Zoll & Export 2020. Franz-Josef Drees
auf abweichenden Spezialregelungen, es kann aber durchaus sein, dass die für Drittlandsgeschäfte geltenden Vorschriften in Zukunft auch Gütersendungen aus und nach Großbritannien erfassen.
Verstöße gegen das Zollrecht und die damit korrespondierenden Regularien können mit dem Entzug von administrativen Vereinfachungen, Bußgeldern, im Extremfall sogar mit Haftstrafen geahndet werden. Noch immer verzichten einige Unternehmen unter diesen Umständen auf die Durchführung von Ex- oder Importgeschäften und damit auf Marktchancen im Ausland. Das muss nicht sein. Mit dem vorliegenden Fachwerk wird versucht, eine umfassende und praxisnahe Darstellung der relevanten Regeln und Verfahrensvorschriften abzuliefern. Wie seine Vorgängerausgaben ist das Buch in erster Linie für PraktikerInnen geschrieben. Verweise auf Gesetzeswerke und einzelne Paragrafen erfolgen nur dort, wo es zwingend notwendig erscheint. Das gilt für dieses und alle nachfolgenden Kapitel.
Welche Ausfuhrregeln und Vorschriften sind es, die der deutsche Exporteur, der ja gleichzeitig als Zollanmelder gilt, zu beachten hat, damit er seine Produkte über die EU-Grenzen liefern darf und seine Güter möglichst ohne Zeitverzögerungen den ausländischen Empfänger erreichen? In welchem rechtlichen Umfeld bewegt er sich ausfuhrseitig? Sind besondere staatliche Exportgenehmigungen oder Lizenzen einzuholen und wenn ja, bei welcher Behörde? Oder reicht eine einfache Anmeldung beim Zoll? Wie, wo und auf welchem Weg müssen Ausfuhranmeldungen abgegeben werden? Ist in steuerlicher Hinsicht an besondere Auflagen zu denken? Müssen die Exportgüter beim Zoll gestellt (vorgeführt) werden? Und welche Haftungsrisiken entstehen, wenn Fehler begangen wurden? Nachfolgend werden die wesentlichen Verfahrensregeln, Vorschriften und Abwicklungsschritte beschrieben, primär soweit sie für die Exportabwicklung von Bedeutung sind. Beachten Sie dabei, dass Ausfuhren in Drittländer, also nicht EU-Staaten, gemeint sind. Zu EU-Lieferungen finden sie einige aktuelle Hinweise in einem besonderen Abschnitt.
Wichtige Neuerungen sind besonders hervorgehoben. Denken Sie bitte daran, dass sich der inhaltliche Fokus auf die zoll-, außenwirtschafts- und steuerrechtlichen Verfahrensregeln sowie auf damit zusammenhängende Vorschriften und Zolldokumente konzentriert. Logistikmodalitäten und Logistikpapiere bilden nicht den Schwerpunkt dieses Buchs.
In Deutschland gilt nach wie vor der Grundsatz, dass Güterlieferungen in Drittländer – und damit in nicht zur Europäischen Union gehörende Länder und Gebiete – ohne besondere staatliche Genehmigungen durchgeführt werden können. Jedoch kennt das deutsche Außenwirtschaftsrecht, im Wesentlichen bestehend aus dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) {Außenwirtschaftsgesetz (AWG)} und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) {Außenwirtschaftsverordnung (AWV)}, für bestimmte Güterlieferungen ins Ausland sowie für die Erbringung spezieller Dienstleistungen erhebliche Beschränkungen. Sie können von Genehmigungspflichten für das in Rede stehende Geschäft bis zum kompletten Lieferverbot reichen. Man bezeichnet diese Beschränkungen in Verbindung mit ergänzenden EU-Rechtsverordnungen als Exportkontrollregeln (vertiefende Darstellungen der deutschen und europäischen Exportkontrollregeln finden Sie in Kapitel 4 des Buchs). Lieferungen in andere EU-Länder sind von diesen rechtlichen Eingrenzungen gar nicht oder nur marginal betroffen. Zollrechtliche oder andere Ausfuhrregeln spielen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
Grundsätzlich hat sich der deutsche Ausführer vor der Auslieferung seiner Güter darüber zu informieren, welche besonderen Export-, Steuer- und Zollregeln im konkreten Sendungsfall zu beachten sind. Dabei spielen Art und Inhalt der Gütersendung sowie der Empfangsort im Ausland entscheidende Rollen. Der Exporteur kann zwar bestimmte mit der Ausfuhr zusammenhängende Logistik-, Zoll- und Meldeprozeduren auf Dienstleister, wie z. B. Spediteure oder Zolldeklaranten, übertragen. Als sogenannter Zollbeteiligter (Zollanmelder) bleibt der Ausführer aber für die korrekte Einhaltung aller Ausfuhr- und Zollvorschriften verantwortlich.
