Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher
Verstoß gegen Art. 18 AEUV?
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Zwar wird vertreten, diese Bestimmung verstoße gegen Art. 18 AEUV (ehemals Art. 12 EGV); Staatsangehörige des Forumstaates als Kläger würden bevorzugt, da sie dort nur 6 Monate, andere Kläger hingegen 12 Monate (Art. 3 Abs. 1 lit. a Str. 5 Brüssel IIa-VO) gewöhnlichen Aufenthalt haben müssten, um eine internationale Zuständigkeit zu begründen. Dem ist entgegenzuhalten, dass dies kein vom nationalen Recht gewährter Vorteil für eigene Staatsangehörige ist, sondern die Bestimmung jedem Unionsbürger in seinem Heimatstaat zugute kommt und ihr die zutreffende Einschätzung zugrunde liegt, dass bei Rückkehr in den Heimatstaat eine Zuständigkeitserschleichung ferner liegt als bei Zuzug in einen beliebig selbst gewählten anderen Mitgliedstaat.[2] Im vorliegenden Fall bleibt der Streit unerheblich, da Frieda bei Antragstellung bereits mehr als 12 Monate gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.
Deutsche Gerichte sind also international zuständig.
3. Örtliche Zuständigkeit
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Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich nach dem klaren Wortlaut („sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig“ Art. 3 Abs. 1 Brüssel IIa-VO) nicht aus der VO.
Das angerufene Gericht könnte nach § 122 Nr 5 FamFG (gewöhnlicher Aufenthalt der Antragstellerin) zuständig sein. Das ist wegen des früheren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes in Hamburg fraglich (§ 122 Nr 3 FamFG); die Regelung geht aber nur von der innerstaatlichen Situation aus, erfasst also nicht den Fall, dass zwischenzeitlich ein gemeinsamer Aufenthalt im Ausland bestanden hat. Damit greift mangels eines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts des Antragsgegners § 122 Nr 5 FamFG ein.
Das AG Berlin Köpenick ist also als Wohnsitzgericht der Antragstellerin örtlich zuständig; da das AG Köpenick auch über ein FamG verfügt, bleibt es hierbei auch mit Rücksicht auf die Konzentration der Familiensachen bei bestimmten AG im Bezirk des KG.
Ergebnis:
Deutsche Gerichte sind international zuständig. Örtlich zuständig ist das AG Köpenick – FamG.
II. Eheaufhebungsantrag
1. Formwirksamkeit der Ehe
a) Mögliche Formnichtigkeit
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Bevor die Aufhebung einer Ehe geprüft werden kann, müsste eine wenigstens formell wirksam geschlossene Ehe vorliegen. Essentielle Formverstöße könnten zu einer nichtigen Ehe/Nichtehe führen (vgl Art. 13 Abs. 4 EGBGB [bis 21.7.2017 Art. 13 Abs. 3 EGBGB] iVm § 1310 Abs. 1 S. 1 BGB).
b) Intertemporal anwendbares IPR
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Für die am 1.6.1970 geschlossene Ehe könnte intertemporal auf das vor dem 1.9.1986 geltende IPR abzustellen sein. Dazu müsste ein abgeschlossener Vorgang vorliegen (Art. 220 Abs. 1 EGBGB). Die Wahrung der Form eines Rechtsgeschäfts ist mit Abschluss des Rechtsgeschäfts abgeschlossen. Es ist altes IPR anzuwenden, das jedoch dem derzeit geltenden insoweit entspricht (MAT a).
