Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher

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      Fraglich ist, ob das AG Schöneberg die Auslegungsfrage zu Art. 6, 7 Brüssel IIa-VO nachhaltig klären kann.

      a) Kein Vorlagezwang

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      Das Gericht kann sich auf den Standpunkt stellen, die Auslegung des Art. 7 Brüssel IIa-VO sei zweifelsfrei, die Bestimmung verdränge auch Art. 6 Brüssel IIa-VO und kann dann im Sinn der hM entscheiden.

      b) Vorabentscheidungsersuchen bei Zweifel

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      Da der herrschend vertretenen Auslegung freilich partiell widersprechende Wortlaute von Art. 6 und Art. 7 Brüssel IIa-VO zugrunde liegen, ist ein fakultatives Vorabentscheidungsverfahren zum EuGH (Art. 267 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 AEUV) zu erwägen. Erst recht wäre ein solches Verfahren zu erwägen, wenn das Gericht sich gegen die hM stellen will, weil das Argument, die Auslegungsfrage sei klar, dann kaum verfängt.

      c) Vorlagebefugnis

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      Hierzu müsste das Gericht vorlagebefugt sein. Für die EG-/EU-Verordnungen zum Internationalen Verfahrensrecht gelten, anders als für das frühere EuGVÜ, die Rechtsbehelfe des Europarechts unmittelbar. Art. 267 AEUV ist also anwendbar.

      Eine Einschränkung der Vorlagebefugnis, wie sie Art. 68 EGV für die auf Art. 65 ff EGV gestützten Rechtsakte vorsah, enthält der AEUV (seit der Fassung von Lissabon) nicht mehr. Das FamG, gegen dessen Entscheidung immer die Beschwerde (§ 58 Abs. 1 FamFG) stattfindet, ist allerdings nicht verpflichtet, die Frage dem EuGH vorzulegen; eine Verpflichtung besteht nur für Gerichte, deren Entscheidungen nicht mehr mit innerstaatlichen Rechtsmitteln anfechtbar sind (Art. 267 Abs. 3 AEUV).

      Ergebnis:

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      Das AG Schöneberg – FamG – hat die Wahl, die Auslegung selbst vorzunehmen und die abschließende Klärung dem Instanzenzug zu überlassen oder die Auslegungsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

      Frage 3: (Abwandlung 2): Beide Italiener mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland

      1. Keine Eheaufhebung

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      Da beide Ehegatten in dieser Variante in erster Ehe verheiratet sind, geht es nicht um Fragen der Eheaufhebung.

      2. Ehescheidungsstatut

      a) Zulässigkeit der Rechtswahl

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      Bevor Überlegungen zur internationalen Zuständigkeit angestellt werden können, ist (Anwaltsfrage) zunächst zu erwägen, welcher Antrag nach dem anwendbaren Recht aussichtsreich wäre.

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      Auf den im Januar 2018 zu stellenden Antrag sind wie im Ausgangsfall die Kollisionsnormen der Rom III-VO anzuwenden (Rn 151).Vorrangig ist nach Art. 5 Rom III-VO eine Rechtswahl zu prüfen. Das italienische Recht gehört gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c Rom III-VO zu den für die Ehegatten wählbaren Rechten; es genügt, dass ein Ehegatte zum Zeitpunkt der Rechtswahl Italiener ist.

      Fraglich ist, ob die vor Geltung der Rom III-VO (ab dem 21.6.2012) getroffene Rechtswahl zulässig ist; dies ist gemäß Art. 18 Abs. 1 UAbs. 2 Rom III-VO zu bejahen, sofern die Voraussetzungen der Art. 6, 7 Rom III-VO vorliegen. Zustandekommen und Wirksamkeit der Vereinbarung bestimmen sich gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom III-VO nach italienischem Recht als dem gewählten Recht; wie der Vergleich von Art. 6 Rom III-VO mit dem nahezu wortgleichen Art. 10 Rom I-VO zeigt, bedeutet dies keine Verweisung hinsichtlich der Zulässigkeit; diese folgt aus Art. 18 iVm Art. 5 Rom III-VO. Vielmehr geht es hier nur um Fragen der materiellen Einigung (Schweigen, AGB, Stellvertretung); solche stellen sich bei der ausdrücklichen ehevertraglichen Regelung nicht.

      b) Form der Rechtswahl

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      Die Formgültigkeit der Rechtswahl unterliegt Art. 7 Rom III-VO; das Mindesterfordernis der Schriftform, der Unterschrift beider Ehegatten und der Datierung ist durch einen vor einem deutschen Notar geschlossenen Ehevertrag gewahrt. Jedoch sind bei gewöhnlichem Aufenthalt im selben teilnehmenden Mitgliedstaat zusätzlich Formvorschriften im Recht dieses Mitgliedstaates zu wahren (Art. 7 Abs. 2 Rom III-VO). Da Deutschland, gewöhnlicher Aufenthalt beider Ehegatten, teilnehmender Mitgliedstaat ist, bedarf die Rechtswahl gemäß Art. 46d Abs. 2 EGBGB der notariellen Beurkundung. Fraglich könnte sein, ob diese Bestimmung, die als Ausführungsregelung zur Rom III-VO verspätet in Kraft getreten ist, auf eine vor ihrem Inkrafttreten geschlossene Rechtswahl anzuwenden ist, oder ob, was höchst misslich wäre, für eine Zwischenphase die Form des Art. 7 Rom III-VO genügt. Dies kann hier dahinstehen. Zwar unterscheidet das BGB zwischen der notariellen Beurkundung (§ 128 BGB) und der Form des Ehevertrages (§ 1410 BGB). Nach dem Zweck des Art. 46d Abs. 2 EGBGB genügt jedoch, wie schon für die mittelbare Wahl des Scheidungsstatuts nach Art. 14 Abs. 4 S. 1, 17 Abs. 1 aF EGBGB, der zur Niederschrift eines Notars geschlossene Ehevertrag, so dass die Form des Art. 46d Abs. 2 EGBGB gewahrt ist.

      Damit ist die Rechtswahl wirksam und italienisches Recht Scheidungsstatut.

      3. Materiell aussichtsreicher Antrag

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      Damit ist aber ein Scheidungsantrag nicht aussichtsreich, weil (Rn 157) ohne gerichtliche Ehetrennung kein Scheidungsgrund nach materiellem italienischem Recht vorliegt. Eine einvernehmlich anwaltlich vermittelte Scheidung kommt nicht in Betracht, da Marcello der Ehescheidung nicht zustimmen will. Der Rechtsanwalt kann also nur ein Ehetrennungsverfahren (separazione personale) erwägen, um nach Fristablauf in einem neuen Verfahren eine Scheidung nach italienischem Recht (MAT i) zu beantragen.

      4. Internationale Zuständigkeit für Ehetrennung

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      Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für ein Ehetrennungsverfahren ist wiederum nach Art. 3 ff Brüssel IIa-VO zu beurteilen. Sachlich erfasst die VO (Art. 1 Abs. 1 lit. a Brüssel IIa-VO) auch Ehetrennungsverfahren ohne Auflösung des Ehebandes. Die Zuständigkeiten sind wiederum ausschließlich, denn der Antragsgegner Marcello ist Italiener und hat gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Art. 6 lit. a und b Brüssel IIa-VO). Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 lit. a Str. 1 Brüssel IIa-VO im gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsstaat. Nach der örtlichen Zuständigkeit ist nicht gefragt.

      5. Ehetrennung vor deutschen Gerichten

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