Datenschutzrecht im Smart Metering unter Berücksichtigung der Blockchain-Technologie. Viktoria Lehner
wie beispielsweise dem Verkehrsnetz, dem Telekommunikationsnetz oder dem Energie- und Wasserversorgungsnetz.16 Als neuer Netzwerktypus ist die sog. Blockchain in den letzten Jahren verstärkt in Erscheinung getreten.
Mit dem Begriff ‚Blockchain‘ wird ein technisches Konzept bezeichnet, in dem Daten nicht in einer zentralen Datenbank, sondern zur Integritätssicherung auf den Systemen der Netzwerknutzer verteilt mittels kryptographischer Verfahren gespeichert werden.17
Die Blockchain-Technologie ermöglicht dabei nicht nur den Aufbau dezentraler Datenstrukturen, sondern auch die Verifikation von Transaktionen und deren irreversible Speicherung, ohne dass hierfür ein Intermediär im klassischen Sinne notwendig wäre. In diesem Zusammenhang sind auch sog. ‚Smart Contracts‘ in die öffentliche Diskussion gerückt, noch bevor detailliert geklärt wurde, wie dieser Begriff rechtsdogmatisch zu werten ist und welche zivilrechtlichen Implikationen er mit sich bringt.18 Die im Grundkonzept ohne jegliche Intermediäre auskommende Blockchain-Technologie offenbart derzeit vor allem in hochregulierten Sektoren mit zentralen Entitäten ihr disruptives Potenzial19, etwa in der Finanzwirtschaft durch Kryptowährungen wie Bitcoin20, Ether oder Libra.
Eine Kryptowährung ist ein digitales Zahlungsmittel, das mithilfe kryptographischer Methoden in verteilten Systemen genutzt werden kann.21 Allen Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC) oder Ether (ETH), ist gemein, dass diese weder von einer Zentralbank noch von einer öffentlichen Behörde ausgegeben werden, aber von einer Vielzahl von natürlichen wie auch juristischen Personen als Zahlungsmittel anerkannt werden und elektronisch übertragen, gespeichert sowie gehandelt werden können.
Kryptowährungen und die dazugehörigen Blockchain-Netzwerke haben zuletzt nicht nur durch eminente Kursschwankungen und im Zuge sog. ICOs (Initial Coin Offerings)22 Aufmerksamkeit erregt, sondern auch durch die Frage nach ihrer juristischen Einordnung.23 Neben aufsichts-24, arbeits-25 und straf-26 sowie strafprozessualrechtlichen27 Herausforderungen ist bei kryptobasierten Währungen auch eine Vielzahl von immaterialgüterrechtlichen28, kartellrechtlichen29 sowie ertrag-30, bilanz-31 und umsatzsteuerrechtlichen32 Aspekten noch intensiv zu diskutieren.
Die Blockchain-Technologie wird seit den Erfolgen einzelner Kryptowährungen vielfach als neuer Meilenstein für die voranschreitende Digitalisierung propagiert. Neben einigen unbestreitbaren Vorteilen von Kryptowährungen bergen diese aber nicht zuletzt für den Datenschutz von Nutzern und Dritten erhebliche Risiken, beispielsweise aufgrund der grundsätzlichen Irreversibilität der Transaktionen.33
Auch jenseits der Verifikation klassischer Finanztransaktionen wird sektorenübergreifend nach branchenspezifischen Anwendungsbereichen für die den Kryptowährungen zugrunde liegende Basistechnologie gesucht, die den Aufbau sicherer, dezentraler Datenstrukturen und ‚Transaktionen‘ im weitesten Sinne ermöglicht.
Insbesondere im Energiesektor werden die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie derzeit ausführlich aus öffentlicher und privatwirtschaftlicher Sicht evaluiert.34 Die ‚Blockchain-Strategie der Bundesregierung‘ von September 2019 stellt klar, dass die Technologie „ein breites Feld an innovativen Anwendungsmöglichkeiten und neuen Kooperationsformen“35 eröffnet, und führt insgesamt über 40 branchen- sowie ressortübergreifende Maßnahmen von Bundesministerien im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie auf.36 Die Bundesnetzagentur als für den Energiesektor verantwortliche Regulierungsbehörde hat im November 2019 zudem ein umfangreiches Diskussionspapier zu den Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie veröffentlicht, das Potenziale und Herausforderungen in den Netzsektoren Energie und Telekommunikation aufzeigt.37
Die Energiewirtschaft ist im Begriff, aufgrund der flächendeckenden Einführung von hochauflösender digitaler Messtechnik ein deutlich datengetriebenerer Wirtschaftszweig zu werden, als dies bisher der Fall war. Angesichts der zahlreichen energiewirtschaftlichen Intermediäre auf den verschiedenen Wertschöpfungsstufen, Millionen von potenziell einbindbaren Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen und der diversen in Betracht kommenden Validierungsgegenstände (z.B. Messwerte aus Smart Metern oder dem Erzeugungsort einer bestimmten Energiemenge) sind zahlreiche neue energiewirtschaftliche Geschäftsmodelle unter dem Einsatz der Blockchain-Technologie denkbar. Diese müssen sich allerdings insbesondere am bestehenden Rechtsrahmen des Regulierungs- und Datenschutzrechts messen lassen.
