Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
In § 2 Abs. 1 WpHG werden die Wertpapiere in vier Gruppen unterteilt[35]: Erstens Aktien, zweitens alle damit vergleichbaren Wertpapiere (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)[36], sofern sie andere Anteile an in- und ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen sind, drittens Schuldtitel[37] (v.a. Genussscheine, Inhaber-, Orderschuldverschreibungen, § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG) sowie viertens sonstige Wertpapiere, die zum Erwerb oder zur Veräußerung der o.g. Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen[38].
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Diese Papiere fallen nur dann in den Anwendungsbereich des WpHG, wenn sie „auf den Finanzmärkten handelbar“ sind (§ 2 Abs. 1 WpHG)[39]. Ein tatsächlicher Handel am Markt ist nicht erforderlich, die Wertpapiere müssen lediglich dazu geeignet sein. Sie müssen fungibel, dh umlauffähig und austauschbar sein (vertretbare Sachen iS des § 91 BGB). Mangels Umlauffähigkeit sind damit Namenspapiere (Rektapapiere[40]) keine Wertpapiere iS des WpHG; eine Übertragung der in ihnen verbrieften Rechte erfolgt nach Zessionsrecht (§§ 398 ff BGB).
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Der in § 2 Abs. 1 WpHG verwendete Wertpapierbegriff[41] bezieht sich auf die speziellen Ziele des WpHG und deckt sich nicht mit dem allgemeinen Wertpapierbegriff[42]. Nach diesem ist ein Wertpapier eine Urkunde, die ein subjektives Recht derart verbrieft, dass es nur vom Inhaber der Urkunde ausgeübt werden kann[43]. Der Wertpapierbegriff des WpHG ist insoweit enger gefasst und beinhaltet lediglich Order- und Inhaberpapiere und damit solche Wertpapiere, die nach den §§ 929 ff BGB übertragen und gutgläubig erworben werden können.
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Eine Urkunde muss gemäß § 2 Abs. 1 WpHG nicht ausgestellt sein („Entmaterialisierung des Wertpapierbegriffs“)[44]. Es genügt die Verbriefung in Sammelurkunden iS des § 9a DepotG. Bei Anleihen der öffentlichen Hand (zB Bundesschatzbriefen) werden keine Urkunden ausgestellt, sondern es wird eine Eintragung in ein Schuldbuch vorgenommen. Die dadurch entstehenden Schuldrechte sind den verbrieften Wertpapieren rechtlich gleichgestellt und damit Wertpapiere iS des § 2 Abs. 1 WpHG.
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Der Wertpapierbegriff der ProspektVO (VO (EU) 2017/1129)[45] verweist auf denjenigen der MiFID II, sodass diesbezüglich ein einheitlicher Wertpapierbegriff vorherrscht. § 2 Nr. 1 WpPG wiederum verweist bzgl der Definition des Wertpapierbegriffs auf diejenige in der ProspektVO.
Anmerkungen
Siehe VG Frankfurt, 22.6.2016 – 7 K 3073/15.F(1), juris, Rn 89 (zum KWG).
Vgl den gleichlautenden § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG.
Zum Begriff siehe unten Rn 82 ff.
Siehe Friedrichsen/Weisner, ZIP 2012, 756, 761; siehe auch die von den Börsen Hamburg und Hannover betriebene Handelsplattform „Fondsbörse Deutschland“ unter www.zweitmarkt.de.
Zu diesem Begriff näher Rn 95 ff; siehe auch Veil, in: Meyer/Veil/Rönnau, § 4 Rn 25.
Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 45; Sudmeyer, BB 2002, 685; Witt, AG 2001, 233, 234.
Wertpapierdienstleistungs- bzw Finanzmarktrichtlinie und OGAW- bzw AIF-Richtlinie.
Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 7 Rn 137 ff.
Schlee, in: Heidel, § 48 BörsG Rn 2.
Lenenbach, KMR, Rn 1.45 ff; kritisch Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 420.
Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 218 mwN.
„Floating Rate Notes“ sind variabel verzinsliche Schuldverschreibungen, deren Verzinsung regelmäßig an das aktuelle Marktzinsniveau angepasst wird.
FAZ vom 1. Oktober 2014, S. 25.
Banknoten und Münzen in fremder Währung sind dagegen keine Devisen, sondern werden als „Sorten“ bezeichnet.
Siehe auch die §§ 63 ff WpHG, die für Kassa- und Termingeschäfte grds einheitliche Aufklärungs- und Beratungspflichten vorsehen.
Ausführlich Bröcker, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn 58 ff; Binder, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, 37. Kap., Rn 11 ff.
Lat. derivare = ableiten.
Dabei handelt es sich um eine Kaufoption (sog. Call).
Dabei handelt es sich um eine Verkaufsoption (sog. Put).
Vgl Bialluch, WM 2015, 2030, 2031 („außerbörsliche, großvolumige bilaterale Geschäfte mit Finanzinstrumenten …, die vorwiegend zwischen Banken oder Großkunden