Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet. Timo Handel

Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet - Timo Handel


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unterlaufen würde. Die Nichtaufnahme des Strafrechts und Ordnungswidrigkeitenrechts in den Anhang zur ECRL macht deutlich, dass der europäische Richtliniengeber keine generelle Bereichsausnahme für diese Bereiche wollte. Würde man nun aber stets eine Beeinträchtigung bzw. qualifizierte Gefahr annehmen, wenn ein Tatbestand aus einem dieser Bereiche erfüllt ist, würde damit faktisch eine generelle Bereichsausnahme geschaffen. Denn vom Vorliegen einer Beeinträchtigung bzw. qualifizierten Gefahr hin zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist es dann kein weiter Weg mehr.304

       2. Beeinträchtigung oder qualifizierte Gefahr

      Für das Vorliegen der Ausnahme ist zunächst eine Beeinträchtigung oder eine qualifizierte Gefahr erforderlich.

       3. Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, § 3 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 TMG

       4. Konsultations- und Informationspflichten

      § 3 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 TMG bestimmt, dass die Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip nach § 3 Abs. 5 Satz 1 TMG nur zulässig sind, wenn die gemäß Art. 3 Abs. 4 lit. b und Abs. 5 ECRL erforderlichen Verfahren, also Konsultations- und Informationspflichten, eingehalten werden. Gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 TMG bleiben davon jedoch gerichtliche Verfahren einschließlich etwaiger Vorverfahren und die Verfolgung von Straftaten einschließlich der Strafvollstreckung und von Ordnungswidrigkeiten unberührt. Mithin sind die Konsultations- und Informationspflichten dem TMG zufolge in diesen Verfahren nicht einzuhalten.

       IV. Ergebnis zum Herkunftslandprinzip (§ 3 TMG)

      Das Herkunftslandprinzip des § 3 TMG bzw. Art. 3 ECRL ist grundsätzlich auf das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht anwendbar. Auf Diensteanbieter sozialer Netzwerke findet es Anwendung, sofern es sich nicht um solche aus einem Drittstaat bzw. dem Nicht-EU-Ausland handelt. Es schließt eine Anwendung des deutschen Rechts jedoch nicht aus, wenn die Handlung, also das Unterlassen des Entfernens bzw. Sperrens des strafbaren Inhalts im EU-Herkunftsland ebenfalls sanktioniert ist, da dann bereits keine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs vorliegt. Aber selbst, wenn eine solche Einschränkung gegeben ist, kann eine Anwendung des Herkunftslandprinzips im Einzelfall ausnahmsweise ausscheiden. Bei der Verbreitung von Hassbotschaften in sozialen Netzwerken wird vom Vorliegen einer solchen Ausnahme in der Regel auszugehen sein, da mit dieser regelmäßig eine qualifizierte Gefahr vorliegt und Maßnahmen der Verfolgung und Ahndung als verhältnismäßig zu betrachten sind.

      272 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 3. 273 Bär, in: Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kap. 15 Rn. 205. 274 Spindler, NJW 2002, 921, 926; Spindler, in: Spindler/Schmitz, Telemediengesetz, TMG § 3 Rn. 70.; vgl. auch Kudlich, HRRS 2004, 278, 282. 275 Vgl. Döpkens, in: Raue/Hegemann, MAH Urheber- und Medienrecht, § 30 Rn. 16. 276 Gutsche, Die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie, S. 14. 277 Siehe hierzu Kapitel 1 A.I.2. 278 So auch Erwägungsgrund 58 der ECRL. 279 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 11. 280 BT-Drucks.


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