Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens
und ihrer sinnlichen Wirkung erschöpfen einerseits, und solchen, die durch ihre technisch-funktionelle Wirkung gekennzeichnet sind andererseits, ist gleichermaßen für die kategoriale Abgrenzung der Designs im Sinne des Designgesetzes von den erfinderischen Arbeitsgerätschaften und Gebrauchsgegenständen im Sinne des GebrauchsmusterGebrauchsmuster-gesetzgesetzes maßgeblich.2
b) Bewertungsmaßstab
Auch die sondergesetzlichen Regelungen, in denen die jeweiligen Schutzvoraussetzungen bestimmt sind, stimmen mit dem Wesen der jeweiligen Schaffensergebnisse überein. Nur bei einer mit dem Wesen der jeweiligen Schaffenstätigkeit übereinstimmenden Regelung ist deren Tauglichkeit sichergestellt, den für die Gewährung des SchutzrechtSchutzrechts maßgeblichen Erfolg bzw. Wert geistigen Schaffens zu erfassen. So entspricht es dem Wesen der ErfindungErfindung als technischer Problemlösung und dem Zweck des Patentrechts, den Fortschritt auf dem Gebiet der Technik zu fördern (s.u. § 7 II. 1.), dass das Patentrecht für die Gewährung des Patentschutzes entscheidend auf das Patenterfordernis des Beruhens auf erfinderischer Tätigkeit (§§ 1 Abs. 1, 4 PatG, Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ) abstellt. Durch die damit vorausgesetzte sog. ErfindungshöheErfindung-shöhe wird an die erfinderische Problemlösung ein an objektiven Beurteilungskriterien – dem Stand der TechnikStand der Technik, dem Können eines DurchschnittsfachmannFachmannDurchschnitts-Durchschnittsfachmanns – orientierter qualitativer Maßstab angelegt.1 Umgekehrt entspricht es dem Wesen der vom Urheberrecht erfassten, aus dem Geist des Urhebers hervorgebrachten ursprünglich-geistigen Schöpfungen, die sich in ihrer Wirkung auf die menschlichen Sinne erschöpfen, dass der UrheberrechtUrheberrecht-sschutzsschutz – anstatt eines nach objektiven Kriterien zu bemessenden Qualitätserfordernisses – als wichtigste Voraussetzung die IndividualitätIndividualität des Werkes voraussetzt. Auch insoweit wird die Bedeutung der zutreffenden kategorialen Erfassung des jeweiligen Schutzobjektes deutlich, denn bei einem mit dem Wesen nicht zu vereinbarenden Verständnis, etwa der Erfindung als bloßer sinnlich wahrnehmbarer Gestaltung (Maschine, Vorrichtung, Stoff etc.), wäre bereits der Ansatz, die Perspektive für eine ihrem Wesen gerecht werdende Beurteilung verfehlt: Das bloße Dasein einer verkörperten Problemlösung, die von ihr ausgehende visuelle, akustische oder sonstige Wirkung auf die menschlichen Sinne (z.B. das Erscheinungsbild einer Vorrichtung, das Geräusch einer Maschine, der Geruch eines Stoffs etc.) ist offenbar kein geeigneter Bezugspunkt, der eine Bewertung der von ihr ausgehenden Beförderung des technischen Fortschritts, d.h. ihres erfinderischen Abstandes zum Stand der Technik, zuließe. Ein entsprechender Zusammenhang zwischen dem Wesen des in Rede stehenden Schutzgegenstandes und den gesetzlich festgelegten materiellen Schutzvoraussetzungen lässt sich auch für das Kennzeichenrecht nachweisen. So ist maßgebliche Schutzvoraussetzung im Markenrecht, dass die Marke als Zeichen geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer zu unterscheiden (§ 3 Markengesetz; Art. 3 MarkenRL; Art. 4 UMV; Art. 15 Abs. 2 TRIPS). Hiermit trägt das Gesetz in gebotener Weise dem Umstand Rechnung, dass bei der Marke kein Schutzgegenstand in Frage steht, an den – wie bei einer Erfindung – ein qualitativer Maßstab („Erfindungshöhe“) anzulegen wäre oder bei dem es – wie bei einem Werk im Sinne des Urheberrechts – auf die schöpferische Individualität („Werkhöhe“) ankäme.2
c) NeuheitNeuheit
Auch die Frage, ob die Gewährung eines SchutzrechtSchutzrechtNeuheits von einem Neuheitserfordernis abhängt, kann nur im Einklang mit dem Wesen des zu schützenden Ergebnisses geistigen Schaffens beantwortet werden. So ist bei Ergebnissen geistigen Schaffens, die sich ihrem Wesen nach als technische Problemlösungen darstellen, eine Beurteilung ihrer Neuheit, d.h. ihrer Nichtzugehörigkeit zum Stand der Technik (§§ 1 Abs. 1, 3 PatG; Art. 52 Abs. 1, 54 Abs. 1 EPÜ; §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 1 GebrMG) möglich und für die Schutzgewährung auch erheblich. Nur eine neue technische Lehre ist geeignet, den technischen Fortschritt zu befördern