall, ebenso bei Derivaten. Bei dem anderen Finanzprodukt handelt es sich typischerweise um ein Fremdkapitalprodukt (z.B. einen Kredit)18 , seltener um ein Eigenkapitalprodukt.19 Wenn eine derartige Abhängigkeitsbeziehung besteht, können Probleme bei dem Referenzwert (z.B. ein Kreditausfall) den Marktwert des Finanzinstruments negativ beeinflussen. Finanzinstrumente, die einzelne Elemente aus der Risikostruktur des Referenzwerts abbilden (Derivate), unterliegen grundsätzlich denselben Marktpreisrisiken wie der Referenzwert.20 Allerdings können auch solche Instrumente eigene Marktpreisrisiken aufweisen, z.B. weil ihr Wert aufgrund eines eingebauten Hebels überproportional an den Wertveränderungen des Referenzwerts teilnimmt. Außerdem können andere Faktoren den Marktwert beeinflussen, beispielsweise die Art des Derivats (Fest- oder Optionsgeschäft) und seine Komplexität. Andere den Marktwert von Derivaten beeinflussende Faktoren können Bestandshaltekosten im Vergleich mit Kassageschäften (cost of carry), die Liquidität der Marktteilnehmer und die übrige Marktverfassung (abhängig z.B. von Erwartungen, Tagesereignissen) sein.21
II. Erfüllungsrisiken (insb. Kredit-/Gegenpartei-Risiken)
Die Gruppe der Erfüllungsrisiken umfasst die unterschiedlichen Ausprägungen des Risikos, dass eine Vertragspartei nicht in der Lage ist, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Erfüllungsrisiken spielen im allgemeinen Zivilrecht eine besondere Rolle, da sie durch die gesetzlichen (§§ 269, 270 BGB) und vertraglichen Regelungen zum Leistungs- bzw. Erfolgsort einer Vertragspartei mehr oder minder ausdrücklich zugewiesen sind.
Zu den Erfüllungsrisiken zählt insbesondere das Ausfallrisiko (Kontrahentenrisiko). Dies ist das Risiko eines Ausfalls oder Teilausfalls einer vom Transaktionspartner geschuldeten Leistung.22 Ein Beispiel ist das Kreditausfallrisiko, das in der Gefahr des teilweisen oder vollständigen Ausfalls kreditvertraglich vereinbarter Zins- und Tilgungszahlungen besteht. Ausfallrisiken im Zusammenhang mit Wertpapieren umfassen insbesondere Emittentenrisiken und Vorleistungs- bzw. Eindeckungsrisiken.23 Bei Derivatkontrakten bestehen Ausfallrisiken in Form der Unsicherheit, dass der leistungsverpflichtete Transaktionspartner seinen Verpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt. Diesbezüglich wird häufig von Gegenparteirisiken (counterparty risk) gesprochen.
Andere Erfüllungsrisiken, die in Bezug auf Finanzinstrumente relevant erscheinen, sind das Abwicklungs- und das Verwahrungsrisiko. Als Abwicklungsrisiko wird die – unter Umständen Dritte treffende – Möglichkeit bezeichnet, dass ein Wertpapier nach Ablauf des zwischen beiden Transaktionspartnern vereinbarten Erfüllungszeitpunkts nicht oder verzögert abgewickelt wird und dies zu Verlusten wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung der Marktverhältnisse führt. Bei dem Verwahrungsrisiko handelt es sich um das Risiko, dass in Verwahrung gegebene Finanzinstrumente oder andere in Verwahrung gegebene Güter bei dem Verwahrer verlustig gehen.
In Bezug auf die Transaktion mit einem Finanzinstrument treten Erfüllungsrisiken als transaktionsbedingte Risiken auf. Sie sind unmittelbar mit dem Einsatz des Finanzinstruments verbunden und folgen aus Unsicherheiten bei der Preisfindung. Dabei leiten sich solche Risiken zwar von der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit des einen Transaktionspartners ab, doch treffen sie den anderen Transaktionspartner vermittelt über das Finanzinstrument.