c) § 15a EheG aF
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§ 15a EheG aF (entspricht Art. 13 Abs. 4 EGBGB, MAT a) enthält eine Sonderregelung für die Eheschließungsform, jedoch nur bei Eheschließung im Inland. Damit hängt die Auswahl der Kollisionsnorm vom Eheschließungsort (im Inland oder im Ausland) ab. Eheschließungsort ist Tondern (Dänemark). Somit ist die Formwirksamkeit nicht nach § 15a EheG aF, sondern nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB (aF wie neue Fassung, MAT a) zu beurteilen. Es genügt alternativ die Wahrung der Ortsform (Geschäftsform wäre die Kumulation der beiden Heimatrechte, Art. 13 Abs. 1 EGBGB, Rn 143 ff). Die Ortsformverweisung ist nach dem Zweck der Verweisung, der Begünstigung der Formwirksamkeit, eine Sachnormverweisung (insoweit altes IPR wie Art. 4 Abs. 1 S. 1 letzter Hs. EGBGB, MAT a).
d) Ortsform
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Die dänische Ortsform ist nach Sachverhalt („in der Form des dänischen Rechts“) gewahrt.
2. Anwendbares Recht – materielle Ehemängel
a) Qualifikation
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Die beantragte Aufhebung einer Ehe ist zunächst zu qualifizieren. Sie unterfällt nicht etwa dem Scheidungsstatut, denn es handelt sich nicht um eine Frage der Auflösung aufgrund von Durchführungsmängeln (Scheitern, Eheverfehlungen etc), sondern um eine Reaktion auf Eingehungsmängel. Die Aufhebung ist daher eheschließungsrechtlich zu qualifizieren. Da mit der Bigamie ein materieller Ehemangel behauptet wird, ist das materielle Eheschließungsstatut zu bestimmen.
b) Intertemporal anwendbares IPR
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Intertemporal liegt nach beiden zu Art. 220 Abs. 1 EGBGB vertretenen Theorien (abschließende Anknüpfung bzw materielle Rechtsfolgen) wiederum ein abgeschlossener Vorgang vor, da die Begründung des familienrechtlichen Status der Ehe im Zeitpunkt der Eheschließung abschließend angeknüpft ist[3] und materiellrechtlich Rechtsfolgen erzeugt.
c) Haager Eheschließungsabkommen
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Das anwendbare Recht bestimmt sich nicht nach dem sachlich für Ehehindernisse einschlägigen (im Verhältnis zu Italien noch immer geltenden[4]) Haager Eheschließungsabkommen; nach seinem Art. 8 Abs. 1 ist der räumliche Anwendungsbereich auf Eheschließungen im Gebiet von Vertragsstaaten beschränkt. Dänemark war nie Vertragsstaat.
d) Art. 13 Abs. 1 aF EGBGB
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Anzuwenden ist also das bei Eheschließung geltende deutsche IPR. Art. 13 Abs. 1 S. 1 aF EGBGB entspricht dem geltenden Art. 13 Abs. 1 EGBGB (MAT a), verweist also für jeden Verlobten in dessen Heimatrecht. Für Frieda ist deutsches Recht anzuwenden; insoweit bedarf es keiner weiteren Prüfung, da aus Sicht des deutschen Rechts Frieda selbst ledig und Marcello durch ein deutsches Gericht geschieden war, also das beidseitige Ehehindernis der bestehenden Ehe (§ 20 Abs. 1 EheG aF, inhaltlich wie § 1306 BGB) nicht vorliegt.
e) Gesamtverweisung
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Für Marcello geht die Verweisung in italienisches Recht und ist Gesamtverweisung (Art. 27 aF EGBGB entspricht insoweit geltendem Art. 4 Abs. 1 EGBGB).
f) Italienisches IPR
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Das italienische IPR entscheidet intertemporal (vgl Art. 72 IPRG 1995) insoweit wie das deutsche (MAT d); vor dem 1.9.1995 abgeschlossene Sachverhalte unterstehen dem alten IPR. Art. 17 disp.s.l.in gen. (MAT b) nimmt die Verweisung an; Art. 115 cc (MAT f) hat dabei die kollisionsrechtliche Funktion, klarzustellen, dass die Vorschriften des 1. Abschnitts des III. Kapitels im 6. Titel des 1. Buches cc, also auch Art. 86 cc, materieller (nicht formeller) Natur sind und deshalb auch bei Eheschließung eines Italieners im Ausland gelten.
3. Italienisches Eheaufhebungsrecht
a)