Datenschutzrecht im Smart Metering unter Berücksichtigung der Blockchain-Technologie. Viktoria Lehner
gegeben gilt. Der grundzuständige Messstellenbetreiber ist ab Bestandskraft der Allgemeinverfügung verpflichtet, nach Verbrauchsgruppen gestaffelt intelligente Messsysteme zu verbauen.114
Am 12.12.2018 war das erste Smart-Meter-Gateway durch das BSI zertifiziert worden, ein zweites Gerät war am 25.9.2019 gefolgt, das dritte zertifizierte Gerät am 19.12.2019.115 Weitere Hersteller von Generation-1-Geräten (‚G1-Geräten‘)116 befinden sich derzeit noch im Zertifizierungsprozess.
Die IT-Sicherheitsanforderungen an intelligente Messsysteme sind als sehr hoch anzusehen. Dies erklärt sich u.a. darüber, dass diese Teil einer kritischen Infrastruktur gemäß § 2 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG) sein können. Es dürfen gemäß § 51 Abs. 1, Abs. 4 MsbG etwa nur verschlüsselte und signierte Daten durch ein intelligentes Messsystem übermittelt werden117, was keinen branchenübergreifenden Standard darstellt und als Grund für die sich langwierige Feststellung durch das BSI in Betracht kommt.
Der Einbau moderner Messeinrichtungen durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber ist nach § 37 Abs. 2 MsbG dem Anschlussnutzer mindestens drei Monate zuvor anzukündigen. Die erste und soweit bekannt immer noch einzige gerichtliche Entscheidung zum MsbG befasste sich mit der Verkürzung dieser Frist mit Einverständnis des Anschlussnutzers und der verbraucherschützenden Natur des § 37 Abs. 2 MsbG.118
c) Grundrechtliche Dimension des Smart-Meter-Einbauzwangs
Gemäß § 36 Abs. 3 MsbG haben Anschlussnutzer und Anschlussnehmer119 den Einbau eines intelligenten Messsystems durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber zu dulden.120 Nach § 38 MsbG hat der jeweils durch die Aufrüstung betroffene Anlagenbetreiber, Anschlussnutzer oder Anschlussnehmer dem grundzuständigen Messstellenbetreiber Zutritt zu gewähren, soweit dies für seine Aufgabenerfüllung notwendig ist.
Der Bürger kann sich dem Smart Metering derzeit nicht effektiv verwehren, im Gegensatz etwa zu der freiwilligen Registrierung in einem sozialen Netzwerk.121 Dies eröffnet Raum für grundrechtliche Diskussionen auch jenseits des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, etwa im Hinblick auf das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG oder das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.
Im Gegensatz zu beispielsweise § 19a Abs. 4 Satz 9 EnWG wurde in § 38 MsbG das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht eingehalten, obwohl das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG durch die Norm eingeschränkt wird. Es kann daher zwar kein Opt-out durch den Anschlussnutzer erfolgen122, eine verfassungsrechtliche Klärung der Zulässigkeit des § 38 MsbG steht aber noch aus.
Das auch ‚IT-Grundrecht‘ genannte Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme tritt zeitlich vor das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als weitere Einzelausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.123 Es wird bereits relevant, sobald ein Smart Meter eingebaut wurde, es jedoch noch keine Daten erhoben und weiter verarbeitet hat. Dabei handelt es sich um ein „Paradebeispiel“ einer durch das BVerfG benannten elektronischen Dimension eines Grundrechts.124
Eine ergebnisoffene grundrechtliche Analyse nehmen Haubrich125 und Franck126 vor. Franck kommt zu dem Schluss, dass verschiedene Grundrechte zumindest tangiert werden. Ob tatsächlich ein Eingriff vorliegt, möchte er nicht pauschal beantworten, sondern von den Einzelumständen der Messung abhängig machen.127 Roßnagel und Jandt weisen insofern darauf hin, dass personenbezogene Daten im Smart Grid mit denen der Vorratsdatenspeicherung vergleichbar seien und folglich dieselben Maßstäbe des BVerfG128 anzulegen seien.129 Das BVerfG verwies in der Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung aus dem Jahr 2010 auf „ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins“130, das von schweren Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausgehen könne.131
2. Intelligentes Zuhause – Smart Home
Der Begriff ‚Smart Home‘ beschreibt das Konzept eines vernetzten Haushalts, in dem eine Vielzahl von im Haushalt befindlichen elektrischen Geräte kommunikativ miteinander verbunden sind.132 Regelmäßig beinhalten Smart Homes die Steuerung von Unterhaltungselektronik sowie Licht-, Sicherheits- und Alarmsystemen.133
Über einen Smart Meter kann die Stromzufuhr für das Smart Home gesteuert134 und auch eine Spartenbündelung135 vorgenommen werden. Durch ein hausinternes Energiemanagement besteht die Möglichkeit, die Nutzung von Haushaltsgeräten auf lastschwache Zeiten oder besonders günstige Tarife zu verlagern, entweder durch eigene Speicher oder durch einen Bezug aus dem Stromnetz.