III. Liquiditätsrisiken
Ein Risiko, das aufsichtsrechtlich vor allem mit Blick auf mögliche Bestandsgefährdungen bei einzelnen Marktteilnehmern relevant ist, ist das Liquiditätsrisiko. Der Begriff wird in zweierlei Zusammenhang verwendet. Zum einen bezeichnet das Liquiditätsrisiko das Risiko, dass ein Marktteilnehmer selbst illiquide ist, weil er Zahlungsmittel nicht oder nur zu einem erhöhten Preis beschaffen kann (z.B. weil sich beim Transaktionspartner ein Ausfallrisiko realisiert). Zu Liquiditätsrisiken der genannten Art zählen Refinanzierungsrisiken, verzögerungsbedingte Terminrisiken und hinsichtlich einer unerwarteten Inanspruchnahme bestehende Abrufrisiken. Zum anderen kann ein Liquiditätsrisiko aber auch daraus folgen, dass sich Geschäfte wegen nicht ausreichender Marktliquidität nicht oder nur verzögert abschließen lassen. Mit Blick auf Transaktionen mit Finanzinstrumenten bedeutet die Realisierung solcher Risiken, dass laufende Kontrakte vorzeitig beendet werden müssen und sich bei dem betroffenen Transaktionspartner Marktwertverluste realisieren. Diese zweite Art von Liquiditätsrisiken kann zur Klarstellung auch als Liquidierungsrisiko bezeichnet werden.24 Liquiditätsrisiken treffen Marktteilnehmer zwar im Rahmen von Transaktionen mit Finanzinstrumenten. Jedoch handelt es sich um keine Risiken, die durch den Vertrag über die Transaktion begründet werden. Unbeschadet dessen kann sich aufgrund von Liquiditätsrisiken, die bei einem Transaktionspartner bestehen, das Risiko seines Ausfalls gegenüber dem anderen Transaktionspartner erhöhen. Außerdem erhöht sich durch jede Transaktion, die bei einem Transaktionspartner Kapital bindet, dessen Liquiditätsrisiko in anderen Transaktionen.
IV. Schwankungsrisiken
Als Schwankungsrisiko (Volatilitätsrisiko) wird das Risiko bezeichnet, dass sich der Preis für einen Wert aufgrund von Änderungen des Unsicherheitsgrades bei einem Bezugswert ändert. Das Risiko folgt aus der Unsicherheit bezüglich künftiger Preisbewegungen (implizite Volatilität), in Abgrenzung von der Bekanntheit historischer Kursschwankungen (realisierte Volatilität).25 Schwankungsrisiken stehen in den aufsichtsrechtlichen Vorgaben und Empfehlungen gegenüber den zuvor beschriebenen Risikokategorien stärker im Hintergrund. Allerdings sind sie im vorliegenden Zusammenhang durchaus von Bedeutung. Bei Finanzinstrumenten, deren Wert sich von einem Bezugswert ableitet, besteht unverkennbar ein enger Zusammenhang zwischen Marktpreis- und Schwankungsrisiken. In Bezug auf Marktpreisrisiken wurde bereits angesprochen, dass der Marktwert von Finanzinstrumenten von Änderungen in den Risiken oder der Wertentwicklung eines Referenzproduktes beeinflusst werden kann. In diesem Fall hängt es von der Realisierung von Schwankungsrisiken ab, in welchem Umfang sich der Marktwert des Finanzinstruments letztlich verändert.
Schwankungsrisiken sind transaktionsbedingte Risiken, soweit sie den Käufer des Finanzinstruments gerade aufgrund der Transaktion mit dem Finanzinstrument treffen. Eine Nichtberücksichtigung von Schwankungsrisiken kann zu Fehlbewertungen führen und ist insofern unmittelbar aufsichtsrechtlich relevant.
V. Operationelle Risiken
Eine mehrere und ganz verschiedene Risiken umfassende – indes keineswegs zu vernachlässigende – „Restkategorie“ von Risiken bilden die operationellen Risiken. Dabei handelt es sich nach der EU-aufsichtsrechtlichen Definition um das Verlustrisiken, die durch die Unangemessenheit