Datenschutzrecht im Smart Metering unter Berücksichtigung der Blockchain-Technologie. Viktoria Lehner
id="ulink_88b25244-1980-5db6-9bfb-28fb614f8a3b">Der Smart-Meter-Rollout ist damit unter anderem eine Energieeffizienzmaßnahme – Energie soll optimal genutzt und verteilt werden84 und der Stromverbrauch im Rahmen des Lastmanagements (Demand Side Management) in Schwachlastzeiten verschoben werden.85
Die durch Smart Metering gewonnenen Daten können zusätzlich für Datenanalysen, Marketingzwecke oder auch für den technischen Netzbetrieb eingesetzt werden.86 Der Energielieferant, oder auch sonstige Energiedienstleister, könnten durch zusätzliche Erkenntnisse aus Smart-Meter-Daten Produkte anbieten, die besser auf den jeweiligen Letztverbraucher abgestimmt sind.87
a) Moderne Messeinrichtung und intelligentes Messsystem
Intelligente metrologische Geräte werden im MsbG in ‚moderne Messeinrichtungen‘ und ‚intelligente Messsysteme‘ differenziert. Die moderne Messeinrichtung wird in § 2 Satz 1 Nr. 15 MsbG als eine Messeinrichtung legaldefiniert, die den tatsächlichen Elektrizitätsverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegelt und über ein sog. Smart-Meter-Gateway sicher in ein Kommunikationsnetz eingebunden werden kann.
Ein intelligentes Messsystem ist gemäß § 2 Satz 1 Nr. 7 MsbG eine über ein Smart-Meter-Gateway in ein Kommunikationsnetz eingebundene moderne Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie. Es spiegelt den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit wider und genügt den besonderen Anforderungen nach den §§ 21, 22 MsbG, die zur Gewährleistung des Datenschutzes, der Datensicherheit und Interoperabilität in Schutzprofilen sowie technischen Richtlinien des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) festgelegt werden können.88
Das Smart-Meter-Gateway ist nach § 2 Satz 1 Nr. 20 MsbG die Kommunikationseinheit eines intelligenten Messsystems, die eine oder mehrere moderne Messeinrichtungen und weitere technische Einrichtungen – insbesondere Erzeugungsanlagen – zur Gewährleistung des Datenschutzes, der Datensicherheit und Interoperabilität unter Beachtung besonderer Anforderungen sicher in ein Kommunikationsnetz einbinden kann und über Funktionalitäten zur Erfassung, Verarbeitung sowie Versendung von Daten verfügt. Das Smart-Meter-Gateway hat zum Nachweis der Erfüllung der sicherheitstechnischen Anforderungen nach § 22 Abs. 1 und 2 MsbG über eine Zertifizierung nach § 24 MsbG zu verfügen. Die Zertifizierungspflicht trifft den jeweiligen Gerätehersteller.89
Betrieben wird das Smart-Meter-Gateway vom Smart-Meter-Gateway-Administrator i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 20 MsbG, einer natürlichen oder juristischen Person, die als Messstellenbetreiber oder in dessen Auftrag für den technischen Betrieb des intelligenten Messsystems verantwortlich ist und eine Zertifizierung nach § 25 MsbG nachzuweisen hat. Wird die Rolle des Smart-Meter-Gateway-Administrators vom Messstellenbetreiber an einen Dienstleister ausgelagert, so hat nur dieser eine Zertifizierung nach § 25 MsbG nachzuweisen.90 Die Rolle des Smart-Meter-Gateway-Administrators wurde insofern nicht als eigene Marktrolle angedacht, sondern ist nur datenschutzrechtlich zu erklären.91 Der Smart-Meter-Gateway-Administrator ist, sofern es sich bei ihm nicht um den Messstellenbetreiber selbst handelt, als Auftragsverarbeiter gemäß Art. 28, 29 DS-GVO zu betrachten.92
Das Smart-Meter-Gateway fungiert als „Datendrehscheibe“93 und zentrale Kommunikationseinheit beim Smart Metering.94 Es verbindet das lokale Heimnetzwerk (Home Area Network – HAN oder auch Local Area Network – LAN) kommunikativ mit dem externen Weitverkehrsnetz (Wide Area Network – WAN) sowie dem lokalen metrologischen Netz (Local Metrological Network – LMN).95 Es übernimmt zudem die kryptographische Sicherung der Kommunikationswege über Schutzprofile und ein Sicherheitsmodul.96 Datenschutzrechtlich relevant ist vor allem die Kommunikation aus dem HAN zu energiewirtschaftlichen Marktteilnehmern (z.B. dem Messstellenbetreiber oder Energielieferanten) in das WAN.