16 Boehme-Neßler, Unscharfes Recht, S. 502. 17 Burgwinkel, in: Burgwinkel, Blockchain Technology, S. 3 (47); Böhme/Pesch, DuD 2017, 473. 18 Vgl. zu Smart Contracts die Ausführungen unter Teil 2 B.V. 19 Zur medialen Rezeption Simmchen, MMR 2017, 162; Blocher, AnwBl 2016, 612ff.; McLean/Deane-Johns, CRi 2016, 97. 20 Vgl. hierzu das unter Pseudonym veröffentlichte Whitepaper von Satoshi Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System; Sixt, Bitcoins, S. 1ff. 21 Burgwinkel, in: Burgwinkel, Blockchain Technology, S. 3 (48); grundständig zu Krypotowährungen siehe Pesch, Cryptocoin-Schulden; Hötzel, Virtuelle Währungen; Engelhardt/Klein, MMR 2014, 355ff.; Omlor, MMR 2018, 428ff.; Omlor, ZIP 2017, 1836ff.; Seitz, K&R 2017, 763. 22 Zu den Herausforderungen im Rahmen eines ICOs Krüger/Lampert, BB 2018, 1154ff.; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288ff. 23 Zu den Herausforderungen für Gesetzgeber und Rechtswissenschaft Omlor, ZRP 2018, 85ff. 24 Vgl. Auffenberg, NVwZ 2015, 1148ff. 25 Vgl. Plitt/Fischer, NZA 2016, 709ff. 26 Zur Veränderung und Ausspähen von Daten durch Aufbau eines Botnetzes zur Bitcoin-Erzeugung BGH, Beschl. v. 21.7.2015 – 1 StR 16/15, ZD 2016, 174. 27 Vgl. Goger, MMR 2016, 431ff.; Heine, NStZ 2016, 441ff.; Safferling/Rückert, MMR 2015, 788ff.; Rückert, MMR 2016, 295ff. 28 Zur immaterialgüterrechtlichen Einordnung von Kryptowährungen Hohn-Hein/Barth, GRUR 2018, 1089 (1091f.); zu Gebrauchtsoftwarelizenzen auf der Bitcoin-Blockchain Blocher/Hoppen/Hoppen, CR 2017, S. 337ff. 29 Zu ‚Antitrust by Design’ und Blockchain vgl. Louven, InTeR 2018, S. 176 (177). 30 Grundlegende ertragsteuerliche Fragen werden etwa skizziert bei Boehm/Pesch, MMR 2014, 75 (76); Kuhlmann, CR 2014, 691 (696). 31 Vgl. zu Bitcoin in der IFRS-Bilanzierung Thurow, IRZ 2014, 197ff. 32 EuGH, Urt. v. 22.10.2015 – C-264/14, MMR 2016, 201ff. – Hedqvist. 33 Vgl. Pesch/Böhme, DuD 2017, 93ff.; Böhme/Pesch, DuD 2017, 473ff.; Martini/Weinzierl, NVwZ 2017, 1251ff.; Schrey/Thalhofer, NJW 2017, 1431 (1433ff.). 34 Zu möglichen Anwendungsbereichen vgl. dena, Blockchain in der integrierten Energiewende, S. 36–78; BDEW, Blockchain in der Energiewirtschaft, S. 33–41. 35 BMWi/BMF, Blockchain-Strategie der Bundesregierung, S. 3. 36 BMWi/BMF, Blockchain-Strategie der Bundesregierung, S. 23f. 37 Vgl. BNetzA, Die Blockchain-Technologie, S. 24ff.
C. Schnittstellen von Energie- und Datenschutzrecht
Die Regelungsbereiche des Energiewirtschafts- und Datenschutzrechts sind untrennbar miteinander verbunden.38 Vor allem die Einführung intelligenter