Fälle und Lösungen - Die Zwischenprüfung . Nils Neuwald

Fälle und Lösungen -  Die Zwischenprüfung  - Nils Neuwald


Скачать книгу
hat so unmittelbar auf die Substanz eingewirkt. Auch wenn die Substanz selbst keinen Schaden davongetragen hat, so bedarf es doch eines gewissen Aufwandes an Mühe, Zeit oder Kosten, um die Sache wieder in ihren optischen Ursprungszustand zu versetzen.

      Somit ist die Veränderung nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend.

      Die Veränderung müsste unbefugt erfolgt sein.

      Unbefugt ist die Veränderung, wenn keine Erlaubnis oder Beauftragung durch den Berechtigten bzw. die berechtigte Stelle vorliegt.

      Es darf unterstellt werden, dass P keine Erlaubnis der DB AG zum Anbringen des Graffitis auf die Außenwand des Reisezuges hatte.

      Somit erfolgte die Veränderung unbefugt.

      Der P hat im Ergebnis den objektiven Tatbestand der Sachbeschädigung gem. § 303 Abs. 2 StGB verwirklicht.

       Rechtswidrigkeit

      Die Erfüllung des Tatbestandes durch den P müsste rechtswidrig gewesen sein.

      Rechtswidrig ist die Tat, wenn der Tatbestand erfüllt und keine Rechtfertigungsgründe vorliegen.

      Wie oben geprüft, ist der Tatbestand erfüllt. Rechtfertigungsgründe, wie z. B. Notwehr, Nothilfe gem. § 32 StGB sind nicht ersichtlich.

      Somit war die Erfüllung des Tatbestandes durch den P rechtswidrig.

       Schuld

      Der P müsste schuldhaft gehandelt haben.

      Problemstellungen hinsichtlich der Schuldfähigkeit, des Unrechtsbewusstseins und der Zumutbarkeit sind nicht ersichtlich.

      Im Rahmen der Schuldform müsste der P vorsätzlich gehandelt haben.

      Vorsatz ist das Handeln mit Wissen und Wollen.

      Der P wusste, dass er ein Graffiti auf den Reisezug sprühte und dadurch das Erscheinungsbild verändert werden würde. Dies war seine Absicht.

      Somit handelte der P vorsätzlich und im Ergebnis schuldhaft.

      Der P hat sich dadurch, dass er ein Graffiti auf die Außenwand des Reisezuges angebracht hat, der Sachbeschädigung gem. § 303 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.

       Aufgabe 2

      Prüfen Sie die nun vordringlich zu treffende Maßnahme gegenüber P (nur Ziffer 1 bis 3.1 des Prüfschemas)!

       1 Entscheidung

       1.1 Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln

      Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen.

      P kommt mit erhobener Sprühflasche in der Hand auf die Streife zu.

      Noch ist kein Schaden bezüglich der Polizeivollzugsbeamten (PVB) eingetreten, doch ohne polizeiliches Einschreiten könnte P den Beamten Verletzungen zufügen.

      Dadurch würde P den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 StGB) bzw. des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB) verwirklichen.

      Betroffen wären die Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit, hier die objektive Rechtsordnung und die Rechtsgüter auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Beamten. Weiterhin handelt es sich um PVB, somit sind auch der Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen betroffen.

      Es handelt sich um eine bevorstehende Rechtsgutverletzung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Erforderlich ist zunächst präventives Handeln und anschließend repressives Tätigwerden zur Verfolgung der Straftaten.

       1.2 Benennung der nun zu treffenden Maßnahme

      Bei der Aufforderung gegenüber P, die Sprühdose fallen zu lassen, könnte es sich um eine Unterlassungsverfügung gem. § 14 Abs. 1, 2 BPolG handeln.

       2 Zuständigkeit

       2.1 Sachliche Zuständigkeit

      Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 2, 3, § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 1 Abs. 1 BPolZV.

       2.2 Örtliche Zuständigkeit

      Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 4 BPolZV.

       3 Eingriff

       3.1 Befugnisnorm

      Als gesetzliche Voraussetzung gem. § 14 Abs. 1, 2 BPolG müsste zunächst eine konkrete Gefahr i. S. d. § 14 Abs. 2 Satz 1 BPolG vorliegen.

      Das ist die im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Aufgabenbereich der Bundespolizei.

      Es müsste eine im Einzelfall bestehende Gefahr vorliegen.

      Die im Einzelfall bestehende Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bzw. einer Schadensvertiefung an einem Rechtsgut in absehbarer Zeit.

      Durch das hier gezeigte Verhalten des P (Sprühdose in der erhobenen Hand) ist es hinreichend wahrscheinlich, dass er die Streife angreifen wird. Er ist nur noch wenige Meter von den Beamten entfernt, das heißt ein Angriff seinerseits in absehbarer Zeit steht unmittelbar bevor. Durch seine verbale Äußerung verdeutlicht er sein Vorhaben. Er könnte den PVB gesundheitliche Schäden zufügen. Somit handelt es sich um eine im Einzelfall bestehende Gefahr.

      Diese Gefahr müsste für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehen.

      Unter der öffentlichen Sicherheit versteht man den Schutz der Allgemeinheit und des Einzelnen vor Schäden, die dem Bestand und der Funktionsfähigkeit des Staates und seinen Einrichtungen, den Individual- und Universalrechtsgütern sowie der gesamten Rechtsordnung drohen.

      Betroffen sind die Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit, die objektive Rechtsordnung und die Rechtsgüter der PVB auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit. Weiterhin sind der Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen berührt, also ist das ungestörte Funktionieren staatlicher Einrichtungen (PVB) betroffen. Demnach liegt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor.

      Der Vorfall müsste sich im Aufgabenbereich der Bundespolizei ereignen.

      Das sind alle präventiven Aufgaben gem. der §§ 1 bis 7 BPolG.

      Zwar befindet sich die Streife auf dem Bahnhof bei der bahnpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BPolG; aber vorrangig kommt hier zunächst die Gefahrenabwehr zur Sicherung eigener Einrichtungen (Eigensicherung der PVB) gem. § 1 Abs. 3 BPolG in Betracht, um die Gefahr von den Beamten abzuwehren. Eine präventive Aufgabe der Bundespolizei ist betroffen. Somit ereignet sich der Vorfall im Aufgabenbereich der Bundespolizei.

      Eine konkrete Gefahr liegt insgesamt vor.

      Es dürfte keine speziellere Befugnis für diese Maßnahme im BPolG geben.

      Speziellere Befugnisse gehen der Generalklausel vor.

      Die §§ 21 ff. BPolG enthalten keine Befugnis für die Aufforderung, die Sprühflasche fallen zu lassen. Somit ist keine speziellere Befugnis im BPolG gegeben.

      Schließlich dürfen nur die notwendigen Maßnahmen getroffen werden.

      Notwendig


Скачать книгу