3. Intelligentes Energienetz – Smart Grid
Die Literatur hat sich bislang auf keine einheitliche Definition des Begriffs ‚Smart Grid‘ einigen können.136 Es kursieren als Versuche einer Begriffsnäherung die Termini „intelligentes Stromnetz“137, „intelligentes Energieinformationsnetz“138, „intelligentes Stromnetz der Zukunft“139 und schließlich das „intelligente Energienetz“ – letzterer Begriff wird in der amtlichen Überschrift des MsbG und der Überschrift zu Teil 3 des MsbG verwendet.
Die Intelligenz eines Smart Grids rührt in allen Varianten aus der informationstechnischen Vernetzung von Stromerzeugern und Stromnutzern her, sozusagen einer „Verschmelzung von Kommunikations- und Energ ieversorgungsinfrastruktur“140. Ein Smart Grid ist ein Netz, das die Aktionen aller seiner Nutzer (Erzeuger, Verbraucher und Speicher141) intelligent integriert, um eine effiziente, nachhaltige, wirtschaftliche und sichere Energieversorgung zu gewährleisten.142 So werden Smart Meter, dezentrale Erzeugungsanlagen (z.B. eine Photovoltaikanlage), Speicher und energieintensive Geräte (z.B. Waschmaschinen) oder auch Elektroautos143 mit dem Ziel der Optimierung des Stromnetzes informationstechnisch vernetzt.144 Elektroautos können, wenn sie nachts geparkt und an das Smart Grid angeschlossen werden, z.B. Stromüberschüsse aus Windkraftanlagen aufnehmen und zu gegebener Zeit wieder abgeben.145
Als Begriff in den Diskussionen um das Smart Grid hat auch der ‚Prosumer‘ – ein Endkonsument, der nicht nur Strom verbraucht, sondern in eigenen Anlagen (z.B. aus Windkraft oder Photovoltaik) auch Strom produziert146 – Bedeutung erlangt.147
Das Smart Grid soll dabei helfen, den Verbrauch an das Energieangebot anzupassen und so den Bedarf an Energiespeichern zu reduzieren148 oder auch ein regelndes Eingreifen des Übertragungs- oder Verteilnetzbetreibers zu vermeiden.149 Dieser überwacht das fragilste Element des Stromnetzes, die Netzfrequenz, die stets eine Frequenz von 50 Hz (sog. Soll-Frequenz) halten soll.150 Eine plötzliche Lastzunahme oder ein Einspeiseausfall verringert die Frequenz, was ab einer gewissen Grenze zu einer Trennung der Kraftwerke vom Netz und einem Stromausfall führt.151
III. Zwischenfazit
Die Schaffung eines intelligenten Energienetzes ist angesichts der dargestellten ökologischen und energiepolitischen Interessen alternativlos152 und hat mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende bereits begonnen. Durch den Einsatz von Smart Metern soll das bislang monolaterale Energieversorgungsnetz eine bidirektionale Kommunikation zwischen Erzeuger- und Verbraucherseite realisieren können und sozusagen einen ‚Rückkanal‘ erhalten.153 Eine solche Rückkopplung von Interaktivität ist in jeder Art von Netzwerk maßgeblich, um Statik zu vermeiden.154
Mit dem MsbG, das darüber hinaus die kommunikative Vernetzung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (z.B. Elektroautos, Speichern oder Haushaltsgeräte) mit dem Energienetz vorsieht155, wird perspektivisch ein flächendeckendes cyber-physisches System156 aus elektromechanischen und informationstechnischen Komponenten kreiert.
Die herkömmliche Energieverbrauchsmessung fand bislang keine größere datenschutzrechtliche Beachtung.157 Aus Sicht des Datenschutzrechts