und die Belohnung durch die Gewährung eines umfassenden AusschließlichkeitsrechtsAusschließlichkeitsrecht zu rechtfertigen. Demgegenüber kommt es im Urheberrecht auf die Frage der Neuheit nicht an.1 Ausschlaggebend für den Schutz eines Werkes der Literatur, Wissenschaft und Kunst ist dessen Individualität, nicht dessen Neuheit.2 Dass ein Urheber nur etwas schaffen kann, was ihm nicht bekannt ist, für ihn also „neu“ ist, ergibt sich bereits aus dem Begriff der Schöpfung, ist diesem „inhärent“.3 Die Frage der Neuheit erlangt daher im Urheberrecht allenfalls dadurch Bedeutung, dass zwischen der Frage der Neuheit und der der Individualität eine gewisse Relation insofern besteht, als einer objektiv vorbekannten Gestaltung keine schöpferische Eigentümlichkeit zugebilligt werden kann.4
d) Gewerbliche Verwertbarkeitgewerbliche Verwertbarkeit
Der wirtschaftliche Wert einer Erfindung liegt ihrem Wesen als Problemlösung auf technischem Gebiet entsprechend in ihrer gewerblichen Verwertbarkeit.1 Gemäß der Zielsetzung des Patentrechts, den ErfinderErfinder-geistgeist für gewerbliche Nutzanwendungen anzureizen, ist daher die gewerbliche Anwendbarkeitgewerbliche AnwendbarkeitAnwendbarkeitgewerbliche der Erfindung Voraussetzung für die Patenterteilung (§§ 1 Abs. 1, 5 PatG; Art. 52 Abs. 1, 57 EPÜ). Die gewerbliche Verwertbarkeit ist ein gemeinsames Grundmerkmal der gewerblichen SchutzrechtSchutzrechtgewerblichese, das diese vom Urheberrecht unterscheidet.2 Die Bedeutung der gewerblichen Verwertbarkeit spiegelt sich auch in den jeweiligen Bestimmungen über die Festlegung des Schutzumfanges wider, wonach lediglich Benutzungshandlungen zu gewerblichen Zwecken vom Schutz eines gewerblichen Schutzrechts erfasst werden. Das Urheberrecht hingegen schützt das Werk und erfasst über die Arten der Werkvermittlung den Werkgenuss selbst, ohne, dass es auf eine gewerbliche Verwertbarkeit des Werks ankäme.3
2. Formelle Schutzvoraussetzungen
Der bestimmende Einfluss des Wesens der vom Immaterialgüterrecht erfassten geistigen Güter zeigt sich auch bei der Ausgestaltung der formellen Schutzvoraussetzungen. Da sich die Schutzgegenstände der gewerblichen Schutzrechte im Gegensatz zu den vom Urheberrecht erfassten Geisteswerken nicht bereits durch eine ihnen eigene individuelle Prägung und eine darin zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit der Person eines Schöpfers als einer bestimmten Person zugehörig ausweisen, ist ihre rechtliche Zuordnung in der Regel von der Erfüllung formeller Schutzvoraussetzungen – insbesondere der amtlichen RegistrierungRegistrierungRegistrierungamtliche – abhängig.1 So trägt das Gesetz dem durch die mangelnde IndividualiIndividualitättät der Schutzobjekte des gewerblichen Rechtsschutzes aufgeworfenen Problem, dass mehrere Personen unabhängig voneinander zu parallelen Ergebnissen gelangen können, grundsätzlich Rechnung durch das Erfordernis der AnmeldungAnmeldung, die das Erteilungsverfahren, die Zuordnung des Rechts durch formellen VerwaltungsaktVerwaltungsaktVerwaltungsaktformeller in Gang setzt und materiell die bestehende Interessenkollision nach dem Prioritätsprinzip entscheidet. Demgegenüber offenbart sich die Zugehörigkeit der Werke der Literatur, WissenschaftWissenschaft und Kunst zur Person ihres Urhebers bereits durch ihre Individualität, ihre persönliche Prägung, so dass sich das Problem der Priorität im Urheberrecht nicht stellt.2 Die Entstehung des urheberrechtlichen Werkschutzes knüpft daher unmittelbar an den SchöpfungsaktSchöpfung-sakt an, ohne dass es auf die Erfüllung formeller Voraussetzungen ankäme.
3. Schutzwirkungen
a) SperrwirkungSperrwirkung
Kennzeichnend für die Wesensverschiedenheit der vom ImmaterialgüterImmaterialgüter-rechtrecht erfassten geistigen Güter sind schließlich auch die Unterschiede in der Wirkung der einzelnen SchutzrechtSchutzrechte. Was das PatentPatent-rechtrecht angeht, setzt ein wirkungsvoller Erfindungsschutz, wie bereits erörtert (s.o. 1. b), voraus, dass dieser die Erfindung in ihrem Wesen als technische Problemlösung und allein nach objektiven Kriterien zu bewertendes Ergebnis geistiger Leistung erfasst. Aus der Natur der Erfindung als technischer Problemlösung ergibt sich ferner, dass diese von verschiedenen Personen unabhängig voneinander (DoppelerfinderDoppel-erfindern)