Die im Schutzprofil niedergelegten Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit sind technologieneutral formuliert.97 Das Schutzprofil enthält eine Auflistung der Daten, die im Smart-Meter-Gateway verarbeitet werden. Zur kommunikativen Anbindung des Smart-Meter-Gateways kommen regelmäßig Festnetzleitungen98 (Glasfaser bzw. Lichtwellenleiter und Kupferkabel), Powerline-Lösungen (hochratige Datenübertragung im Niederspannungsnetz von 230 V bzw. 400 V)99 oder Funktechnologien (z.B. LTE- oder CDMA100-Funknetze) in Betracht.101 Häufig werden Smart-Meter-Gateways mit SIM-Karten ausgestattet und so über Mobilfunktechnik kommunikativ angebunden.
Zusammengefasst fungiert die moderne Messeinrichtung als digitaler Basiszähler zur Messung des Stromverbrauchs, der zwar nicht selbstständig kommunizieren, aber zum intelligenten Messsystem aufgerüstet werden kann und über ein Display am Gerät selbst verfügt.102 An ein Smart-Meter-Gateway (das selbst kein Display beinhaltet) können mehrere moderne Messeinrichtungen angebunden werden, sodass sich z.B. die Parteien eines Mehrfamilienhauses ein Smart-Meter-Gateway teilen können. Ohne Anbindung an ein Smart-Meter-Gateway sind moderne Messeinrichtungen nicht fernauslesbar und können nur vor Ort über die digitale Anzeige abgelesen werden.
Mit der Vorgabe in § 61 Abs. 3 MsbG zu Verbrauchsinformationen wird gewährleistet, dass auch moderne Messeinrichtungen über das Zählerdisplay Fähigkeiten zur Verbrauchsveranschaulichung aufweisen, um somit Energieeffizienzpotenziale für den Letztverbraucher ausschöpfen zu können.103
Bei einem intelligenten Messsystem werden Energieverbrauchswerte und weitere Informationen nach § 61 Abs. 1, Abs. 2 MsbG über eine lokale Anzeigeeinheit (z.B. ein Display) oder – mit Zustimmung des Anschlussnutzers104 – über ein Onlineportal bereitgestellt.
b) Status quo des Smart-Meter-Rollouts
Deutschland befindet sich im europäischen Vergleich im Mittelfeld, was die Implementierung intelligenter Energiezähler betrifft. 16 Mitgliedstaaten (Österreich, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Polen, Rumänien, Spanien, Schweden und das Vereinigte Königreich) werden die groß angelegte Einführung von intelligenten Zählern bis 2020 oder früher fortsetzen oder haben diese bereits implementiert.105
Das deutsche Rollout-Szenario der §§ 29ff. MsbG geht hingegen von einem nahezu vollständigen106 Rollout von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen innerhalb von 16 Jahren aus, der gestaffelt107 nach verschiedenen Stromverbrauchsgruppen erfolgen soll.108
Der Beginn des verpflichtenden Einbaus von intelligenten Messsystemen bei Letztverbrauchern und Anlagenbetreibern durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber war bereits für das Jahr 2017 geplant.109 Dieser Termin hat sich tatsächlich bis in das Jahr 2020 verzögert.
Für intelligente Messsysteme ist gemäß § 29 Abs. 1 i.V.m. § 30 MsbG festgelegt, dass die Pflicht zum Einbau für den grundzuständigen Messstellenbetreiber erst entsteht, wenn die technische Möglichkeit des Einbaus durch das BSI förmlich festgestellt und dieses Ergebnis veröffentlicht wurde. Die Feststellung durch das BSI ist als Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG an alle grundzuständigen Messstellenbetreiber bzw. an Messstellenbetreiber, die die Grundzuständigkeit übernommen haben, einzuordnen.110
Die technische Möglichkeit zum Einbau intelligenter Messsysteme besteht nach § 30 Satz 1 MsbG erst dann, wenn mindestens drei voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme am Markt anbieten, die den Vorgaben aus § 24 Abs. 1 MsbG genügen, und das BSI dies feststellt. Diese Feststellung durch das BSI ist am 31.1.2020 erfolgt; sie wurde zusammen mit einer kurzen Begründung auf der Homepage des BSI veröffentlicht.111
In Tenorziffer 1 der Allgemeinverfügung des BSI wurde festgestellt, dass drei voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme am Markt anbieten, die den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 MsbG genügen, und damit die technische Möglichkeit zum Einbau von intelligenten Messsystemen besteht, soweit Messstellen bei Letztverbrauchern an Zählpunkten in der Niederspannung mit einem Jahresstromverbrauch von höchstens 100.000 kWh ausgestattet werden sollen und bei diesen Messstellen keine registrierende Lastgangmessung112 erfolgt und keine Vereinbarung nach § 14a EnWG113 besteht.
Zudem