Es kann vorkommen, dass der Ausführer nach Prüfung der besonderen deutschen und europäischen Exportkontrollregeln (auch als Regeln des Außenwirtschaftsrechts bezeichnet) für seine Güter oder Dienstleistungen eine staatliche Erlaubnis, eine sogenannte Ausfuhrgenehmigung, braucht. Statistisch betrachtet, handelt es sich dabei zwar um Ausnahmefälle, liegt aber eine sogenannte Ausfuhrgenehmigungspflicht vor und erhält der Ausführer diese Genehmigung nach Antragstellung nicht, darf er auch nicht liefern. Wurde die beantragte Ausfuhrerlaubnis erteilt, kann die Lieferung stattfinden, wobei die nach Zollrecht verlangten Folgeschritte, wie z. B. die Anmeldung der Güter beim Zoll, trotzdem zu beachten sind.
Unter anderem hat das immer noch geltende Embargo der Europäischen Union gegenüber Russland eine Reihe von Gütern und Dienstleistungen unter Lieferverbote bzw. Genehmigungsvorbehalte gestellt. Exporte in andere sensible Länder können ähnlich einschränkenden Regeln unterworfen sein. Dabei muss es nicht immer um reine Rüstungsgüter oder um Güter/Dienstleistungen mit doppeltem Verwendungszweck (zivil und militärisch) gehen. Auch die Frage, was der Empfänger der Güter oder Dienstleistungen mit diesen macht, ob er etwa zivile Güter für militärische Zwecke einsetzen möchte, kann für die Liefermöglichkeit von Relevanz sein. Oder ob der ausländische Güterverwender auf einer „schwarzen Liste“ steht.
Neu
Umschlüsselungsverzeichnis aktualisiert
Als zentrale Behörde für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für industriell-gewerbliche Erzeugnisse und entsprechender Dienstleistungen dazu fungiert in Deutschland das „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)“. Die deutschen Ausführer sind verpflichtet, die mögliche Genehmigungsbedürftigkeit ihrer Güter zu prüfen und ggf. Ausfuhrgenehmigungen zu beantragen. Das ist im konkreten Fall oft kein einfaches Unterfangen angesichts der Komplexität der infrage kommenden Rechtsvorschriften (vgl. dazu auch die Erläuterungen in Kapitel 4). Um den Ausführern die praktische Überprüfung zu erleichtern, gibt das BAFA seit Jahren ein sogenanntes, rechtlich unverbindliches „Umschlüsselungsverzeichnis“ heraus, welches auf Basis der 8-stelligen Warenummern für die Außenhandelsstatistik Hinweise zu einer möglichen Genehmigungsbedürftigkeit enthält. Das Umschlüsselungsverzeichnis wurde jetzt in Bindung an einige Änderungen des Gütertableaus neu gefasst. Interessenten finden es auf der Homepage des BAFA unter: www.bafa.de > Außenwirtschaft > Ausfuhrkontrolle > Güterlisten > Umschlüsselungsverzeichnis
Die ausreichende Beachtung der Exportkontrollregeln gehört zu den grundlegenden Voraussetzungen für die Durchführung eines geplanten Exportgeschäfts. Dennoch sind staatliche Lieferbeschränkungen oder Lieferverbote eher die Ausnahme. Sie bilden nicht den Regelfall. Der Regelfall ist hingegen, dass Exporte in Drittländer genehmigungsfrei und somit ohne besondere Auflagen im vorbeschriebenen Sinn abgewickelt werden dürfen. Doch auch genehmigungsfreie Auslandssendungen unterliegen den Verfahrens- und Meldevorschriften des Zoll- und Außenwirtschaftsrechts.
Ausfuhrabwicklung nach Unionszollkodex (UZK) {Unionszollkodex (UZK)} Der formal seit Mitte 2013 sich in Kraft befindliche Unionszollkodex (UZK = EU-VO 952/2013) wurde mit seinen wesentlichen Bestimmungen Mitte 2016 rechtlich umgesetzt. Das seitdem anwendbare EU-Ausfuhrverfahren ist Teil des Zollrechts und im entsprechenden UZK-Kapitel beschrieben, dort konkret in den Art. 266 bis 272. Der UZK sowie seine ergänzenden Durchführungsvorschriften, nämlich der Delegierte Rechtsakt (DA = VO 2015/2446) und der Implementierte Rechtsakt (IA = VO 2015/2447), regeln die Einzelheiten des zollrechtlichen Ausfuhrverfahrens. Das Ausfuhrverfahren wird nach UZK als besonderes Zollverfahren eingestuft. In Summe unterliegt das zollrechtliche Ausfuhrverfahren den Vorschriften des EU-Rechts. Das Ausfuhrverfahren beginnt in einem nationalen EU-Staat und endet an der EU-Außengrenze.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der UZK und seine Durchführungsvorschriften das in der gesamten EU anzuwendende Ausfuhr- und Einfuhrzollrecht definieren. Nationale deutsche Zollbestimmungen existieren so gut wie nicht mehr. Eine in Deutschland abgegebene Ausfuhranmeldung gilt als Zollanmeldung, mit welcher das Verbringen von Gütern aus der Europäischen Union deklariert wird. Dienstleistungen gelten nicht als Waren i. S. d. Zollrechts. Für sie sind Zollbestimmungen nicht von Relevanz. Sie sind aber von den Vorschriften des Exportkontrollrechts und ggf. des grenzüberschreitenden Steuerrechts betroffen.
Erläutert und praktisch umgesetzt werden die Ausfuhrvorschriften